Rz. 74

Beschränkt sich die Partei nach teilweiser Prozess- oder Verfahrenskostenhilfebewilligung darauf, das Verfahren nur im Rahmen der Bewilligung durchzuführen, verbleibt dem Anwalt der Mehrbetrag der Gebühren im Prüfungsverfahren aus dem höheren Wert. Insoweit greift die Sperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht, da diese nur im Rahmen der Bewilligung gilt. Von der Wahlanwaltsvergütung ist dann derjenige Teil auszuscheiden, der gem. § 16 Nr. 2 RVG durch die PKH-Vergütung aus der Hauptsache abgegolten wird.[16] Es gilt dann die Differenzmethode. Bei nur teilweiser Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe umfasst auch die Beiordnung nur diesen Teil. Der Rechtsanwalt erhält eine Vergütung aus der Staatskasse (nur) nach dem Wert des Teils, für den er beigeordnet wurde. Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist dabei so zu berechnen, als ob nur der von der Bewilligung umfasste Betrag geltend gemacht worden wäre.[17] Zu rechnen ist nach folgender Formel:

 
 
  Gesamte Wahlanwaltsvergütung
fiktive Wahlanwaltsvergütung, soweit Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist,
= Restforderung gegen Auftraggeber
 

Beispiel 44: Teilweise Prozesskostenhilfebewilligung, Durchführung des Rechtsstreits nur im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe, Abrechnung des Antragstellervertreters

Der Anwalt wird von der bedürftigen Partei beauftragt, für eine beabsichtigte Klage in Höhe von 25.000,00 EUR Prozesskostenhilfe zu beantragen. Das Gericht ordnet einen Termin im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren an und bewilligt nach mündlicher Verhandlung im Prüfungsverfahren Prozesskostenhilfe lediglich in Höhe von 20.000,00 EUR; in Höhe der weiteren 5.000,00 EUR sieht das Gericht keine hinreichenden Erfolgsaussichten und lehnt den Antrag ab. Der Anwalt wird daraufhin beauftragt, das Verfahren lediglich nach einem Wert von 20.000,00 EUR durchzuführen, nach dem dann anschließend auch verhandelt wird.

Die Sperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO greift hier nur, soweit der Anwalt beigeordnet worden ist, also nach einem Wert von 20.000,00 EUR. Im Übrigen kann der Mandant in Anspruch genommen werden, da die Sperre des § 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht greift.

 
I. Vergütung aus der Staatskasse
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 49 RVG   518,70 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG   478,80 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.017,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   193,33 EUR
Gesamt   1.210,03 EUR
II. Weiter gehende Vergütung gegen den Auftraggeber
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 13 RVG
  (Wert: 20.000,00 EUR) 1.068,60 EUR  
2. 1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3335 VV, § 13 RVG
  (Wert: 5.000,00 EUR) 334,00 EUR  
  gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als   1.136,20 EUR
  1,3 aus 25.000,00 EUR, § 13 RVG    
3. ./. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 13 RVG – 1.068,60 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
4. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 13 RVG 1.048,80 EUR
  (Wert: 25.000,00 EUR)    
5. ./. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 13 RVG   – 986,40 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
6. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
7. ./. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   – 20,00 EUR
  Zwischensumme 130,00 EUR  
8. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   24,70 EUR
Gesamt   154,70 EUR
III. Gesamt

Insgesamt erhält der Anwalt also:

 
I. Prozesskostenhilfe-Vergütung aus der Staatskasse:   1.210,03 EUR
II. Wahlanwaltsgebühren vom Mandanten:   154,70 EUR
Summe   1.364,73 EUR
 

Rz. 75

 

Beispiel 45: Teilweise Prozesskostenhilfebewilligung, Durchführung des Rechtsstreits nur im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe, Abrechnung des Antragsgegnervertreters

Die bedürftige Partei beantragt für eine beabsichtigte Klage in Höhe von 25.000,00 EUR Prozesskostenhilfe. Der Antragsgegner beauftragt seinen Anwalt, im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren eine Stellungnahme abzugeben und Zurückweisung zu beantragen. Das Gericht ordnet einen Termin im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren an und bewilligt nach mündlicher Verhandlung im Prüfungsverfahren Prozesskostenhilfe lediglich in Höhe von 20.000,00 EUR; in Höhe der weiteren 5.000,00 EUR sieht das Gericht keine hinreichenden Erfolgsaussichten und lehnt den Antrag ab. Das Verfahren wird nur nach einem Wert von 20.000,00 EUR durchgeführt und hierüber auch verhandelt.

Der Antragsgegner rechnet anders ab. Soweit die Sache im Prozesskostenhilfeverfahren "stecken geblieben" ist, entsteht nur eine 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3335 VV. Soweit das Verfahren durchgeführt wird, entsteht eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV. Zu beachten ist wiederum § 15 Abs. 3 RVG.

Die Terminsgebühr fällt dagegen zu 1,2 aus dem Gesamtwert an.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 13 RVG 1.068,60 EUR  
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
2. 1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3335 VV, § 13 RVG 334,00 EUR  
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
  gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als   1.136,20 EUR
  1,3 aus 25.000,00 EUR, § 13 RVG    
3. 1,2-Terminsgebühr, Vorbem. 3.3.6 S. 2 ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge