Rz. 3

Ausgangspunkt ist die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die GRC-EU (ABl C 303, 14.12.2007, S. 1), die durch den 2009 in Kraft getretenen Vertrag von Lissabon (ABl C 306, 17.12.2007) als "Allgemeine Grundsätze" Teil des Unionsrechts wurde (Art. 6 EU-Vertrag). In der GRC-EU findet sich sowohl das Recht jedes Arbeitnehmers auf "gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen", als auch auf Begrenzung der Arbeitszeit und auf Ruhezeiten (Titel IV, Art. 31). Darüber hinaus gibt es Regelungen zum Kinder- und Jugendarbeitsschutz, sowie zum Mutterschutz. Der Rechtscharakter dieser Regelungen ist nach wie vor umstritten. Nach überwiegender Auffassung ergeben sich daraus zwar keine direkten Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, jedoch gegenüber dem Staat zur Gewährung eines entsprechenden Schutzes (vgl. ausf. Kohte/Faber/Feldhoff, a.a.O., S. 44 Rn 32 ff.).

 

Rz. 4

Bei der Konkretisierung des sich aus den EU-Verträgen, mit der Bezugnahme auf die GRC-EU, ergebenden Primärrechtes macht die EU von ihren Rechten zur Vereinheitlichung des Arbeitsschutzes vor allem durch den Erlass von zahlreichen Richtlinien (RL) Gebrauch, so z.B. der Rahmenrichtlinie über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (89/391/EWG), die die wesentlichen Grundsätze des europäischen Arbeitsschutzrechtes formuliert. Ausgefüllt wird sie durch inzwischen rund 20 Einzelrichtlinien für unterschiedliche Gefährdungsbereiche. Weitere grundlegende Richtlinien sind z.B. die RL über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Benutzung von Arbeitsmitteln (2009/104/EG), oder die Maschinenrichtlinie mit der Forderung nach der Gewährleistung umfassender Sicherheitsanforderungen für den Bediener bereits bei Konstruktion und Herstellung (heute in der Fassung 2006/42/EG).

 

Rz. 5

Neben dem allgemeinen europäischen Arbeitsschutzrecht gibt es spezielle Regelungen für das Seearbeitsrecht, die für die Besatzungen von Seehandelsschiffen und Fischereifahrzeugen gelten. Grundlage ist die RL zur Durchführung des Seearbeitsübereinkommens 2006 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO/ILO, 2009/13/EG). Zur Umsetzung dieser RL sowie des Übereinkommens dient das am 1.8.2013 in Kraft getretene Seearbeitsgesetz (SeeArbG).

 

Rz. 6

EU-Richtlinien sind verbindlich für den Mitgliedstaat hinsichtlich ihres Zieles, überlassen diesem aber die Entscheidung über das zur Erreichung erforderliche Mittel. Sie bedürfen im Regelfall zu ihrer Wirksamkeit der Umsetzung in nationales Recht, üblicherweise in Form eines Gesetzes (z.B. ASiG) oder einer Rechtsverordnung (z.B. BetrSichV). Aus diesem Grund beruhen die maßgebenden Vorschriften des deutschen Arbeitsschutzrechtes inzwischen auf europarechtlichen Vorgaben. So wurde z.B. die zentrale Vorschrift zur Organisation des Arbeitsschutzes im Unternehmen, das Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit – Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), der Rahmenrichtlinie (89/391/EWG) nachgebildet. Die das deutsche Arbeitsschutzrecht bestimmende, grundsätzliche Trennung von technischem und sozialem Recht gibt es in der EU-Rechtsetzung jedoch nicht.

 

Rz. 7

Demgegenüber bestehen im Bereich des Arbeitsschutzes nur vergleichsweise wenige Verordnungen der EU, die aufgrund ihrer unmittelbaren und direkten Rechtswirkung, entsprechend einem nationalen Gesetz, von besonderer Bedeutung sind. Hier ist vor allem die sehr umfangreiche und hoch komplexe Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) zu nennen (1907/2006/EG). Zum Verhältnis des deutschen zum europäischen Arbeitsschutzrecht vgl. ausführlich Kollmer/Klindt, a.a.O., Einleitung.

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