Arbeitsmittel-Herstellung für den Eigengebrauch

Arbeitgeber kaufen in der Regel Maschinen und Anlagen, die sie für ihre Produktionsprozesse benötigen. Es kommt aber auch vor, dass Unternehmen diese Arbeitsmittel für den Eigengebrauch selbst herstellen. Welche rechtlichen Anforderungen muss der Unternehmer sowohl für den Arbeitsschutz als auch hinsichtlich der Produktsicherheit dabei berücksichtigen? Welche Anforderungen gelten nach Herstellung des Arbeitsmittels?

Über kaum eine Tätigkeit sind Unternehmer und Arbeitgeber so wenig informiert, wie über die rechtlichen Anforderungen bei der Herstellung von Arbeitsmitteln für den Eigengebrauch. Inwiefern gelten das Arbeitsschutzgesetz, das Produktionssicherheitsgesetz, die Betriebssicherheitsverordnung und die diversen EU-Richtlinien, wenn man Maschinen und Anlagen für die eigene Produktion selbst herstellt?

Arbeitsmittel für den Eigengebrauch: Unübersichtliche Rechtslage

Auch für Juristen sind noch nicht alle Probleme geklärt. Zumindest in den Grundzügen aber sieht die Rechtslage folgendermaßen aus, wie Thomas Wilrich, Professor an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in München, in der Fachzeitschrift „ARP – Arbeitsschutz in Recht und Praxis“ kommentiert: „Bei der Herstellung eines Arbeitsmittels für den Eigengebrauch gelten in der Errichtungsphase Arbeitsschutzrecht und Verkehrssicherungspflichten und für das hergestellte Arbeitsmittel immer die materiellen Anforderungen des Produktsicherheitsrechts, die formellen Anforderungen wie Konformitätserklärung und CE-Kennzeichnung aber nur dann, wenn eine europäische Harmonisierungsvorschrift die Herstellung für den Eigenverbrauch erfasst“.

Arbeitsschutzrechte unberührt

Somit unterliege der Schutz der am Herstellungsprozess beteiligten Beschäftigten voll und ganz dem Arbeitsschutzrecht (ArbSchG), selbst dann, wie ein Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg aus dem Jahr 2011 feststellte, wenn die Herstellung eines Arbeitsmittels für den Eigengebrauch nicht durch den (späteren) Betreiber, sondern durch einen von ihm beauftragten Dienstleister erfolgt – egal, ob am Herstellungsprozess die Beschäftigten des Bestellers/Betreibers oder die des Dienstleisterns beteiligt sind (oder beide). So eindeutig sich die Lage hinsichtlich des Arbeitsschutzgesetzes und der Verkehrssicherungspflicht auch darstellt, bei der Anwendung der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) ergibt sich ein Problem.

Ab wann gilt die BetrSichV für Arbeitsmittel für den Eigengebrauch?

Denn laut Wilrich sei es allein eine juristische Wertungsfrage, ob und ab wann generell die BetrSichV für die Eigenherstellung von Arbeitsmitteln gilt. Denn sie erfasse im eigentlichen Sinne nur die Montage und Installation eines Arbeitsmittels, nicht aber den Herstellungsprozess. Es sei daher nicht vollständig klar, ab wann es sich bei einem Arbeitsmittel nicht mehr um ein unfertiges Arbeitsmittel handelt, für das die BetrSichV noch nicht gilt, oder aber bereits um eine Erprobung eines Arbeitsmittels, für die die BetrSichV bereits gilt.

Aus dieser relativ uneindeutigen Rechtslage ergäben sich, so Wilrich, aber keine negativen Folgen für den praktischen Arbeitsschutz. Je nach Situation müsse der Arbeitgeber folgendermaßen handeln:

Die BetrSichV ist (noch) nicht anwendbar: Der Arbeitgeber muss eine tätigkeitsbezogene Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 ArbSchG durchführen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen nach allgemeinem Arbeitsschutzrecht treffen.

Die BetrSichV ist bereits anwendbar: Die Gefährdungsbeurteilung ist nach § 3 BetrSichV zu erweitern und es sind die erforderlichen Schutzmaßnahmen gemäß BetrSichV zu ergreifen.

Nach der Herstellung

Ist das Arbeitsmittel hergestellt, so greift das Produktionssicherheitsrecht, konkret die 9. Verordnung zum Produktionssicherheitsgesetz, die sogenannte „Maschinenverordnung“. Um den in ihr geforderten Produktanforderungen zu entsprechen, muss das Unternehmen folgende Punkte umsetzen:

  • Ermittlung aller relevanten Normen und Rechtsvorschriften.
  • Durchführung einer Risikobeurteilung, dazu gehören die Ermittlung von Gefährdungen, die von der Maschine/Anlage ausgehen können, —Bewertung der Risiken oder Maßnahmen zur Risikominderung.
  • Erstellen von Benutzerinformationen (z.B. Betriebsanleitung) und technischer Unterlagen.
  • Durchführung einer Konformitätsbewertung (Nachweis der Einhaltung der anzuwendenden Rechtsvorschriften) und Anbringung der CE-Kennzeichnung.
  • Prüfung aller Sicherheitsanforderungen und sicherheitstechnischen Einrichtungen vor Inbetriebnahme durch eine befähigte Person.

Ausnahmen von der Regel

Das oben skizzierte Vorgehen gilt allerdings nicht für alle Arbeitsmittel. So sind beispielsweise bei selbst hergestellten Druckgeräten zwar die Sicherheitsanforderungen der ProdSV als nationale Umsetzung der EU-Druckgeräterichtlinie einzuhalten, aber nicht die von der Richtlinie geforderten formellen Anforderungen wie die CE-Kennzeichnung oder die Konformitätserklärung. Diese brauchen bei selbst hergestellten Arbeitsmitteln für den Eigengebrauch nur umgesetzt werden, wenn die Richtlinien selbst hergestellte Arbeitsmittel ausdrücklich erfassen. Bestimmte EU-Richtlinien betreffen Arbeitsmittel für den Eigengebrauch sogar generell nicht: So werden sie beispielsweise von der Niederspannungsrichtlinie nicht erfasst, so dass sie hier keine weiteren formalen Anforderungen erfüllen müssen.