Rz. 951

Anders als in der Bundesrepublik Deutschland war das Staatshaftungsrecht der Deutschen Demokratischen Republik in einem besonderen Staatshaftungsgesetz (StHG) geregelt (Gesetz vom 12.5.1969, BGBl I, 34, geändert durch Gesetz vom 14.12.1988, BGBl I, 329). Dass dieses Gesetz in der Rechtswirklichkeit der DDR keine Rolle gespielt hat und nichts an dem Unrechtscharakter des SED-Regimes ändern konnte, steht auf einem anderen Blatt.[2949] In den neuen Bundesländern galt das StHG aufgrund des Einigungsvertrages vom 31.8.1990 ab dem 3.10.1990 (Inkrafttreten des Einigungsvertrages) mit den darin festgelegten Maßgaben als Landesrecht fort.[2950] In der Fassung des Rechtspflegeanpassungsgesetzes vom 26.6.1992[2951] hat das StHG den nachfolgenden Wortlaut erhalten, wobei allerdings auf die zwischenzeitlich in Kraft getretenen Änderungen hinzuweisen ist:

 

Erster Abschnitt: Voraussetzungen und Umfang der Haftung

§ 1 StHG: Voraussetzungen der Haftung

(1) Für Schäden, die einer natürlichen oder juristischen Person hinsichtlich ihres Vermögens oder ihrer Rechte durch Mitarbeiter oder Beauftragte staatlicher oder kommunaler Organe in Ausübung staatlicher Tätigkeit rechtswidrig zugeführt werden, haftet das jeweilige staatliche oder kommunale Organ.

(2) Ein Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen den Mitarbeiter oder Beauftragten des staatlichen Organs oder der staatlichen Einrichtung ist ausgeschlossen.

(3) Die Schadensersatzpflicht staatlicher Organe und staatlicher Einrichtungen als Teilnehmer am ­Zivilrechtsverkehr bestimmt sich nach den Vorschriften des Zivilrechts.

(4) Für den Ersatz von Schäden, die einer natürlichen oder juristischen Person hinsichtlich ihres Vermögens oder ihrer Rechte durch eine gerichtliche Entscheidung rechtswidrig zugeführt werden, gelten die dafür bestehenden Gesetze oder anderen Rechtsvorschriften.

 

§ 2 StHG: Pflicht zur Abwendung des Schadens

Natürliche und juristische Personen haben alle ihnen möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um den Schaden zu verhindern oder zu mindern. Verletzen sie diese Pflicht schuldhaft, so wird die Haftung des staatlichen oder kommunalen Organs entsprechend eingeschränkt oder ausgeschlossen.

 

§ 3 StHG: Art und Umfang des Schadensersatzes

(1) Der Schadensersatz ist in Geld zu leisten. Das ersatzpflichtige staatliche Organ oder die staatliche Einrichtung kann den Schaden auch durch Wiederherstellung des Zustandes, der vor dem Schadensfall bestanden hat, ausgleichen.

(2) Der Umfang des Schadensersatzes bestimmt sich nach den zivilrechtlichen Vorschriften, soweit in Gesetzen oder anderen Rechtsvorschriften nichts anderes bestimmt ist.

(3) Ein Schadensersatzanspruch besteht insoweit nicht, als ein Ersatz des Schadens auf andere Weise erlangt werden kann.

 

§ 4 StHG: Verjährung

(1) Der Schadensersatzanspruch verjährt innerhalb eines Jahres.

(2) Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Tag, an dem der Geschädigte von dem Schaden und davon Kenntnis hat, dass der Schaden von einem Mitarbeiter oder Beauftragten eines staatlichen Organs oder einer staatlichen Einrichtung verursacht wurde.

(3) Durch die Stellung des Antrages auf Schadensersatz wird die Verjährung unterbrochen. Für den Lauf, die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung gelten im Übrigen die allgemeinen Vorschriften des Zivilrechts.

 

Zweiter Abschnitt: Verfahrensbestimmungen

§ 5 StHG: Zuständigkeit der staatlichen Organe und staatlichen Einrichtungen

(1) Der Schadensersatz ist bei dem staatlichen Organ oder der staatlichen Einrichtung zu beantragen, durch deren Mitarbeiter oder Beauftragten der Schaden verursacht wurde.

(2) Wird der Schadensersatzantrag bei einem anderen staatlichen Organ oder einer anderen staatlichen Einrichtung gestellt, so hat dieses staatliche Organ oder diese staatliche Einrichtung den Antrag unverzüglich an das zuständige staatliche Organ oder die zuständige staatliche Einrichtung weiterzuleiten und den Antragsteller hiervon zu unterrichten.

(3) Der Leiter des nach Abs. 1 zuständigen staatlichen Organs oder der zuständigen staatlichen Einrichtung hat über Grund und Höhe des Schadensersatzanspruches zu entscheiden, sofern nicht die Zuständigkeit des Leiters eines übergeordneten Organs für diese Entscheidung festgelegt ist. Über den Antrag soll innerhalb eines Monats nach seinem Eingang entschieden werden. Kann die Frist aus besonderen Gründen nicht eingehalten werden, sind diese in den Akten zu vermerken; dem Bürger ist ein Zwischenbescheid zu erteilen.

(4) Die Entscheidung ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und dem Antragsteller zuzustellen. Erforderlichenfalls ist sie den Bürgern mündlich bekanntzugeben und zu erläutern.

 

§ 6 StHG: Beschwerde

(1) Gegen die Entscheidung über den Schadensersatzantrag ist innerhalb eines Monats nach Zustellung oder Bekanntgabe der Entscheidung die Beschwerde zulässig.

(2) Die Beschwerde ist bei dem staatlichen Organ oder der staatlichen Einrichtung einzulegen, deren Entscheidung angefochten wird. Wird der Beschwerde von dem Leiter dies...

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