Rz. 143

Ein Widerruf ist durch den Vollmachtgeber nur möglich, solange er geschäftsfähig ist.[207] Er kann das Recht zum Widerruf aber z.B. auf seinen Kontrollbevollmächtigten übertragen. Auch der Betreuer bzw. der Kontrollbetreuer kann den Widerruf von erteilten Vollmachten erklären, sofern dies von seinem Aufgabenkreis umfasst ist.[208]

Der Kontrollbetreuer (§ 1815 Abs. 3 BGB) wiederum kann nunmehr gemäß § 1820 Abs. 5 BGB die Vorsorgevollmacht umfassend widerrufen, ohne hierfür den Aufgabenkreis explizit zugewiesen bekommen zu haben. Dies ist eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung des BGH.[209] Der Widerruf ist genehmigungsbedürftig (vgl. Rdn 125).

Zwar können Vollmachten unwiderruflich gestaltet werden, Vorsorgevollmachten sind jedoch grundsätzlich widerruflich, da die Privatautonomie sonst übermäßig eingeschränkt würde (§ 168 S. 2 BGB). Vollmachten, die im ausschließlichen Interesse des Vollmachtgebers stehen, können nicht unwiderruflich ausgestaltet werden.[210] Damit sind auch Vorsorgevollmachten widerruflich, denn sie dienen in der Regel nur dem Interesse des Vollmachtgebers und haben den Charakter von Generalvollmachten.

 

Rz. 144

Zwar kann es im Missbrauchsfall hilfreich sein, eine Vollmacht widerrufen zu können. Gerade im Bereich der rechtsgeschäftlichen transmortalen Vollmachten kann der Vollmachtgeber aber ein erbrechtliches Interesse an der Unwiderruflichkeit der Vollmacht haben. Der Nachteil der post- bzw. transmortalen Vollmacht ist, dass sie seitens der Erben jederzeit widerrufen werden kann (vgl. auch Rdn 142). Gleiches gilt für den Nachlassverwalter, den Nachlasspfleger sowie nach h.M. auch für den Testamentsvollstrecker.[211] Jeder Miterbe hat mit Wirkung für sich das Recht, die Vollmacht zu widerrufen. Dies gilt auch während einer bestehenden Erbengemeinschaft und trotz angeordneter Testamentsvollstreckung. Ist der Widerruf durch den Vollmachtgeber ausgeschlossen, kann die Vollmacht nur aus einem wichtigen Grund widerrufen werden.[212]

Ein Widerruf der Vollmacht kann nur durch entsprechende erbrechtliche Strafklauseln und Auflagen verhindert werden.[213] So kann beispielsweise ein den Erben belastendes aufschiebend bedingtes Vermächtnis für den Fall, dass dieser die Vollmacht widerruft, seitens des Erblassers ausgesetzt werden.

 

Rz. 145

Eine Widerrufserklärung wird mit Zugang beim Empfänger wirksam und bewirkt das Erlöschen der Vollmacht. Danach ist ein Widerruf des Widerrufs nicht möglich; im Bedarfsfall muss die Vollmacht neu erteilt werden.[214]

[208] BGH NJW-RR 2016, 1093; NJW-RR 2016, 385; NJW 2015, 3657; NJW 2015, 3572.
[209] Grüneberg/Götz, § 1820 Rn 7; bisherige Rechtsprechung des BGH: FamRZ 2015, 1702; FamRZ 2018, 1188; FamRZ 2020, 1297.
[210] BGH DNotZ 1972, 229; Grüneberg/Ellenberger, § 168 Rn 6.
[211] MüKo/Schubert, § 168 Rn 55.
[212] Grüneberg/Ellenberger, § 168 Rn 6.
[213] BayObLG FamRZ 1986, 34; Nieder/Kössinger, § 15 Rn 101.
[214] DNotI-Report 2012, 113.

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