Rz. 2

Damit der Alleinerbe sein Erbrecht gegenüber Dritten durchsetzen kann, benötigt er bestimmte Informationen über die Nachlassgegenstände (§ 253 Abs. 2 ZPO). Diesem Informationsbedürfnis wird durch einzelne Auskunftsansprüche Rechnung getragen.

I. Überblick "Gesetzliche Auskunftsansprüche"

 

Rz. 3

Im BGB und den Prozessordnungen findet sich eine Vielzahl von Auskunftsansprüchen. Die folgende Übersicht stellt die in der Praxis relevanten gesetzlichen Auskunftsansprüche dar:[2]

 
Anspruchsgegner Anspruchsinhalt & Besonderheiten Relevante Norm
Bank (des Erblassers) Alleinerbe hat (auch bei angeordneter Testamentsvollstreckung)[3] alle Auskunftsrechte des Erblassers, z.B. Kontenbestand im Zeitpunkt des Erbfalls, einschließlich Gemeinschaftskonten und Wertpapierdepots, Daueraufträge/Lastschriften, Vorhandensein eines Schließfaches, Umfang von Kontovollmachten, Abschluss von Verträgen zugunsten Dritter (auf den Todesfall). § 257 HGB verpflichtet die Bank zur Aufbewahrung von Kontounterlagen für sechs Jahre. §§ 675, 666 BGB
Beauftragte/Bevollmächtigte (des Erblassers) Auskunft über Geschäftsführung §§ 666 f., 681 BGB
Erbe, vorläufiger Bestand und Verbleib von Nachlassgegenständen § 1959 BGB
Erbschaftsbesitzer und Besitzer (und je dessen Erben, str.) Bestand und Verbleib der Erbschaft und von Nachlassgegenständen und deren Surrogate (§ 2019 BGB) sowie Nutzungen und Früchte (§ 2020 BGB) durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses. Nicht geschuldet sind Angaben über Werte, Schulden oder Schenkungen. Erbschaftsbesitzererben haben eine Informationsbeschaffungspflicht.[4] Bei Geschäftsführungsmaßnahmen durch den (Erbschafts-)Besitzer besteht auch eine Rechenschaftspflicht nach §§ 681, 666 BGB.

§ 2027 Abs. 1 u. 2 BGB i.V.m. §§ 260, 261 BGB

Zuständiges Gericht: § 411 FamFG
Erwerber (vom Erbschaftsbesitzer) Bestand und Verbleib von Nachlassgegenständen §§ 2030, 2027 BGB
Familiengericht Akteneinsicht betr. Rechnungslegung durch Pfleger eines Kindes §§ 1888, 1873, 1872 BGB
Familiengericht Akteneinsicht in Nachlass- und Betreuungsakten, einschl. Rechnungslegung durch Vormund §§ 1888, 1873, 1872 BGB u. § 13 FamFG
Grundbuchamt Einsicht in das Grundbuch § 12 GBO
Handelsregister Einsicht in das Handelsregister und Recht auf Abschrift § 9 Abs. 1 HGB
Hausgenossen (des Erblassers) Hausgenossen sind z.B. Angehörige, Hausangestellte oder Mitbewohner (weite Auslegung nach räumlicher und persönlicher Beziehung). Bestand und Verbleib von Nachlassgegenständen, Information, ob Surrogate für verschwundene Gegenstände in den Nachlass gelangt sind sowie etwaige Geschäftsführungsmaßnahmen sind mitzuteilen. Eine Nachforschungspflicht besteht nicht. § 2028 BGB
Nachlassgericht Akteneinsicht betr. Nachlassakten § 13 FamFG
Nachlassverwalter Nachlassbestand und Angaben zur Amtsführung §§ 1888, 1872, 1975, 1915 BGB
Scheinerben Bestand und Verbleib von Nachlassgegenständen § 2362 BGB
Testamentsvollstrecker Nachlassbestand und Angaben zur Amtsführung §§ 2218, 666 BGB
[2] Näher Damrau/Tanck/Schmalenbach, § 2027 Rn 2.
[3] Bonefeld, ZErb 2007, 142 ff.
[4] BGH NJW 1985, 3068 f.; Damrau/Tanck/Schmalenbach, § 2027 Rn 12.

II. Überblick "Auskunftsansprüche aus Treu und Glauben"

 

Rz. 4

Die gesetzlichen Auskunftsansprüche konkretisieren letztlich § 242 BGB, sodass ein Rückgriff auf Treu und Glauben zur Begründung eines Auskunftsanspruches die Ausnahme bleiben muss. Der BGH hält jedoch in den Fällen, in denen ein Recht auf Auskunft gegenüber dem Verpflichteten die Rechtsverfolgung in hohem Masse erleichtert oder ermöglicht, nach Treu und Glauben einen Auskunftsanspruch für möglich. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestand und Umfang seines Rechtes im Ungewissen ist und der Verpflichtete in der Lage ist, eine Auskunft unschwer zu erteilen.[5] Dabei soll der Auskunftsanspruch nur Nebenpflicht sein, sodass Voraussetzung immer auch ein erbrechtlicher Hauptanspruch gegen den Verpflichteten sein muss.[6] Folgende Konstellationen sind in der Rspr. anerkannt:

 
Anspruchsgegner Anspruchsinhalt & Besonderheiten
Pflichtteilsberechtigter
Vorempfänge wegen Anrechnung und Ergänzungspflichtteil (§ 2315 BGB)[7]
Pflichtteilsberechtigter Abkömmling
Die Umverteilung der Höhe der einzelnen Pflichtteilsansprüche zwischen den pflichtteilsberechtigten Abkömmlingen (§ 2316 BGB) kann ausnahmsweise zu einer Entlastung des – nicht pflichtteilsberechtigten – Erben führen
Voraussetzung für die Entlastung: Wegfall der Pflichtteilsansprüche von Pflichtteilsberechtigten, etwa wegen Pflichtteilsentziehung oder Erbunwürdigkeit, denn diese Pflichtteilsberechtigten werden bei der Berechnung der einzelnen Pflichtteilsquoten mitgerechnet[8]
Beschenkter
Vertragserben beeinträchtigende Schenkungen, wenn hinreichender Verdacht dargelegt und bewiesen werden kann (§ 2287 BGB),[9] einschließlich eines Wertermittlungsanspruches, wenn der Wert der Schenkung dem Vertragserben unbekannt ist[10]
Bei dem Schlusserben eines bindenden gemeinschaftlichen Testamentes (§§ 2270 f., 2287 BGB analog) nach vorstehenden Grundsätzen
Ehegatte (des Erblassers)
Inhalt von E...

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