Rz. 56

Dem Umgangsberechtigten steht auch das Umgangsbestimmungsrecht zu. Das betrifft:

den Ort des Umgangs (auch über eine Urlaubsfernreise),[84]
die alleinige Entscheidungsbefugnis in den Angelegenheiten des täglichen Lebens. § 1678a BGB in den Zeiten seines Umgangs,
die Bestimmung über Kontakte des Kindes mit Dritten (Großeltern, sonstige Verwandte, Lebenspartner eines Elternteils). Die Anwesenheit eines neuen Partners steht dem Umgang nicht entgegen, soweit das Kindeswohl nicht entgegen steht.[85]
 

Rz. 57

OLG Hamm, Beschl. v. 22.12.2020 – 11 UF 211/18

Zitat

1. Ein Ausschluss oder eine Einschränkung des während des Umgangs bestehenden Umgangsbestimmungsrechts des Umgangselternteils ist nur zulässig, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

2. Im Einzelfall gebietet es das Wohl des betroffenen Kindes, den Ehemann der Mutter vom Umgang auszuschließen, wenn eine erhöhte Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Ehemann pädophile Neigungen hat.

 

Rz. 58

Einer gerichtlichen Regelung oder einer Vereinbarung der Eltern über das Ziel einer Urlaubsreise bedarf es im Regelfall nicht. Aus der beide Elternteile treffenden Wohlverhaltenspflicht (§§ 1684 Abs. 2, 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB) leitet es sich aber ab, dass der Umgangsberechtigte den anderen Elternteil über den geplanten Urlaubsort – gerade im Falle einer Auslandsreise – rechtzeitig informiert.[86] Der andere Elternteil hat die Wahl dagegen zu akzeptieren und kann nur dann, wenn insoweit eine akute Kindeswohlgefährdung mit dem gewählten Urlaubsort verbunden ist, einschreiten. Anderes gilt nur, wenn der beabsichtigten (Urlaubs-) Reise das Kindeswohl elementar – im Sinne von § 1666 BGB – entgegensteht, weil die Urlaubsreise in politische Krisengebiete führen soll; im Zielgebiet Krieg, Bürgerkrieg oder kriegerische Unruhe herrschen; eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vorliegt oder dem Kind im Zielgebiet nicht beherrschbare, außergewöhnliche gesundheitliche Risiken drohen.[87] Die (in Europa bzw. weltweit wachsende) allgemeine Terrorgefahr genügt dabei nicht.[88] Etwas anderes gilt bei Flugreisen in Zeiten der Corona-Pandemie.[89] Bei der Beurteilung der mit der Reise verbundenen Gefahren wird (neben kindesindividuellen Umständen wie Alter oder Gesundheit) vor allem eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes ein gewichtiges Indiz darstellen.[90]

[85] BGHZ 51, 219; OLG Hamm, Beschl. v. 22.12.2020 – 11 UF 211/18, juris; KG MDR 2015, 1241; vgl. Rake in Johannsen/Henrich/Jaeger, Familienrecht, 7. Aufl. 2020, § 1684 Rn 41.
[86] MüKo-BGB/Hennemann, 7. Aufl. 2017, § 1684 Rn 25.
[88] KG, Beschl. v. 23.6.2017 – 13 WF 96/17, FamRZ 2017, 1708.
[89] OLG Braunschweig NJW 2020, 3042; vgl. auch Rake, FamRZ 2020, 650, 652.
[90] KG, Beschl. v. 1.8.2016 – 13 UF 106/16, FamRZ 2016, 2111; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 5.8.2014 – 5 WF 115/14, FamRZ 2015, 150; Terp, jM 2017, 183, 184; Götsche, FuR 2017, 418, 421.

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