Rz. 39
Gem. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO gehören zu den erstattungsfähigen Kosten die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei. Daraus ergibt sich, dass eine Partei im Prozess einen Rechtsanwalt zu Hilfe nehmen darf und die dadurch entstandenen Kosten erstattungsfähig sind. Eine Einschränkung dieses Grundsatzes für die Fälle, in denen ein Rechtsmittel nur vorsorglich eingelegt wird, ist im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen.[41] Eine derartige Einschränkung lässt sich auch § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht entnehmen. Die Notwendigkeit ist aus Sicht einer verständigen Prozesspartei zu beurteilen.
Rz. 40
Nach Einlegung der Berufung darf ein Berufungsbeklagter seinen Prozessbevollmächtigten mit der Rechtsverteidigung in der Berufungsinstanz mandatieren. Nur wenn kein Vertretungsauftrag erteilt ist, kommt auch keine Erstattungsfähigkeit in Betracht.[42] Dabei ist nicht entscheidend, ob im konkreten Fall die Beauftragung nützlich oder gar notwendig ist, sondern ob eine verständige Prozesspartei in der gleichen Situation ebenfalls einen Rechtsanwalt beauftragen würde. Dies ist regelmäßig zu bejahen, solange die Berufung nicht zurückgenommen ist, auch wenn sie nur "fristwahrend" eingelegt worden ist. Die mit einem Rechtsmittel überzogene Partei kann regelmäßig nicht selbst beurteilen, was zur Rechtsverteidigung sachgerecht zu veranlassen ist. Ihr kann nicht zugemutet werden, zunächst die weiteren Entschließungen des anwaltlich vertretenen Berufungsklägers abzuwarten.[43] Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn ein Rechtsmittel nur aus Gründen der Fristwahrung eingereicht wurde, verbunden mit der Bitte an den Berufungsbeklagten, einen anwaltlichen Vertreter zur Vermeidung unnötiger Kosten noch nicht zu bestellen.[44] Allerdings entsteht im Berufungsverfahren für den Bevollmächtigten zunächst nur die 1,1-Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 VV RVG. Dabei bleibt es auch dann, wenn ein Zurückweisungsantrag gestellt wird, nachdem die Berufung – objektiv – schon zurückgenommen wurde.[45]
Rz. 41
Nach Begründung des Rechtsmittels hat der Berufungsbeklagte ein berechtigtes Interesse daran, mit anwaltlicher Hilfe in der Sache frühzeitig zu erwidern. Das gilt auch, wenn das Berufungsgericht darauf hingewiesen hat, dass es beabsichtigt, nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, und der Berufungskläger hiergegen Einwände erhoben hat. Ein in dieser Prozesslage gestellter begründeter Antrag auf Zurückweisung der Berufung löst daher grundsätzlich die 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG aus.[46]
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