Leitsatz (amtlich)

1. Auf den Ausgleichsanspruch des deutschen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer einer Zugmaschine nach Regulierung eines Verkehrsunfallschadens gegen den österreichischen Versicherer eines mit dem Zugfahrzeug verbundenen Anhängers ist nach Art. 19 Rom II-Verordnung i.V.m. Art. 7 Abs. 4 Buchstabe b) Rom I-Verordnung deutsches Recht anzuwenden.

2. Nach § 78 Abs. 2 S. 1 VVG haftet der Haftpflichtversicherer des Zugfahrzeugs und der österreichische Haftpflichtversicherer des Anhängers für die Folgen eines Verkehrsunfalls vom 20.06.2016 in Deutschland zu gleichen Teilen (BGH, Urt. v. 27.10.2010 - IV ZR 279/08)

3. Der Innenausgleich zwischen dem Haftpflichtversicherer des Zugfahrzeugs und dem Haftpflichtversicherer des mit diesem verbundenen Anhänger kann nicht durch eine Subsidiaritätsvereinbarung des anderen Haftpflichtversicherers mit seinem Versicherungsnehmer ausgeschlossen werden (BGH, Urt. v. 04.07.2018 - IV ZR 121/17).

4. Die Neuregelungen des Haftungsverhältnisses zwischen dem Halter des Zugfahrzeugs und dem Halter des Anhängers durch das Gesetz zur Haftung bei Unfällen mit Anhängern und Gespannen im Straßenverkehr vom 10.07.2020 (BGBl. 2020 Teil I Nr. 35 S. 1653, 1654) sind gemäß § 65 Abs. 6 StVG n.F. nicht anzuwenden, sofern der Unfall vor dem 17. Juli 2020 eingetreten ist.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 24 O 411/19)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 16.07.2020 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 411/19 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt als Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer einer Zugmaschine nach Regulierung eines Verkehrsunfallschadens die Beklagte als Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer des im Unfallzeitpunkt mit der Zugmaschine verbundenen Anhängers im Wege des Innenausgleichs auf hälftige Erstattung der Regulierungsleistung in Anspruch.

Am 20.06.2016 befuhr der Zeuge F. mit der bei der Klägerin versicherten Zugmaschine die R. Straße in P.. An die Zugmaschine angehängt war der bei der Beklagten versicherte Auflieger mit einem amtlichen österreichischen Kennzeichen. Aus Unachtsamkeit fuhr der Zeuge F. mit dem LKW-Gespann vor einem Kreisverkehr auf einen Pkw auf. Die geschädigte Eigentümerin des Pkw (Ambulanter Pflegedienst ... GmbH) machte gegenüber der Klägerin Schadenersatzansprüche in Höhe von 10.790,24 EUR geltend. Hiervon regulierte die Klägerin 10.358,02 EUR. Mit der Klage macht sie von der Beklagten die hälftige Erstattung dieses Betrages geltend (5.179,01 EUR).

Mit Urteil vom 16.07.2020 hat das Landgericht der Klage, gerichtet auf Zahlung eines Betrages von 5.179,01 EUR, in vollem Umfang stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass vorliegend für den Innenregress der Parteien deutsches Recht anwendbar sei. Die materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen des § 78 Abs. 2 VVG seien gleichfalls erfüllt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Von der Darstellung der weiteren Einzelheiten des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO abgesehen.

II. Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Beklagten führt in der Sache nicht zum Erfolg.

Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung von 5.179,01 EUR folgt aus § 78 Abs. 2 S. 1 VVG. Auf die insgesamt zutreffenden Ausführungen des Landgerichts nimmt der Senat inhaltlich Bezug. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung; das Rechtsmittel ist unbegründet.

1. a) Nach Art. 19 Rom II-Verordnung i.V.m. Art. 7 Abs. 4 Buchstabe b) Rom I-Verordnung ist für den Ausgleichsanspruch der Klägerin deutsches Recht anzuwenden.

Der aus einem außervertraglichen Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung hervorgegangene Schaden der Geschädigten (Ambulanter Pflegedienst ... GmbH) ist in Deutschland (P.) eingetreten, sodass gemäß Art. 4 Abs. 1 der Rom II-Verordnung (lex loci Prinzip) die grundsätzliche Schadenersatzpflicht nach deutschem Recht zu beurteilen ist. Das anzuwendende deutsche Recht ist gemäß Art. 15 Buchstabe a) und b) Rom II-Verordnung insbesondere maßgebend für den Grund und den Umfang der Haftung sowie für etwaige Haftungsausschlussgründe sowie jede Beschränkung oder Teilung der Haftung. Somit bestimmt sich die Schadenersatzpflicht und die Höhe des Schadenbeitrags grundsätzlich nach deutschem Recht.

Da sich die Pflicht eines Versicherers, einem Geschädigten den aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schaden zu ersetzen aus dem Vertrag mit dem Versicherten ergibt, hat eine solche Schadenersatzforderung eines Geschädigten seinen Ursprung in einem vertraglichen Schuldverhältnis. Dies hat wiederum zur Folge, dass auf dieses Schuldverhältnis die Vorschriften der Rom I-Verordnung anzuwenden sind (vgl. hierzu eingehend EuGH, Urteil vom 21.01.2016 - C-359/14, C-475/14 - NJ...

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