Rz. 126

Ungeachtet der Frage, ob ein solcher überhaupt zu den "Gründen für die Kündigung" i.S.v. § 102 Abs. 1 S. 2 BetrVG gehören kann, muss ein Arbeitgeber, der außerordentlich fristlos kündigen möchte, dem Betriebsrat jedenfalls nicht mitteilen, dass dem Arbeitnehmer ein Sonderkündigungsschutz zukommt, der zwar eine ordentliche Kündigung weitgehend ausschließt, die Möglichkeit einer "fristlosen" Kündigung aber ausdrücklich "unberührt" lässt (BAG v. 7.5.2020 – 2 AZR 678/19, Rn 16).

Dem Betriebsrat werden insoweit keine Einwände abgeschnitten (BAG v. 7.5.2020 – 2 AZR 678/19, Rn 16). Er kann der Absicht einer außerordentlichen fristlosen Kündigung in beiden Fällen (ordentliche Kündbarkeit und ordentliche Unkündbarkeit) gleichermaßen entgegensetzen, dem Arbeitgeber sei es zuzumuten, die ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten (BAG v. 7.5.2020 – 2 AZR 678/19, Rn 16; LAG Düsseldorf v. 24.8.2001 – 18 Sa 366/01, zu I 2 b der Gründe). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Kündigungsfrist "real" (ordentliche Kündbarkeit) oder "fiktiv" (ordentliche Unkündbarkeit) ist (BAG v. 7.5.2020 – 2 AZR 678/19, Rn 16).

Die Wahrung der Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB gehört nicht zu den "Gründen für die Kündigung" i.S.v. § 102 Abs. 1 S. 2 BetrVG, über die der Arbeitgeber den Betriebsrat unterrichten muss (BAG v. 7.5.2020 – 2 AZR 678/19, Ls). Deshalb muss der Arbeitgeber hierzu keine gesonderten Ausführungen machen. Ein solches Erfordernis würde die Zwecke des Anhörungsverfahrens überdehnen (BAG v. 7.5.2020 – 2 AZR 678/19, Rn 17). Es liefe darauf hinaus, dem Gremium die – objektive – Überprüfung der Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung zu ermöglichen (BAG v. 7.5.2020 – 2 AZR 678/19, Rn 17; vgl. auch Hertzfeld, FA 2013, 107, 109; Humberg/Kemper, JR 2017, 191, 196). Hieraus folgt allerdings zum einen nicht, dass der Arbeitgeber nicht angeben müsste, wann der Kündigungssachverhalt sich zugetragen hat (BAG v. 7.5.2020 – 2 AZR 678/19, Rn 17). Nur so hat der Betriebsrat die Möglichkeit, die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der Kündigungsgründe zu beurteilen und sich über diese eine eigene Meinung zu bilden (BAG v. 7.5.2020 – 2 AZR 678/19, Rn 17). Zum anderen dürfen dem Betriebsrat mögliche – durch das Gesetz nicht inhaltlich begrenzte – Einwände gegen die beabsichtigte Kündigung nicht – gezielt – abgeschnitten werden (BAG v. 7.5.2020 – 2 AZR 678/19, Rn 17). Das gilt auch für den möglichen Einwand, eine außerordentliche Kündigung sei aus Sicht des Gremiums verfristet (BAG v. 7.5.2020 – 2 AZR 678/19, Rn 17). Soweit der Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat (freiwillig) Angaben macht, die für die Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB von Bedeutung sind, müssen diese wahrheitsgemäß erfolgen (BAG v. 7.5.2020 – 2 AZR 678/19, Rn 17; BAG v. 23.10.2014 – 2 AZR 736/13, Rn 14).

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