1. Begriff

 

Rz. 72

Erbfallschulden sind solche Verbindlichkeiten, die erst mit dem Erbfall entstehen, den Erblasser also zu seinen Lebzeiten noch gar nicht betroffen haben. Dazu gehören insbesondere Verbindlichkeiten aus Pflichtteilen, Vermächtnissen und Auflagen (§ 1967 Abs. 2 BGB). Es gehören auch dazu die Kosten einer standesgemäßen Beerdigung (§ 1968 BGB), der gesetzliche Voraus des überlebenden Ehegatten (§ 1932 BGB)[81] und der Dreißigste (§ 1969 BGB).

Die sog. Nachlasskostenschulden gehören ebenfalls zu den Erbfallschulden. Sie sind ursächlich durch den Erbfall entstanden, aber zeitlich erst nach dessen Eintritt. Dazu gehören die Kosten

der Nachlassverwaltung (§§ 1975 ff. BGB),
der Nachlassinsolvenz (§§ 1975 ff. BGB, §§ 315 ff. InsO),
des Gläubigeraufgebots (§§ 1970 ff. BGB),
der Errichtung des Nachlassinventars (§§ 1993 ff. BGB),
der Nachlasssicherung und der Nachlasspflegschaft (§§ 1960, 1961 BGB),
der Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen (§§ 348 ff. FamFG).
 

Rz. 73

Zu den Nachlassverwaltungsschulden gehören zwei Arten von Verbindlichkeiten:

Verbindlichkeiten, die aus der Verwaltungstätigkeit des Nachlassverwalters, des Nachlasspflegers und des Testamentsvollstreckers erwachsen, einschließlich deren Ansprüche auf Vergütung.
Verbindlichkeiten, die begründet wurden durch den Vorerben und den vorläufigen Erben (der Verwaltungshandlungen für den Nachlass vornimmt, aber später die Erbschaft ausschlägt).

Zur Vor- und Nacherbschaft vgl. § 7 Rdn 69 ff.

Zum vorläufigen Erben vgl. § 10 Rdn 131 ff.

[81] Ein Pkw, der von den Ehegatten zum Zweck der Haushalts- und privaten Lebensführung gemeinschaftlich genutzt wurde, stellt einen Haushaltsgegenstand dar und gehört deshalb zum Voraus, AG Erfurt FamRZ 2002, 849.

2. Beerdigungskosten

a) Begriff der Beerdigungskosten

aa) Allgemeines

 

Rz. 74

Die bis 31.12.1998 geltende Fassung des § 1968 BGB sprach von den Kosten der "standesmäßigen Beerdigung". Mit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung am 1.1.1999 wurde der Begriff "standesmäßig" gestrichen; eine inhaltliche Änderung gegenüber der vorherigen Regelung ist damit jedoch nicht verbunden.[82] Dem entsprechend sind Kosten einer "standesmäßigen Beerdigung" all das über das unbedingt Notwendige Hinausgehende, was nach den in den Kreisen des Erblassers herrschenden Auffassungen und Gebräuchen zu einer würdigen und angemessenen Bestattung gehört. Hierfür ist von Bedeutung, welche Lebensstellung der Verstorbene gehabt hat und was bei der Beerdigung eines Angehörigen seines Lebenskreises Brauch und Sitte ist; auch die Leistungsfähigkeit des Nachlasses und der Erben kann in Betracht kommen.[83] An dem hierzu Erforderlichen findet die Verpflichtung des Erben aber auch ihre Grenze; er ist nicht verpflichtet, schlechthin alle Kosten, die für die nach der Bestimmung der Angehörigen vorgenommene Bestattung des Erblassers aufgewandt wurden oder aufzuwenden sind, zu tragen.[84] Insbesondere können dem Pflichtteilsberechtigten gegenüber im Rahmen der Wertermittlung des Nachlasses nach § 2311 BGB nur die Kosten eines standesmäßigen Beerdigung als Passivposition geltend gemacht werden (ausführlich zum Bestattungsrecht siehe § 34).

[82] BT-Drucks 12/3809, S. 79; OLG Saarbrücken OLGR 2002, 228; Staudinger/Dutta, § 1968 Rn 2; MüKo/Küpper, § 1968 Rn 4; Palandt/Weidlich, § 1968 Rn 2.
[83] BGHZ 32, 72; OLG Karlsruhe MDR 1970, 48.
[84] BGHZ 61, 238; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 1161.

bb) Beerdigungskosten im Einzelnen

 

Rz. 75

Zum Schutz des Erben und der Nachlassgläubiger soll nur der begrenzte Aufwand einer standesgemäßen Beerdigung vom Erben zu tragen sein, insbesondere dann, wenn Erbe und Totenfürsorgeberechtigter nicht identisch sind. Aus diesem Grunde ist die Rechtsprechung bei der Anerkennung von Beerdigungskosten als Nachlassverbindlichkeiten relativ restriktiv. Kosten nur einer üblichen kirchlichen und bürgerlichen Feier gehören zu den Bestattungskosten.[85]

Eine unmittelbare Haftung des Kontos des Erblassers in der Weise, dass die Bank ohne Auftrag des Erblassers oder der Erben demjenigen, der die Bestattung vorgenommen hat, die Beerdigungskosten erstatten dürfte, besteht nicht.[86]

Als Beerdigungskosten i.S.v. § 1968 BGB sind von der Rechtsprechung die folgenden Kosten anerkannt:

Überführung an die endgültige Grabstätte,[87] auch aus dem Ausland,[88]
Exhumierung, Überführung und endgültige Beerdigung im Rahmen der Angemessenheit,[89]
Trauerkleidung,[90]
Leichenmahl bei entsprechenden Gepflogenheiten,[91]
Herstellung des Grabes,[92]
Erstbepflanzung des Grabes,[93]
Grabstein samt Grabeinfassung und Sockel,[94] bei Familiengrabstein nur anteilig,[95]
Feuerbestattung,[96]
Sterbeurkunde,[97]
Todesanzeigen durch Postversand und in der Presse,[98]
Danksagungen durch Postversand und in der Presse.

Von der Rechtsprechung wurden als Beerdigungskosten nicht anerkannt:

Reisekosten der Angehörigen zur Beerdigung;[99] anders jedoch, wenn den Betreffenden eine rechtliche Pflicht zur Beerdigung trifft,[100]
die späteren Kosten der dauernden Grabpflege, weil dies keine rechtliche Pflicht der Erben, sondern lediglich eine sittliche Pflic...

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