Rz. 125

Vor Eintritt der Geschäftsunfähigkeit kann der Vollmachtgeber den Bevollmächtigten wirksam selbst überwachen und einem etwaigen Missbrauch der Vollmacht entgegentreten, indem er die Vollmacht widerruft. Dies ist nach Eintritt der Geschäftsunfähigkeit nicht mehr möglich.

Nach dem Tod des Vollmachtgebers kann eine trans- bzw. postmortale Vollmacht jederzeit von den Erben widerrufen werden. Jeder Miterbe hat mit Wirkung für sich das Recht, die Vollmacht zu widerrufen. Dies gilt auch während einer bestehenden Erbengemeinschaft und trotz angeordneter Testamentsvollstreckung.

Voraussetzung für den Widerruf ist, dass der Widerrufende sich erbrechtlich – durch Vorlage des Erbscheins oder Testaments mit Eröffnungsprotokoll – legitimieren kann. Gelingt ihm dies nicht, kann kein wirksamer Widerruf erfolgen. Gläubiger sollten jedoch, auch wenn ein Widerruf nicht möglich ist, zumindest bösgläubig gemacht werden.

Das Widerrufsrecht steht auch dem Nachlassverwalter und dem Nachlasspfleger[179] zu, ebenso dem Testamentsvollstrecker,[180] Letzterem vorbehaltlich der vom Erblasser getroffenen Testamentsbestimmungen, welcher dem Testamentsvollstrecker die Befugnis zum Widerruf gem. § 2208 Abs. 1 BGB entziehen kann.[181]

 

Rz. 126

Wurde der Widerruf vom Vollmachtgeber ausgeschlossen, kann die Vollmacht von den Erben immer noch aus einem wichtigen Grund widerrufen werden.[182]

 

Rz. 127

Dass das auf den Erben übergegangene Widerrufsrecht häufig keinen Schutz bietet, weil der Widerruf zu spät erklärt wird, ist im Hinblick auf den Zweck einer postmortalen Vollmacht hinzunehmen. Sie soll es dem Bevollmächtigten gerade ermöglichen, unabhängig vom Willen der Erben und auch vor deren Ermittlung tätig werden zu können. Der Bevollmächtigte handelt nämlich, obwohl er nun die Erben vertritt, aufgrund einer Vollmacht des Erblassers. Dieser hat Zeitdauer und Umfang festgelegt. Sein Wille bleibt bis zum Widerruf durch die Erben maßgeblich, so dass es auf die Zustimmung der Erben zu dem Handeln des Bevollmächtigten nicht ankommt. Deshalb kann die Bank auch nicht gehalten sein, eine solche Zustimmung abzuwarten oder ihre Erteilung oder Versagung durch Zuwarten zu ermöglichen.[183]

 

Rz. 128

 

Praxistipp

Vom Rechtsanwalt sollte bei Missbrauchsgefahr zu Lasten des Mandanten der sofortige Widerruf unter Nachweis der erbrechtlichen Legitimation schriftlich erklärt werden. Kann sich der Mandant erbrechtlich nicht legitimieren, muss eine Kontensperrung beantragt werden, wenn dargestellt werden kann, dass die Erben noch unbekannt sind.

[179] Vgl. DNotI-Report 2013, 84.
[180] Grüneberg/Weidlich, vor § 2197 Rn 13; MüKo/Schubert, § 168 Rn 55; Dietz, in: Bengel/Reimann, § 1 Rn 57.
[181] MüKo/Schubert, § 168 Rn 55.
[182] BayObLG NJW-RR 1996, 848.
[183] BGH NJW 1995, 250; DNotI-Report 2015, 65; Glenk, NJW 2017, 452; Grüneberg/Weidlich, Vor § 2197 Rn 10.

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