Rz. 38

Das Umgangsrecht kann nur eingeschränkt werden kann, wenn dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist (§ 1684 Abs. 4 S. S. 1 BGB).[59] Zu beachten ist hier der durch das EuGHMR[60] festgelegte Schutz des Umgangsrechts durch Art. 8 EMRK. Allerdings stellt – so stellt das BVerfG klar – ein unbefristeter Ausschluss des Umgangs des Vaters keine Verletzung des Art. 6 Abs. 2 GG dar, wenn besondere Umstände vorliegen, die einer Befristung des Umgangsausschlusses entgegenstehen.[61]

 

Rz. 39

Ein kurzfristiger Ausschluss des Umgangsrechts der Eltern mit dem Kind ist zulässig, auch wenn mit der Ausübung von Umgangskontakten keine Gefährdung des Kindeswohls einhergehen würde, aber der Ausschluss aus Gründen des Kindeswohls geboten ist.[62]

 

Rz. 40

Ein Ausschluss auf längere Zeit kann nur erfolgen, wenn anderenfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre (§ 1684 Abs. 2 S. S. 2 BGB).[63]

Droht ein Ausschluss (auch nur ein teilweiser Ausschluss im Sinne einer "wesentlichen Beschränkung") des Umgangsrechts ist gem. § 158 Abs. 2 Nr. 5 FamFG in der Regel ein Verfahrensbeistand zu bestellen (dazu Rdn 86).

 

Rz. 41

 

Praxistipp:

Bei sehr zerstrittenen Eltern kommt häufiger der Wunsch auf, den Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil gänzlich zu unterbinden.
Unter die gescheiterte Beziehung mit dem anderen Elternteil möchte man einen völligen Schlussstrich ziehen.
Oft ist bereits eine neue Partnerschaft begonnen worden, in das auch das Kind integriert ist.
Man empfindet folglich jeden Kontakt zum anderen Elternteil als Störung oder Belästigung und bezieht die Kinder in diese Zwistigkeiten ein.
Vielfach wird das Umgangsrecht auch noch einmal dazu genutzt, "alte Rechnungen" zu begleichen und dem Partner noch einmal "etwas auszuwischen".
Machen Sie auch als beratender Anwalt beiden Eltern sehr schnell nachhaltig deutlich, dass ein Ausschluss des Umgangsrechtes in aller Regel keine Aussicht auf Erfolg hat. Dies gilt auch dann, wenn der Umgang nur zeitweise ausgeschlossen werden soll.
Ziel aller Beteiligten – auch der beteiligten Anwälte – sollte die Beruhigung der Situation und der Abbau von Streitigkeiten sein, nicht das Anheizen von Konflikten. Weisen Sie Ihre Mandantschaft deutlich auf die Rechtslage hin.
Auch der Wunsch nach einem vorübergehenden Ausschluss des Umgangsrechts sollte nur sehr zurückhaltend unterstützt werden. Je länger die Unterbrechung der Kontakte dauert, desto schwerer lassen sie sich danach wieder einleiten.
[59] Ausführlich Splitt, FF 2016, 146.
[60] EuGHMR v. 28.4.2016 – 20106/13.
[61] BVerfG v. 17.9.2016 – BvR 1547/16, FamRZ 2016, 1917 m.w.N.; BVerfG v. 25.4.2015 – 1 BvR 3326/14, FamRZ 2015, 1093.
[62] OLG Nürnberg v. 19.7.2016 – 7 UF 746/16, FamRZ 2017, 298; vgl. BVerfG v. 25.4.2015 – 1 BvR 3326/14, FamRZ 2015, 1093.
[63] EuGHMR FamRZ 2004, 1456; EuGHMR FamRZ 2001, 341; BVerfG FamRZ 2004, 1166; BVerfG FamRZ 2005, 1057; OLG Köln FamRZ 2009, 1422; KG FamRZ 2002, 1163; OLG Saarbrücken FamRZ 2002, 369; OLG Düsseldorf FamRZ 2002, 512; OLG Brandenburg FamRZ 2000, 1106; OLG Schleswig FamRZ 2000, 48; OLG Bamberg FamRZ 2000, 46; OLG Hamm FamRZ 1999, 326; OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 184; OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 1460; speziell zum Vorwurf sexuellen Missbrauchs OLG München FamRZ 1999, 674.

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