Rz. 272

Die Höhe des Schadensersatzes ist als Nutzungsausfallentschädigung nach § 249 S. 1 BGB, § 251 BGB zu behandeln (vgl. BAG v. 12.10.2022 – 5 AZR 30/22, juris Orientierungssatz 5 u. Rn 38). Soweit der 8. Senat des BAG (5.9.2002 – 8 AZR 702/01, NZA 2003, 973) noch die Auffassung vertreten hat, der Anspruch auf Entschädigung für die vorenthaltene Nutzung eines Dienstwagens könne sich aus § 615 BGB ergeben, hat sich der für Naturalvergütung seit dem BAG-Geschäftsverteilungsplan 2007 allein zuständige 9. Senat dieser Auffassung ausdrücklich nicht angeschlossen (vgl. BAG v. 19.12.2006 – 9 AZR 294/06, NZA 2007, 809 = DB 2007, 1624). Anerkannt ist vielmehr die Berechnung auf der Grundlage der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) mit monatlich 1 % des Listenpreises des Kfz im Zeitpunkt der Erstzulassung (vgl. BAG v. 12.10.2022 – 5 AZR 30/22, juris Orientierungssatz 5 u. Rn 38; BAG v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09, NZA 2010, 939 = DB 2010, 2048; BAG v. 19.12.2006, NZA 2007, 809 = DB 2007, 1624; BAG v. 27.5.1999, NZA 1999, 1038 = DB 1999, 1759; vgl. auch BFH v. 21.3.2013 – VI R 31/10, juris; LAG Niedersachsen v. 28.3.2018 13 Sa 304/17, juris).

 

Rz. 273

Für die Höhe des Schadens muss sich der Mitarbeiter insofern grds. nicht auf eine konkrete Schadensberechnung i.S.d. Ersatzes von tatsächlich erbrachten Aufwendungen (anteilige Kosten der Fahrzeugbeschaffung, Kfz-Steuern, Kfz-Versicherung, Wartung, Reparaturkosten, Benzinkosten, sonstige Betriebsmittel) verweisen lassen. Die Nutzungsentschädigung kann bei dem Entzug von Gebrauchsvorteilen eines Pkw abstrakt, d.h. ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Ausgleich, berechnet werden (vgl. so schon BAG v. 23.6.1994 – 8 AZR 537/92, NZA 1994, 1128 = DB 1994, 2239 und BAG v. 27.5.1999, NZA 1999, 1038 = DB 1999, 1759, wonach "aus Gründen der Rechtssicherheit dem Arbeitnehmer […] nicht jede abstrakte Schadensberechnung abgeschnitten werden solle"). Zur Ermittlung der Höhe ist der steuerliche Sachbezugswert gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG heranzuziehen. Es liege im Rahmen richterlichen Ermessens, den Wert der privaten Nutzung eines Kfz für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich USt anzusetzen (vgl. BAG v. 27.5.1999 – 8 AZR 415/98, NZA 1999, 1038 = DB 1999, 1759; a.A. noch BAG v. 23.6.1994, NZA 1994, 1128 = DB 1994, 2239, wonach der Mitarbeiter sich nicht mit dem Ersatz des steuerlichen Sachbezugswertes begnügen müsse, sondern auf die ADAC-Kostentabelle zurückgegriffen werden könne).

 

Rz. 274

Nach dieser Rspr. des BAG scheidet eine abstrakte Schadensberechnung nach der ADAC-Kostentabelle (Berechnung des Wertes der Pkw-Nutzung nach den hierfür erforderlichen Aufwendungen mit Ausnahme der Anschaffungskosten des Fahrzeuges) und der Tabelle Sanden/Danner/Küppersbusch (Berechnung nach dem durchschnittlichen Mietpreis für das Fahrzeug abzüglich der Gewinnspanne der Autoverleihfirmen) aus. Denn die Anwendung dieser Tabellen geht von einer 100 %igen privaten Nutzung aus. Würde man daher diesen Wertansatz zugrunde legen, würde der Arbeitnehmer ohne Grund bevorzugt, da der Dienstwagen in aller Regel zum überwiegend dienstlichen Gebrauch bestimmt ist und nur zusätzlich auch in angemessenem Umfang privat genutzt werden darf (vgl. zur Anwendung dieser Tabellen: LAG Köln v. 19.5.1998 – 13 Sa 280/98 ADAC-Tabelle unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Einzelfall; LAG Rheinland-Pfalz v. 23.3.1990 – 6 Sa 32/90, DB 1991, 814 = BB 1990, 1202 – ADAC-Tabelle; LAG Hessen v. 19.12.1997, LAGE § 249 BGB Nr. 13 – Tabelle Sanden/Danner/Küppersbusch, wobei die Dauer des Schadensersatzes i.d.R. gem. § 254 BGB auf sechs Monate begrenzt sei; vgl. ferner Meier, NZA 1999, 1083).

 

Rz. 275

Die Nutzungsentschädigung kann jedoch im Einzelfall dann nicht abstrakt nach der grundsätzlich anzuwendenden "1 % des Listenpreises pro Monat Methode" berechnet werden, wenn der Mitarbeiter über einen gleichwertigen Pkw verfügt und damit keinen Nutzungsausfall erleidet. Der Mitarbeiter muss sich dann auf eine konkrete Schadensberechnung i.S.d. Ersatzes von tatsächlich erbrachten Aufwendungen (Wertverlust, Steuern, Versicherung, Kosten notwendiger und nützlicher Reparaturen und Wartungsarbeiten, Treibstoff) verweisen lassen. Diese Kosten sind nicht anhand der Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch zu beziffern, sondern allenfalls mit Einschränkung nach der ADAC-Tabelle. Vorrangig seien jedoch die von dem Mitarbeiter tatsächlich aufgewendeten Kosten für den Betrieb des gleichwertigen Pkw (vgl. [8. Senat] BAG v. 16.11.1995 – 8 AZR 240/95, NZA 1996, 415 = DB 1996, 630).

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