Rz. 185

Gem. § 10 Abs. 3 KSchG gilt als Monatsverdienst, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet, an Geld und Sachbezügen zusteht. Gemeint ist der volle Betrag ohne Abzüge der Lohnsteuer und Sozialversicherung. Sachbezüge sind mit ihrem wahren wirtschaftlichen Wert (= Marktwert, vgl. KR/Spilger, § 10 KSchG Rn 39) anzusetzen. Für den (auch) zur privaten Nutzung überlassenen Dienstwagen wird als Sachbezug für die Ermittlung des Monatsverdienstes die steuerliche Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit zugrunde gelegt. Zuwendungen mit Aufwendungscharakter wie Schmutzzulagen, Spesen usw. sind nicht zu berücksichtigen. Daraus errechnet sich als erster Eckwert der Betrag, der Bemessungsgrundlage für die Verhandlung sein kann.

 

Rz. 186

Bei der Berechnung des (Brutto-) Monatsverdienstes ist das gesamte Jahreseinkommen einschließlich Zusatzleistungen und dann geteilt durch 12 zugrunde zu legen. Das Umrechnen auf das Monatsgehalt bezieht sich insb. auch auf Boni (vgl. LAG Baden-Württemberg v. 22.10.2021 – 9 Sa 19/21, juris; LAG Düsseldorf v. 15.9.2021 – 12 Sa 10/21, juris Ls. 3 u. Rn 175), Tantiemen, Jahresabschlussvergütungen oder 13./14. Gehalt u.a., die regelmäßig einmal pro Jahr geleistet werden, gleichwohl die Leistung für einen längeren Zeitraum vergüten (vgl. BAG v. 13.10.2021 – 10 AZR 729/19 erfolgsabhängige Vergütung/Zielvereinbarung/billiges Ermessen). Freiwillige Arbeitgeberleistungen zählen nicht dazu. Jedoch genügt nicht die bloße Bezeichnung des Bonus in einem Vertrag, insb. nicht in einem arbeitgeberseitig vorformulierten Vertrag, als freiwillig oder als Sonderzuwendung ohne Entgeltcharakter mit Ermessenscharakter, wenn in Wirklichkeit davon keine Rede sein kann. Dies kann sich bspw. daraus ergeben, wenn der Arbeitgeber den Mitarbeiter ohne eine definitive Bonus-Zusage gar nicht vom Wettbewerb gewonnen hätte (vgl. zu Bonuszusagen und Transparenzgebot i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB sowie zu Stichtags- u. Rückzahlungsklauseln, wenn der Bonus mindestens 25 % der Gesamtvergütung ausmacht, BAG v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, NZA 2008, 40 = DB 2008, 126; vgl. zur Bonuszahlung bei einer Investmentbank, BAG v. 12.10.2011 – 10 AZR 756/10, NZG 2011, 1300). Gleichwohl können sich Arbeitgeber – neben Freiwilligkeitsvorbehalten oder Widerrufsvorbehalten – die jährliche Festsetzung einer Sonderzahlung, wie einer Weihnachtsgratifikation, vorbehalten; dies gilt auch bei einer formularmäßig verwandten Klausel, in der sich der Arbeitgeber ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht über die Höhe vorbehält (vgl. BAG v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12).

 

Rz. 187

Ein schuldhafter Verstoß des Arbeitgebers gegen seine arbeitsvertragliche Verpflichtung, mit dem Arbeitnehmer für eine Zielperiode Ziele zu vereinbaren (Verhandlungspflicht), an deren Erreichen eine Bonuszahlung geknüpft ist, löst jedenfalls nach Ablauf der Zielperiode nach § 280 Abs. 1, Abs. 3 BGB i.V.m. § 283 S. 1 BGB grundsätzlicher Anspruch auf Schadensersatz aus (vgl. BAG v.17.12.2020 – 8 AZR 149/20, juris Ls.; zustimmend LAG Rheinland-Pfalz v. 24.8.2022 7 Sa 440/21, juris Rn 282; Hessisches LAG v. 30.4.2021 – 14 Sa 606/19, juris). Anders ist dies zu gewichten, wenn ausnahmsweise allein aus dem Verschulden des Arbeitnehmers eine Zielvereinbarung nicht zustande gekommen ist. Dann hat der Arbeitnehmer weder einen Anspruch auf den Bonus noch einen Schadensersatzanspruch wegen entgangener Bonuszahlung (vgl. BAG v.17.12.2020 – 8 AZR 149/20, juris; zustimmend LAG Rheinland-Pfalz v. 24.8.2022 7 Sa 440/21, juris Rn 283).

 

Rz. 188

Hängt eine variable Vergütung sowohl von der Leistung des Arbeitnehmers als auch von wirtschaftlichen und nicht wirtschaftlichen Zielen ab, sind beide Faktoren bei der Leistungsbestimmung zu berücksichtigen. Hat der Arbeitnehmer die Ziele erreicht, kommt es nur in Ausnahmefällen in Betracht, einen Bonus auf "Null" festzusetzen (vgl. BAG v. 25.1.2023 – 10 AZR 319/20, juris; BAG v. 13.10.2021 10 AZR 729/19, juris Rn 113).

 

Rz. 189

 

Hinweis (zur Berechnung der Tantieme bzw. des Bonus für den Monatsverdienst – Doppelrelevanz)

1. Schwierig und streitanfällig ist vielfach bei einer unterjährigen Trennung die Berechnung der Höhe der anteiligen pro rata temporis Tantieme bzw. des Bonus (vgl. LAG Köln v. 7.7.2022 – 6 Sa 112/22, juris mit Anm. Pröpper, GmbHR 2022, 347).
2. Denn die Höhe ist nicht nur für die anteilige Tantieme oder für den Bonus an sich von Relevanz, sondern auch für die Berechnung des für die Abfindung relevanten Monatsverdienstes (Doppelrelevanz).
3. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung der Tantieme bzw. des Bonus und auch für die Berechnung des Monatsverdienstes ist der aktuelle Monatszeitpunkt, also das konkrete Tantiemejahr. Denn § 10 Abs. 3 KSchG knüpft zur Ermittlung des maßgeblichen Monatsverdiensts an den Tantiemeanspruch im Auflösungsmonat an.
4. Es gilt nicht eine Durchschnittstantieme der letzten drei Jahre wie in § 74b Abs. 2 HGB bei der Ermittlung der Karenze...

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