Rz. 259

Nach § 622 Abs. 6 BGB ist es unzulässig, für die Kündigung durch den Arbeitnehmer eine längere Frist zu vereinbaren als für die Kündigung durch den Arbeitgeber. Eine Vereinbarung, die für die Arbeitnehmerkündigung eine längere Frist vorsieht als für die Arbeitgeberkündigung und ggf. auch die Kündigungstermine weiter gehend beschränkt, ist insoweit nach §§ 134, 139 BGB nichtig. Für die Kündigung durch den Arbeitnehmer gelten damit, ohne dass dies in § 622 Abs. 6 BGB gesondert hätte bestimmt werden müssen, ebenfalls die kurze Frist und die zusätzlichen Kündigungstermine (BAG v. 18.10.2018 – 2 AZR 374/18, Rn 47). Dadurch wird dem von § 622 Abs. 6 BGB – allein – geschützten Interesse des Arbeitnehmers an gleicher "Mobilität" am besten entsprochen (BAG v. 18.10.2018 – 2 AZR 374/18, Rn 47). Eine zusätzliche "Heraufsetzung" der Frist für die Kündigung durch den Arbeitgeber scheidet aus (BAG v. 18.10.2018 – 2 AZR 374/18, Rn 48). Die frühere Rechtsprechung, die davon ausging, § 89 Abs. 2 HGB sei insoweit entsprechend anzuwenden (BAG v. 2.6.2005 – 2 AZR 296/04, Rn 14 ff., BAGE 115, 88; referierend BAG v. 16.1.2018 – 7 AZR 312/16, Rn 41), wurde aufgegeben (BAG v. 18.10.2018 – 2 AZR 374/18, Rn 48). Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung von § 89 Abs. 2 HGB liegen nicht vor (BAG v. 18.10.2018 – 2 AZR 374/18, Rn 48). Es fehlt sowohl an einer planwidrigen Regelungslücke als auch an einer vergleichbaren Interessenlage (BAG v. 18.10.2018 – 2 AZR 374/18, Rn 48).

 

Rz. 260

Eine einzelvertragliche Vereinbarung des Inhaltes, dass die verlängerten Kündigungsfristen nicht nur zum Monatsende, sondern stets auch zur Monatsmitte zulässig sein sollen, verstößt gegen § 622 Abs. 2 S. 1 BGB und ist deshalb nichtig. Zulässig ist hingegen, von vornherein zu vereinbaren, dass eine Kündigung nur zum Quartalsende oder zum Schluss eines Jahres oder Halbjahres zulässig sein soll.

Eine Vereinbarung, nach der der Arbeitnehmer nur zum Quartalsende, der Arbeitgeber aber zu jedem Monatsende kündigen darf, ist – anders als der umgekehrte Fall – unzulässig (§ 622 Abs. 6 BGB). Zwar bestimmt § 622 Abs. 6 BGB nur, dass für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer keine "längere Frist" vereinbart werden darf als für die Kündigung durch den Arbeitgeber, die Gleichheit der Kündigungsfrist bedingt aber die Gleichheit der Kündigungstermine, auch wenn dies im Gesetz nicht so zum Ausdruck gebracht worden ist. Die Vorschrift des § 622 Abs. 6 BGB ist daher wie folgt zu lesen: "Für die Kündigung durch den Arbeitnehmer dürfen einzelvertraglich keine längeren Kündigungsfristen und nicht weniger Kündigungstermine vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber."

 

Rz. 261

Für beide Seiten ist dagegen, wie § 622 Abs. 5 S. 2 BGB bestimmt, unter Beachtung des Grundsatzes des § 622 Abs. 6 BGB die Vereinbarung längerer Kündigungsfristen oder anderer Kündigungstermine als der gesetzlichen durch Einzelarbeitsvertrag möglich (z.B. die Bindung eines gesuchten Facharbeiters und seines Arbeitgebers an eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Quartalsende oder die Bindung eines Angestellten und seines Arbeitgebers an eine Kündigungsfrist nach Ablauf der Probezeit von sechs Monaten zum Halbjahres- oder Jahresschluss). Daraus ergibt sich auch, dass die Übernahme der verlängerten gesetzlichen Kündigungsfristen und -termine für beide Seiten zulässig ist, denn § 622 Abs. 6 BGB will den Arbeitnehmer nur vor einer Schlechterstellung, nicht aber vor einer Gleichstellung mit den für den Arbeitgeber geltenden Kündigungsfristen und -terminen schützen (BAG v. 29.8.2001 – 4 AZR 337/00, BB 2002, 520 = DB 2002, 538).

 

Rz. 262

Die Bestimmung des § 622 Abs. 6 BGB ist auf alle Kündigungsbedingungen anzuwenden, sodass eine unzulässige Kündigungserschwerung stets dann vorliegt, wenn irgendwelche Kündigungsbedingungen zulasten des Arbeitnehmers verschärft werden. Ein Verstoß gegen § 622 Abs. 6 BGB ist nach dessen Sinn und Zweck mithin auch dann anzunehmen, wenn arbeitsvertragliche Klauseln vorsehen, dass der Arbeitgeber jederzeit, der Arbeitnehmer dagegen nur zu bestimmten Kündigungsterminen kündigen darf und er anderenfalls eine Vertragsstrafe zahlen muss (BAG v. 9.3.1972 – 5 AZR 246/71, BB 1972, 798 = DB 1972, 1245) eine Kaution (BAG v. 11.3.1971 – 5 AZR 349/70, BB 1971, 706 = DB 1971, 1068) oder eine Erfolgsbeteiligung (BAG v. 12.1.1973 – 3 AZR 211/72, BB 1973, 1072 = DB 1973, 1177) verliert oder eine "Abfindung" zahlen muss (BAG v. 6.9.1989 – 5 AZR 586/88, ARST 1990, 23 = NZA 1990, 147). Das BAG hat in dem letztgenannten Urteil ausgeführt, dass es einen grundlegenden Unterschied macht, wenn im Gegensatz zum Arbeitgeber der Arbeitnehmer eine "Abfindung" zahlen soll. Abfindungen seien für den Arbeitgeber eine normale Erscheinung des Arbeitslebens, wie die §§ 9, 10 KSchG zeigten. Dagegen kenne das Gesetz im Fall einer Kündigung durch den Arbeitnehmer keine Abfindung, die der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber zu zahlen hätte. Solle der Arbeitnehmer für eine Künd...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge