Rz. 129

Die Möglichkeiten, den Rechtsstreit an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen, sind durch § 68 ArbGG gegenüber § 538 ZPO erheblich eingeschränkt. Nach § 68 ArbGG ist nämlich eine Zurückverweisung wegen "eines Mangels im Verfahren" unzulässig. Das soll auch für schwerste Verfahrensmängel gelten,[148] insbesondere auch, wenn ein sog. "Urteil ohne Gründe" (siehe Rdn 57) vorliegt,[149] denn im Verhältnis LAG/Arbeitsgericht fehlt es auch an einer der Regelung des § 72b Abs. 5 ArbGG entsprechenden Norm. In diesem Verhältnis hat die Zurückverweisung daher – anders als im Verhältnis BAG/LAG – kaum praktische Bedeutung.

 

Rz. 130

Eine Ausnahme zu § 68 ArbGG wird grundsätzlich nur anerkannt, wenn der erstinstanzliche Verfahrensmangel eine prozessrechtswidrige Lage hervorruft, die fortdauert und im Berufungsverfahren nicht geheilt werden kann. Zunehmend gerät allerdings ins Blickfeld, dass durch § 68 ArbGG nur der Zurückverweisungsgrund des § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ausgeschlossen wird, während § 538 Abs. 2 Nr. 2Nr. 7 ZPO auch im Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten anwendbar bleibt. Eine Zurückverweisung an das Arbeitsgericht ist dementsprechend – allerdings nur auf Antrag einer der Parteien! – möglich, wenn das Arbeitsgericht – jeweils zu Unrecht – einen Einspruch nach § 341 ZPO (Nr. 2) oder eine Klage als unzulässig verworfen (Nr. 3), bei einer Stufenklage die Klage insgesamt abgewiesen (Nr. 4 analog), ein zweites Versäumnisurteil erlassen (Nr. 6) oder entgegen § 301 Abs. 1 ZPO ein Teilurteil erlassen hat (Nr. 7).[150] Zudem wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass eine Zurückverweisung bei Verkündung eines Urteils trotz Verfahrensunterbrechung nach § 240 ZPO gem. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zulässig sei, da die Sperre des § 68 ArbGG in diesen Fällen nicht greife.[151] Auch das BAG kann einen Rechtsstreit ausnahmsweise noch an das Arbeitsgericht zurückverweisen, wenn dies schon das Landesarbeitsgericht hätte tun dürfen.[152]

[148] BAG v. 25.2.1988 – 2 AZR 500/87, n.v.; BAG v. 13.9.1995, NZA 1996, 446; LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 21.4.2015 – 2 Sa 204/14; Sächs. LAG v. 10.11.1999, NZA-RR 2000, 609 f.; LAG Hamm v. 22.7.1987, LAGE § 80 BetrVG Nr. 6.
[150] Zu allem Vorstehenden BGH v. 12.1.1999, NJW 1999, 1035; LAG Schleswig-Holstein v. 15.1.2015 – 5 Sa 327/14; LAG Köln v. 15.12.2014 – 4 Sa 574/14; LAG Nürnberg v. 17.12.2010 – 4 Sa 333/10, DB 2011, 248; LAG Köln v. 5.5.2004 – 7 Sa 65/04; LAG Köln v. 12.1.2005, LAG-Report 2005, 381; LAG Köln v. 9.9.2005 – 4 Sa 325/05; LAG Düsseldorf v. 28.2.1997, LAGE § 4 KSchG Nr. 35; LAG Hamburg v. 24.8.2007 – 6 Sa 28/07; LAG München v. 28.6.2005 – 6 Sa 1321/04; Sächs. LAG v. 16.8.2006 – 2 Sa 434/06; ablehnend für den Fall des fehlerhaften Teilurteils: LAG Hamm v. 3.1.2006 – 6 Sa 814/05; differenzierend hierzu: LAG Hamm v. 14.7.2005, NZA-RR 2006, 258. Zu weitgehend (Zurückverweisung auch bei Verletzung des § 6 S. 2 KSchG): LAG Berlin-Brandenburg v. 26.3.2009 – 25 Sa 148/09.
[151] LAG München v. 15.3.2007 – 4 AZR 54/07, juris.

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