Rz. 296

Auch die Umdeutung einer außerordentlichen fristlosen Arbeitnehmerkündigung in eine ordentliche Eigenkündigung des Arbeitnehmers ist grds. möglich (BAG v. 13.4.1972 – 2 AZR 243/71, BB 1972, 1094 = DB 1972, 1784 = AP Nr. 64 zu § 626 BGB).

 

Rz. 297

Hintergrund fristloser Eigenkündigungen war früher häufig eine Unzufriedenheit des Arbeitnehmers mit bestimmten Arbeitsbedingungen und/oder eine Auseinandersetzung mit Vorgesetzten, in deren Verlauf oder an deren Ende eine – oftmals erregt ausgesprochene mündliche – Erklärung stand, die entweder ausdrücklich als außerordentliche und fristlose Kündigung des Arbeitnehmers formuliert worden oder die doch konkludent als solche zu verstehen war. Die Problematik ist durch die Einführung des Schriftformerfordernisses für eine Kündigung durch § 623 BGB seit dem 1.5.2000 deutlich entschärft. Die Frage einer Umdeutung kann sich aber für eine schriftlich erklärte außerordentliche Kündigung nach wie vor stellen.

 

Rz. 298

Ob die Umdeutung in eine ordentliche Kündigung angezeigt ist, hängt davon ab, ob – für den Arbeitgeber erkennbar – angenommen werden muss, der Arbeitnehmer hätte zumindest eine fristgemäße Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewollt, hätte er die Unwirksamkeit seiner fristlosen Kündigung erkannt (LAG München v. 3.8.1988, LAGE Nr. 8 zu § 140 BGB; LAG München v. 14.12.1988, LAGE Nr. 9 zu § 140 BGB; Bock, AuR 1994, 262, 265). Dies dürfte zu verneinen sein, wenn der Arbeitnehmer die fristlose Kündigung (schriftlich!) im Verlauf einer Auseinandersetzung erklärt. Es wird ihm regelmäßig dann darum gehen, das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung zu beenden, um seiner Empörung oder ähnlichem Unmut Ausdruck zu verleihen. Gelingt ihm dies rechtlich mangels eines wichtigen Grundes i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB nicht, müsste er also vielmehr für eine wirksame Kündigung die ordentliche Kündigungsfrist einhalten und bis zu deren Ablauf weiterarbeiten, so kann regelmäßig nicht angenommen werden, dass er bei Kündigungsausspruch an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch unter dieser Prämisse interessiert war. Anders dürfte es hingegen sein, wenn etwa der fristlos kündigende Arbeitnehmer bei (schriftlichem) Kündigungsausspruch erklärt hatte, er wolle ab sofort zu einem anderen Arbeitgeber wechseln – gleich ob er selbst Klage erhoben hat, weil sich dieses Vorhaben anschließend zerschlagen hat und er die Fortsetzung des gekündigten Arbeitsverhältnisses erreichen will, oder ob der Arbeitgeber geklagt hat, um die Unwirksamkeit der ausgesprochenen (fristlosen) Kündigung feststellen zu lassen.

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