Rz. 14

Auch Ferienaufenthalte gehören zu normalen Umgangskontrakten – und zwar auch bei kleineren Kindern. Derjenige Elternteil, der das Umgangsrecht ausübt und das Kind zu Besuch hat, bestimmt auch den Aufenthaltsort des Kindes, ohne dass dies eines gesonderten gerichtlichen Ausspruchs bedürfte. Dabei bleibt es grundsätzlich auch dann, wenn es um die Wahl des Ortes für den Ferienumgang geht und zwar unabhängig davon, wo der Ort liegt.[12] Der Umgang des Vaters mit seinem vierjährigen Kind für den Zeitraum von 1 Woche in den Herbstferien und 2 Wochen in den Sommerferien entspricht regelmäßig dem Kindeswohl.[13]

 

Rz. 15

Auch bei der Entscheidung darüber, ob das gemeinsame Kind in den Ferien eine Fernreise unternimmt, handelt es sich nicht um eine Entscheidung von besonderer Bedeutung, für die der umgangsberechtigte Elternteil nach § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB die Zustimmung des anderen Elternteils benötigen würde. In Anbetracht des gewandelten Urlaubsverständnisses der Bevölkerung liegt eine Angelegenheit des täglichen Lebens vor, über die der Elternteil, bei dem das Kind sich mit Einwilligung des anderen Elternteils oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung aufhält, allein entscheiden kann.[14] Allerdings ist der umgangsberechtigte Elternteil verpflichtet, den betreuenden Elternteil rechtzeitig darüber zu informieren, wohin die Reise gehen soll und wo die Kinder sich aufhalten werden.[15]

 

Rz. 16

In besonderen Situationen wird diese Frage des Reiseziels als Angelegenheit von wesentlicher Bedeutung eingestuft, bei der Einvernehmen gemäß § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB erzielt werden muss. Dies ist so gesehen worden bei Reisen jüngerer Kinder in ein Land eines ihnen nicht vertrauten Kulturkreises.[16] Eine einseitige Entscheidung des umgangsberechtigten Elternteils wird auch nicht akzeptiert, wenn der beabsichtigten (Urlaubs-) Reise das Kindeswohl elementar – im Sinne von § 1666 BGB – entgegensteht, weil die Urlaubsreise in politische Krisengebiete führen soll; im Zielgebiet Krieg, Bürgerkrieg oder kriegerische Unruhe herrschen; eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vorliegt oder dem Kind im Zielgebiet nicht beherrschbare, außergewöhnliche gesundheitliche Risiken drohen.[17]

 

Rz. 17

Der generelle Ausschluss des Umgangs während der Ferienzeit verstößt gegen Art. 6 Abs. 2 GG, wenn hierfür keine hinreichende Begründung gegeben wird.[18]

 

Rz. 18

Der Umgangsberechtigte ist daher auch befugt, innerhalb der Umgangszeiten den Ort des Ferienaufenthalts des Kindes und die Art der Ferien zu bestimmen (siehe dazu Rdn 56).[19] Einer gerichtlichen Regelung oder einer Vereinbarung der Eltern darüber bedarf es nicht.

 

Rz. 19

 

Praxistipp:

Allerdings sollte man den betreuenden Elternteil bei längeren Aufenthalten informieren.
Der betreuende Elternteil muss wissen, wo sich das Kind aufhält.
Bei Auslandsaufenthalten kann die Zustimmung des betreuenden Elternteils erforderlich sein (siehe Rdn 56).
Zu denken ist etwa an Reisen in Gebiete, für die besondere Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes gelten, für die besonderer Impfschutz erforderlich ist, für die eine Schulbeurlaubung herbeigeführt werden müsste etc.
Auch an Ausweispapiere, Impfbescheinigungen usw. muss gedacht werden!
 

Rz. 20

Auch die Corona-Krise berechtigt den betreuenden Elternteil nicht, einseitig den Umgang des anderen Elternteils zu unterbinden.[20] Umgangskontakte können nicht davon abhängig gemacht werden, dass die umgangsberechtigte Person gegen das Corona-Virus geimpft ist. Allerdings können Umgangskontakte unter bestimmten Voraussetzungen davon abhängig gemacht werden, dass sich die umgangsberechtigte Person zuvor einem Test auf Infektion mit dem Corona-Virus mit negativem Ausgang unterzieht.[21]

 

Rz. 21

 

Praxistipp:

Auch der umgangsberechtigte Elternteil muss zu Kompromissen bereit sein.

Je älter die Kinder sind, desto größer sind die – berechtigten – Eigeninteressen. Kinder haben auch einen engen Zeitrahmen durch Sportverein, Training, Auswärtsspiele, Musikschule, eigene Freunde, Kindergeburtstag usw. Wird ein Umgangskontakt ohne Rücksicht auf diese dem Kind am Herzen liegenden Aktivitäten durchgesetzt, führt dies nicht gerade zu Begeisterung beim Kind.
Wenn der Vater zwar vehement einen Umgangskontakt erstreitet, dann aber mit dem Kind zum Sportplatz geht, um seinem Fußballverein zuzujubeln und das Kind sich dabei langweilt, hat dies den gleichen Effekt. Entsprechendes gilt, wenn der Vater sich während der Umgangszeiten nur vor den Fernseher setzt, sich mit seiner Freundin oder dem Hund beschäftigt und sich nicht um das Kind kümmert.
Auch der betreuende Elternteil hat ein berechtigtes Interesse daran, seinerseits Freizeit (Wochenenden, Feiertage, Ferienzeiten) mit dem Kind zu verbringen.
Versuchen Sie nicht um jeden Preis, bereits im ersten Termin eine endgültige Lösung zu erreichen. Umgangsverfahren sind auch gruppendynamische Prozesse und müssen "reifen".
 

Rz. 22

Der betreuende Elternteil hat kein Recht, an dem Umgang aus Kontrollgründen teilzunehmen.

 

Prax...

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