Rz. 330

Auch bei der Begehung von Straftaten außerhalb des Dienstes kommt eine Kündigung nur dann in Betracht, wenn durch die Straftat das Arbeitsverhältnis konkret gestört wird. Es ist insoweit scharf zwischen der Privatsphäre des Arbeitnehmers und dem Arbeitsverhältnis zu trennen.

 

Rz. 331

Die außerdienstliche Begehung von Straftaten kann auch Zweifel an der Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Arbeitnehmers begründen und dazu führen, dass es diesem an der Eignung für die künftige Erledigung seiner Aufgaben fehlt. Daraus kann, abhängig von der Funktion des Beschäftigten, ein Kündigungsgrund resultieren. Ob ein solcher Grund vorliegt, hängt von der Art des Delikts und den konkreten Arbeitspflichten des Arbeitnehmers und seiner Stellung im Betrieb ab (LAG Berlin-Brandenburg v. 25.10.2011 – 19 Sa 1075/11, BB 2011, 2868; LAG Berlin v. 15.12.1989 – 2 Sa 29/89, DB 1990, 433 = BB 1990, 286). Das BAG hat dies bei der Verurteilung eines Finanzbeamten bejaht, der Steuern in erheblicher Höhe hinterzogen hat (BAG v. 21.6.2001 – 2 AZR 325/00, NZA 2002, 1030 = NJW 2002, 2582). Gleiches gilt für den Fall, wenn einem Berufskraftfahrer bei einer Privatfahrt wegen Trunkenheit die Fahrerlaubnis entzogen wird (BAG v. 30.5.1978 – 2 AZR 630/76, DB 1978, 1790 = NJW 1979, 332). Ebenso ist eine ordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen gerechtfertigt, sofern ein angestellter Polizist unerlaubt Partydrogen herstellt und deshalb zu einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten auf Bewährung verurteilt wird (LAG Berlin-Brandenburg v. 25.10.2011 – 19 Sa 1075/11, BB 2011, 2868). Bei Lehrern und Erziehern kann eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung zulasten eines Kindes einen Kündigungsgrund darstellen (LAG Berlin v. 15.12.1989 – 2 Sa 29/89, DB 1990, 433 = BB 1990, 286). Dies gilt für die vorstehenden Berufsgruppen auch bei Sittlichkeitsdelikten (KR/Fischermeier, § 626 BGB Rn 122). So kann die Vornahme sexueller Handlungen an einer Person unter 14 Jahren die außerordentliche Kündigung eines Lehrers rechtfertigen (BAG v. 25.10.2012 – 2 AZR 700/11, juris). Eine vom Arbeitnehmer außerhalb des Dienstes begangene Straftat beeinträchtigt die berechtigten Interessen des Arbeitgebers, sofern diese einen Bezug zur dienstlichen Tätigkeit aufweist, etwa wenn der Arbeitnehmer die Straftat unter Nutzung von Betriebsmitteln oder betrieblichen Einrichtungen begeht (BAG v. 10.9.2009 – 2 AZR 257/08, NZA 2010, 220 = MDR 2010, 453). Eine Verletzung der Rücksichtnahmepflicht ist auch dann zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer (in der Presse wiedergegebene) Äußerungen in einem Strafverfahren tätigt, die eine Verbindung zwischen seiner angeblich zu geringen Vergütung durch den Arbeitgeber und seinem Tatmotiv herstellen (BAG v. 28.10.2010 – 2 AZR 293/09, NZA 2011, 112 = DB 2011, 307 – der Arbeitnehmer führte in dem Gerichtsverfahren aus, dass er mit seinem Gehalt beim Arbeitgeber nicht zufrieden sei und einen zusätzlichen Verdienst benötige, um seine Familie zu ernähren, weshalb er den Entschluss gefasst habe, im Wege der Zuhälterei Geld dazuzuverdienen). Sofern ein Arbeitnehmer einer Kollegin unter bewusster Missachtung ihres entgegenstehenden Willens im Betrieb oder außerhalb des Betriebes beharrlich nachstellt, kann dies eine (außerordentliche) Kündigung rechtfertigen (BAG v. 19.4.2012 – 2 AZR 258/11, juris).

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