Rz. 30

Bei der Vorlage von Verfügungen von Todes wegen samt Eröffnungsniederschrift gehen die Prüfungskompetenzen des Grundbuchamts weiter als bei der Vorlage eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses (siehe dazu Rdn 17 ff.). Das Grundbuchamt hat Formgültigkeit und Inhalt der ihm vorgelegten Verfügung zu prüfen. Es kann aber keine eigenen Ermittlungen anstellen, weil das Grundbuchverfahren ein reines Nachweisverfahren ist, wie sich aus § 29 GBO ergibt.

 

Rz. 31

Ergeben sich bei der Prüfung der Erbenstellung Zweifel an der Erbfolge, so reichen die Abschriften der Verfügung von Todes wegen und der Eröffnungsniederschrift zum Nachweis der Erbfolge und damit als Unrichtigkeitsnachweis nicht aus; vielmehr kann das Grundbuchamt in einem solchen Fall die Vorlage eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses verlangen. Dies gilt insbesondere dann, wenn tatsächliche Ermittlungen über den Erblasserwillen durchzuführen sind.[30] Die Bedenken des Grundbuchamts sind von diesem in einer Zwischenverfügung (§ 18 GBO) im Einzelnen darzulegen.[31]

 

Rz. 32

Allerdings hat das Grundbuchamt auch rechtlich schwierige Auslegungsregeln des Testamentsrechts in eigener Prüfungskompetenz anzuwenden.[32]

 

Rz. 33

Dazu das OLG Hamm:[33]

Zitat

"Im Grundbuchberichtigungsverfahren ist die Erbfolge bei Vorliegen eines notariellen Testaments dann durch Vorlage eines Erbscheins nachzuweisen, wenn tatsächliche Ermittlungen über einen etwaigen, in der Testamentsurkunde nur unvollständig zum Ausdruck gekommenen Erblasserwillen durchzuführen sind."

 

Rz. 34

Das OLG Schleswig[34] ist im Rahmen der Ermittlungspflicht des Grundbuchamts sehr großzügig:

Zitat

"Die eidesstattliche Versicherung der Erben über das Fehlen weiterer Erben ist auch im Grundbuchverfahren als Nachweis der Erbfolge (in Verbindung mit einem notariell beurkundeten Testament) ausreichend. Zweifel daran müssen aus konkreten Umständen und mit logisch nachvollziehbaren Schlussfolgerungen begründbar sein."

 

Rz. 35

So auch das BayObLG[35] und das LG Stuttgart,[36] die für den Nachweis von sog. Negativtatsachen ebenfalls eine eidesstattliche Versicherung gem. § 2356 Abs. 2 BGB für ausreichend erachten.

 

Rz. 36

Gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass zur Feststellung der Erbfolge tatsächliche Ermittlungen erforderlich sind, so ist die von einem überlebenden Ehegatten oder einem Abkömmling vor dem Notar abgegebene eidesstattliche Versicherung zum Nachweis für die negative Tatsache, dass außer einem bestimmten, zum Erben eingesetzten Abkömmling des Erblassers keine weiteren, das Erbrecht dieses Berufenen schmälernden Abkömmlinge vorhanden sind, im Grundbuchantragsverfahren grundsätzlich als Beweismittel zu berücksichtigen.[37] Dies richtet sich seit dem 17.8.2015 nach den §§ 352 ff. FamFG.[38]

[30] OLG Hamm ZEV 2000, 456.
[31] OLG Hamm DNotZ 1970, 160; OLG Stuttgart Rpfleger 1975, 135.
[33] OLG Hamm ZEV 2000, 456.
[35] BayObLG FGPrax 2000, 179 = ZEV 2000, 456.
[36] LG Stuttgart ZEV 2005, 402.
[38] Eingefügt durch Art. 11 des Gesetzes zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 29.6.2015 (BGBl I S. 1042). Die §§ 2354–2359 BGB (a.F.) wurden gleichzeitig aufgehoben (Art. 16 Nr. 5 ÄndG).

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