Rz. 1192

Die Haftung des Halters bei Unfällen mit Anhängern und Gespannen ist seit dem 17.7.2020 ausdrücklich in den §§ 19, 19 a StVG geregelt. Diese Vorschriften lösen die zuvor u.a. in den § 7 Abs. 1, 3 Satz 3 StVG und § 8 Nr. 1 StVG getroffenen Haftungsregelungen ab, konkretisieren und ergänzen diese.

Durch die Neuregelung in § 19 StVG soll die Haftungsverteilung im Innenverhältnis der Gespannfahrzeughalter ausdrücklich festgeschrieben werden. Der Begriff des Gespanns ist nunmehr in § 19 Abs. 2 Satz 1 StVG legaldefiniert als Zugfahrzeug mit Anhänger. Gem. § 19 StVG Abs. 2 Satz 1 StVG haften für Schäden, die einem Dritten durch ein Gespann verursacht werden, – begrenzt auf die Höchstbeträge der §§ 12, 12a StVG (§ 19 Abs. 2 Satz 2 StVG) – zwar die Halter sowohl des Zugfahrzeugs als auch des Anhängers dem Dritten für die Betriebsgefahr des gesamten Gespanns als Gesamtschuldner. Im Innenverhältnis ist aber grundsätzlich nur der Halter des Zugfahrzeugs verpflichtet, § 19 Abs. 4 Satz 2 StVG, falls im Einzelfall nicht ausnahmsweise der Anhänger gefahrerhöhend gewirkt hat, § 19 Abs. 4 Satz 2, 3 StVG. Diese Regelung wird für den Fall unterschiedlicher Versicherer von Anhänger und Zugfahrzeug ausdrücklich auch auf das Verhältnis der Haftpflichtversicherer zueinander erstreckt, indem sich nunmehr gem. § 78 Abs. 3 VVG die anteilige Verpflichtung der Versicherer zueinander entsprechend der Regelung in § 19 Abs. 4 StVG ergibt. Hiermit ist eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung des IV. Zivilsenats des BGH, zur gleichteiligen haftungsrechtlichen Eintrittspflicht von Zugfahrzeug und Anhänger im Rahmen der Doppelversicherung gegenüber Dritten bei Verkehrsunfällen gesetzlich festgelegt und der Weg in die fallgenaue Haftungsabwägung eröffnet.

Verursachen ein Gespann und ein weiteres Kraftfahrzeug den Schaden eines Dritten, für welchen sie diesem kraft Gesetzes zu Ersatz verpflichtet sind, gelten im Verhältnis der Halter von Zugfahrzeug und Anhänger zu dem Halter des weiteren beteiligten Kraftfahrzeugs die § 17 Abs. 13 StVG entsprechend (§ 19 Abs. 3 StVG).

 

Rz. 1193

Die Regelung des neuen § 19a StVG betrifft die Haftung des Führers eines Gespanns. Inhaltlich greift er die Regelungen zur Haftung des Führers eines Kraftfahrzeugs oder Anhängers in § 18 StVG a.F. auf, konkretisiert und ergänzt diese. § 19a Abs. 1 StVG geht davon aus, dass der Führer eines Zugfahrzeugs mit Anhänger der Führer des gesamten Gespanns ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, haftet er grundsätzlich für die durch das Führen des Gespanns verursachten Schäden, und zwar "wie der Führer eines Kraftfahrzeugs", § 19a Abs. 1 Satz 1 StVG. Dies wird nochmals verdeutlicht und konkretisiert durch den Verweis auf § 18 Abs. 1, 2 StVG in § 19a Abs. 1 Satz 2 StVG. Die weiteren Vorschriften der §§ 816 StVG finden auch auf den Führer eines Gespanns Anwendung. Ebenso wie für den Führer eines Kraftfahrzeugs ist auch für den Führer eines Gespanns die Ersatzpflicht ausgeschlossen, wenn er das nach § 18 Abs. 1 Satz 2 StVG vermutete Verschulden entkräften kann. Ist der Führer eines Gespanns zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wird für die Fälle des § 17 StVG, wie schon in § 18 Abs. 3 StVG a.F., die für unfallbeteiligte Gespanne jetzt in § 19 Abs. 35 StVG geregelt sind, auf die Vorschriften des § 17 StVG verwiesen, soweit es das Verhältnis des Führers des unfallbeteiligten Gespanns und der weiteren in § 19a Abs. 2 bzw. 18 Abs. 3 StVG benannten Personen betrifft.

Hierdurch wird sichergestellt, dass der Führer des Gespanns und die Halter der Gespannfahrzeuge weiterhin eine Haftungseinheit gegenüber den Haltern und Führern der anderen unfallbeteiligten Fahrzeuge sowie unfallbeteiligten Tierhaltern und Bahnbetriebsunternehmern bilden, die gesamtschuldnerisch für die – um das Verschulden des Führers des Gespanns – erhöhte Betriebsgefahr des gesamten Gespanns haften.[3428] Der Führer des Gespanns wird damit in das Haftungs-und Ausgleichssystem der § 19 Absatz 3 und 5 StVG in Verbindung mit § 17 StVG einbezogen.

 

Rz. 1194

Haftet der Führer aus vermutetem Verschulden nach § 19a StVG, richtet sich seine Ersatzpflicht und die Ersatzpflicht der Halter und Führer weiterer am Unfall beteiligter Kraftfahrzeuge gegenüber Dritten damit grundsätzlich nach § 17 Abs. 1 StVG. Haftet der Führer für Schäden der Halter und Führer der weiteren unfallbeteiligten Kraftfahrzeuge, richtet sich seine Haftung nach § 17 Abs. 2 StVG. Er haftet dabei für die Betriebsgefahr des Gespanns. Ist der Führer des Gespanns für Drittschäden eingetreten, richten sich sein Ausgleichsanspruch und sein Anspruch auf Ersatz eigener Schäden gegen die Halter und Führer der weiteren unfallbeteiligten Fahrzeuge nach § 17 Abs. 1, 2 StVG.

Hat der Führer eines Gespanns Ansprüche dritter Unfallbeteiligter für die Haftungseinheit Gespann erfüllt, steht ihm gegen die Halter der Gespannfahrzeuge ein Ausgleichsanspruch zu, der sich unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze nach § 426 BGB richtet. Die Aufnahme dieser Vorschrift in § ...

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