Entscheidungsstichwort (Thema)

im Grundbuch eingetragene Grundstücke. Erbscheinsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO ist der Nachweis der Erbfolge zwar grundsätzlich durch Vorlage eines Erbscheins zu führen. Beruht die Erbfolge indes auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde – wie hier einem notariellen Testament – enthalten ist, so genügt gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO die Vorlage dieser Urkunde und der Eröffnungsniederschrift. Die Auslegung der Verfügung von Todes wegen obliegt (auch) dem Grundbuchamt, und zwar auch dann, wenn rechtlich schwierige Fragen beurteilt werden müssen.

2. Einen Erbschein darf es nur dann verlangen, wenn sich bei der Prüfung der Verfügung hinsichtlich des behaupteten Erbrechts Zweifel tatsächlicher Art ergeben, die nur durch weitere – nur dem Nachlaßgericht (§§ 12 FGG, 2358 Abs. 1 BGB), wegen der Beschränkung des § 29 Abs. 1 GBO aber nicht dem Grundbuchamt mögliche – Ermittlungen über den Willen des Erblassers oder über die tatsächlichen Verhältnisse geklärt werden können.

 

Normenkette

GBO §§ 29, 35

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 24.08.1999; Aktenzeichen 11 T 142/99)

AG Köln (Entscheidung vom 28.06.1999)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Antragsteller vom 22. September 1999 wird der Beschluß der 11. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 24. August 1999 – 11 T 142/99 – geändert und wie folgt neu gefaßt :

Auf die Beschwerde der Antragsteller vom 6. Juli 1999 wird die Zwischenverfügung der Rechtspflegerin des Amtsgerichts – Grundbuchamtes – Köln vom 28. Juni 1999 – 12 L. …./2 – aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, von den in dieser Zwischenverfügung geäußerten Bedenken gegen den Berichtigungsantrag der Antragsteller vom 31. Mai 1999 Abstand zu nehmen.

 

Gründe

1. Die Antragsteller sind die gemeinsamen Kinder der verstorbenen Eheleute J.-J. W. und M. E. W., geborene S.. Die Eheleute J.-J. und E. W. waren zu je ½-Anteil Eigentümer des im Grundbuch von L., Blatt …., eingetragenen Grundstücks Am Sch. 36. Herr J.-J. W. war ferner Eigentümer des im Grundbuch von L., Blatt …., verzeichneten Grundstücks W.er Straße 10.

Die Eheleute W. haben am 9. Juli 1955 ein gemeinschaftliches notarielles Testament – UR Nr. 104/1955 des Notars N. aus W. – errichtet, durch das sie sich gegenseitig als unbeschränkte Vorerben und ihre beiden Kinder, die Antragsteller, zu Nacherben eingesetzt und bestimmt haben, daß die Nacherbfolge beim Tode des überlebenden Ehegatten oder, falls dieser wieder heiraten sollte, mit dieser Heirat eintreten solle. Nachdem Frau E. W. am 21. April 1994 verstorben war, ist Herr J.-J. W. als Alleineigentümer des im Grundbuch von L., Blatt …., verzeichneten Grundstücks – mit einem Nacherbenvermerk zu Gunsten der Antragsteller – eingetragen worden. Herr J.-J. W. ist am 21. Dezember 1997 verstorben. Unter Bezugnahme auf das nach seinem Tode am 3. Februar 1998 eröffnete notarielle Testament vom 9. Juli 1955 und die Niederschrift über die Eröffnung dieses Testaments haben die Antragsteller mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 31. Mai 1999 beantragt, sie anstelle des Verstorbenen in Erbengemeinschaft als Eigentümer der beiden Grundstücke im Grundbuch einzutragen.

Mit Zwischenverfügung vom 28. Juni 1999 hat die Rechtspflegerin diesen Antrag beanstandet und ausgeführt, eine Berichtigung des Grundbuchs komme derzeit nur hinsichtlich des (früheren) ½-Anteils von Frau E. W. an dem auf Blatt …. verzeichneten Grundstück in Betracht, weil das Testament vom 9. Juli 1955 nur den Eintritt des Nacherbfalls regele, nicht jedoch eine Erbeinsetzung nach dem zuletzt verstorbenen Ehepartner enthalte. Zugleich hat das Grundbuchamt den Antragstellern eine Frist zur Vorlage eines Erbscheins nach ihrem Vater gesetzt.

Die gegen diese Zwischenverfügung gerichtete Beschwerde der Antragsteller vom 6. Juli 1999 hat das Landgericht Köln durch Beschluß vom 24. August 1999 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß wenden sich die Antragsteller mit der weiteren Beschwerde vom 22. September 1999.

2. Die gemäß § 78 Satz 1 GBO statthafte, an keine Frist gebundene, in rechter Form (§ 80 Abs. 1 Sätze 1 und 3 GBO) eingelegte weitere Beschwerde ist begründet. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 78 GBO, 550 ZPO).

Die Berichtigung des Grundbuchs dahin, daß die Antragsteller Eigentümer der beiden in Rede stehenden Grundstücke sind, kann nicht von der Vorlage eines Erbscheins nach ihrem Vater abhängig gemacht werden. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO ist der Nachweis der Erbfolge zwar grundsätzlich durch Vorlage eines Erbscheins zu führen. Beruht die Erbfolge indes auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde – wie hier einem notariellen Testament – enthalten ist, so genügt gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO die Vorlage dieser Urkunde und der Eröffnungsniederschrift. Die Auslegung der Verfügung von Todes wegen obliegt (auch) dem Grundbuchamt, und zwar auch dann, wenn rechtlich schwierige F...

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