Rz. 41

Die Stiftung muss bereits bei der Errichtung derart mit Vermögenswerten ausgestattet sein, dass "die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszweckes gesichert erscheint" ("Lebensfähigkeitsprognose"), § 82 S. 1 BGB (bis 30.6.2023: § 80 Abs. 2 BGB a.F.).[63] Die Stiftungsaufsicht wird einer Stiftung regelmäßig bereits die Anerkennung versagen, wenn das vom Stifter bereit- oder in Aussicht gestellte Vermögen nicht ausreicht, um aus dessen Erträgen diese Zielvorgabe zu erreichen.[64] Zwar kann die Stiftung Vermögenswerte aller Art halten. Die Stiftung benötigt aber in jedem Fall auch ein im Sinne ihres Zwecks rentierliches Vermögen, wie zum Beispiel Wertpapiere, Unternehmensbeteiligungen oder vermietbare Immobilien.[65] Das Gesetz schreibt – anders als bei der GmbH oder der AG – kein Mindestvermögen vor. In der Praxis fordern die Stiftungsbehörden eine Mindestausstattung von ca. 100.000 EUR, teilweise – je nach Stiftungszweck – auch mehr.[66] Eine Ausstattung mit einem geringeren Stiftungsvermögen als 500.000 EUR erscheint in vielen Fällen wenig sinnvoll.[67]

 

Rz. 42

Der Stifter, der sich noch nicht völlig der Verfügungsgewalt seines Vermögens begeben will, kann durch ein Stiftungsgeschäft unter Lebenden zunächst die Stiftung mit einem geringeren (aber zur "Lebensfähigkeit" bemächtigenden) Vermögen als sog. Vorratsstiftung entstehen lassen und ihr sodann durch Rechtsgeschäft von Todes wegen weitere Mittel zuwenden. Die gemeinnützige "Vorratsstiftung" muss aber laufend gemeinnützige Zwecke verwirklichen. Sie kann nicht zunächst gänzlich inaktiv sein. Dies lässt das Gemeinnützigkeitsrecht nicht zu.[68]

 

Rz. 43

Die Anforderung an die Vermögensausstattung soll zum Schutz des Rechtsverkehrs die dauerhafte Existenz der mitgliederlosen juristischen Person "Stiftung" gewährleisten. Die Anerkennungsbehörde hat eine Prognoseentscheidung zu treffen.[69] Sie darf aber keine Zweckmäßigkeitserwägungen anstellen, also ob der Stiftungszweck "optimal" erfüllt werden kann.[70]

 

Rz. 44

Der Wortlaut des Gesetzes nimmt nicht dazu Stellung, wer für die Aufbringung des Stiftungsvermögens verantwortlich sein soll.[71] Die Anerkennungsbehörde wird aber regelmäßig ein Anfangsvermögen verlangen, das vom Stifter aufzubringen ist.[72] Da eine Mindestkapitalausstattung gerade nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, sollte eine Unterkapitalisierung der Stiftung dann kein Anerkennungshindernis sein, wenn mit Zuwendungen von dritter Seite zu rechnen ist.[73]

 

Rz. 45

Muster 22.3: Stiftungssatzung – Bestimmungen zum Stiftungsvermögen

 

Muster 22.3: Stiftungssatzung – Bestimmungen zum Stiftungsvermögen

§ 4 Stiftungsvermögen

(1) Das Stiftungsvermögen ergibt sich aus dem Stiftungsgeschäft [und/oder: Die Stiftung ist (ferner) Testamentserbe.] Es besteht aus dem Grundstockvermögen und dem sonstigen Vermögen.

(2) Das Grundstockvermögen ist (nach Abzug von Vermächtnissen und Erfüllung von Auflagen) in seinem Bestand dauernd und ungeschmälert zu erhalten und sicher und ertragreich anzulegen.

(3) Vermögensumschichtungen sind zulässig. Realisierte Gewinne und Verluste aus Vermögensumschichtungen dürfen in eine Umschichtungsrücklage eingestellt werden. Die Umschichtungsrücklage darf ganz oder teilweise zum Erhalt des Grundstockvermögens oder zur Erfüllung des Stiftungszwecks verwendet werden.

(4) Dem Grundstockvermögen wachsen die Zuwendungen zu, die dazu bestimmt sind (Zustiftungen). Die Stiftung darf derartige Zustiftungen annehmen. Sie darf auch Zuwendungen ohne Zweckbestimmung aufgrund einer Verfügung von Todes wegen und freie Rücklagen dem Stiftungsvermögen zuführen.

§ 5 Verwendung des sonstigen Vermögens und Zuwendungen

(1) Die Stiftung erfüllt ihre Aufgaben aus dem sonstigen Vermögen, insbesondere aus den Nutzungen des Grundstockvermögens und aus Zuwendungen, die nicht ausdrücklich zur Stärkung des Grundstockvermögens bestimmt sind. Davon ausgenommen sind die Rücklagenbildung oder Zuführung zum Stiftungsvermögen im Rahmen des steuerlich Zulässigen.

(2) Die Stiftung kann ihre Mittel ganz oder teilweise einer Rücklage zuführen, soweit dies erforderlich ist, um ihre steuerbegünstigten Zwecke nachhaltig erfüllen zu können, und soweit für die Verwendung der Rücklage konkrete Ziel- und Zeitvorstellungen bestehen.

(3) Zur Werterhaltung können [sollen/müssen] im Rahmen des steuerrechtlich Zulässigen Teile der jährlichen Erträge zur Substanzerhaltung und als Inflationsausgleich einer freien Rücklage oder dem Stiftungsvermögen zugeführt werden.

(4) Ein Rechtsanspruch Dritter auf Gewährung der jederzeit widerruflichen Förderleistungen aus der Stiftung besteht aufgrund dieser Satzung nicht.[74]

[63] Krit. dazu Richter, in: Bundesverband Deutscher Stiftungen, 44, 49 f.
[64] Vgl. Burgard, NZG 2002, 697, 699; Richter, Berater-Brief Vermögen, Heft 9/2004, 11.
[65] Vgl. im Einzelnen Werner/Saenger/Fischer/Fritz, Die Stiftung, § 14.
[66] Allgemein zum Mindestkapitalerfordernis der Stiftung Schwake, NZG 2008, 248 ff.
[67] Vgl. v. Oertzen/Müller, Stiftung & Sponsoring Heft 6/2003, ...

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