Rz. 178

Steuerfrei sind für die steuerbegünstigten Körperschaften Einkünfte aus sog. Zweckbetrieben, vgl. § 64 Abs. 1 AO a.E.[294] Der Zweckbetrieb ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, der nicht als bloßer Mittelbeschaffungsbetrieb dient, sondern mit der Verwirklichung der steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft dermaßen eng verwoben ist, dass er als Bestandteil der nach der Zielsetzung der Befreiungsnorm begünstigten Betätigung in die Steuerbefreiung mit einbezogen wird.[295] Die wirtschaftliche Tätigkeit dient neben dem Ziel der Einkommenserzielung eben auch und gerade der Verwirklichung des steuerbegünstigten Zwecks.[296] Der Zweckbetrieb genießt die Steuervergünstigungen, weil die Wettbewerbsbeeinträchtigung der wirtschaftlichen Tätigkeit vom ideellen Bereich überlagert wird.[297]

 

Rz. 179

Nicht weniger wichtig als die Befreiung von der Körperschaft- oder Gewerbesteuer ist für die Zweckbetriebe das Eingreifen des ermäßigten Umsatzsteuersatzes von 7 %, vgl. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG.[298]

 

Rz. 180

Ein Zweckbetrieb liegt gem. § 65 AO vor, wenn insgesamt eine steuerbegünstigte satzungsmäßige Zweckverwirklichung gegeben ist, die Verwirklichung durch den Zweckbetrieb unabdingbar ist und Wettbewerb nur soweit unvermeidbar erfolgt. Für bestimmte Einrichtungen und Betriebe wird das Vorhandensein eines Zweckbetriebs unterstellt, ohne dass die Voraussetzungen des § 65 AO geprüft werden oder explizit vorliegen müssen.[299]

 

Rz. 181

Voraussetzung für einen Zweckbetrieb ist es, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen, vgl. § 65 Nr. 1 AO. Darüber hinaus müssen steuerbegünstigter Zweck und wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb untrennbar sein, gleichsam eine Einheit bilden, so dass der steuerbegünstigte Zweck sich mit der Unterhaltung des Zweckbetriebs deckt und durch den Geschäftsbetrieb der steuerbegünstigte Zweck unmittelbar erfüllt wird.

 

Rz. 182

Des Weiteren ist ein Zweckbetrieb nur gegeben, wenn die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können, vgl. § 65 Nr. 2 AO. Die Körperschaft muss den Zweckbetrieb also für ihre Zweckverwirklichung unbedingt und unmittelbar benötigen.[300]

 

Rz. 183

Schließlich ist ein Zweckbetrieb nur dann gegeben, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist, vgl. § 65 Nr. 3 AO. Wettbewerb liegt vor, wenn der Zweckbetrieb und der nicht begünstigte Betrieb dem gleichen Kundenkreis im gleichen Einzugsgebiet gleiche Leistungen anbieten oder anbieten könnten.[301] Ob der Wettbewerb unvermeidbar ist, ist unter Berücksichtigung der aus dem grundgesetzlichen Gleichheitsgrundsatz abgeleiteten, staatlich gebotenen Wettbewerbsneutralität zu beantworten.[302] Hierbei ist zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einem intakten Wettbewerb und an der steuerlichen Förderung gemeinnütziger Tätigkeiten abzuwägen.[303] Betroffene Wettbewerber, also nicht begünstigte Betriebe, haben die Möglichkeit, den entsprechenden Freistellungsbescheid durch Konkurrentenklage anzufechten.[304]

[294] Reinke/Schmidl, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 5, § 98 Rn 170 ff.
[295] Wallenhorst/Halaczinsky, Besteuerung gemeinnütziger Vereine und Stiftungen, Kap. G Rn 40.
[296] Damit kann nach der Rspr. eine steuerbefreite Körperschaft, die eine andere steuerbefreite Körperschaft bei der Verwirklichung satzungsmäßiger Zwecke gegen Entgelt und eigenverantwortlich unterstützt, einen Zweckbetrieb unterhalten, wenn sie hierdurch zugleich eigene satzungsmäßige Ziele verfolgt, vgl. BFH v. 17.2.2010 – IR 2/08, DStRE 2010, 755.
[297] Jachmann, ZSt 2003, 35, 42.
[298] Der ermäßigte Umsatzsteuersatz für Leistungen, die dem steuerbefreiten Zweckbetrieb zugeordnet werden, kann jedoch nur gewährt werden, wenn die Satzung eine wirksame Vermögensbindungsklausel enthält, vgl. BFH v. 23.7.2009 – V R 20/08, DStR 2009, 2047. Anlage 1 zu § 60 AO enthält in § 5 eine Musterformulierung für eine derartige Vermögensbindungsklausel.
[299] Diese in §§ 66 bis 68 AO aufgezählten Beispiele sind konstitutiv (sog. Zweckbetriebsfiktionen), vgl. Buchna/Seeger/Leichinger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 320 ff.; Strahl, KÖSDI 2004, 14294. Kritisch Jachmann, ZSt 2003, 35, 41.
[301] Walz, Non Profit Law Yearbook 2001, 197, 217; so müssen für die Einstufung eines Sozialkaufhauses als Zweckbetrieb nach Auffassung der Finanzverwaltung mindestens zwei Drittel der einkaufenden Personen hilfsbedürftig sein, vgl. LfSt Bayern, Schreiben v. 30.6.2010, S 0184.2.1 – 6/33 St 3 1.
[302] BVerfG v. 26.10.1976 – 1 BvR 191/74, BVerfGE 43, 58, 70; BFH v. 30.3.2000 – V R 30 – 99, BStBl II 2000, 705, 708.

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