Rz. 32

Als untereinander alternative Mängelansprüche sieht § 634 Nr. 3 BGB den Rücktritt und die Minderung vor.

a) Rücktritt

 

Rz. 33

Der Rücktritt ist im Bereich der eigentlichen Bauverträge ein eher untypisches Mängelrecht. Das hängt in erster Linie damit zusammen, dass eine Rückgewähr der Werkleistung in natura normalerweise nicht möglich sein wird. Der Anwendungsbereich für den Rücktritt konzentriert sich damit im Bereich des Werkvertragsrechts vor allem auf den Bauträgerbereich, wo die Rückabwicklung des gesamten Vertragswerks, die dann in der Rückgabe der erworbenen Wohnung oder des erworbenen Gebäudes endet, durchaus eine Option ist, auf die auch in der Beratungspraxis geachtet werden muss.

 

Rz. 34

In "normalen" Bauverträgen führt ein Rücktritt dagegen in aller Regel wirtschaftlich zum selben Ergebnis wie eine Minderung: Der Unternehmer muss die erhaltene Vergütung zurückzahlen; das Bauwerk kann ihm nicht zurückgewährt werden, so dass der Besteller insoweit Wertersatz schuldet. Dieser entspricht grundsätzlich dem vereinbarten Werklohn, § 346 Abs. 2 S. 2 BGB. Abzuziehen ist lediglich der mangelbedingte Minderwert, der nach den Grundsätzen der Minderung zu berechnen ist.[51]

 

Rz. 35

Erste Voraussetzung des Rücktritts ist wiederum das fruchtlose Verstreichenlassen einer angemessenen Nachfrist. Bei unerheblichen Mängeln ist ein Rücktritt ausgeschlossen, § 323 Abs. 5 S. 2 BGB. Weiterhin ist ein Rücktritt ausgeschlossen, wenn der Besteller für den Mangel allein oder weit überwiegend verantwortlich ist, § 323 Abs. 6 BGB.

Wichtig ist, dass der Besteller auch im Falle eines Rücktritts weiterhin Schadenersatzansprüche geltend machen kann, § 325 BGB.

b) Minderung

 

Rz. 36

"Statt zurückzutreten" (so der Wortlaut des § 638 Abs. 1 S. 1 BGB) kann der Besteller auch die Vergütung mindern. D.h. also, dass auch im Fall der Minderung sämtliche Rücktrittsvoraussetzungen erfüllt sein müssen. Einzige Ausnahme ist, dass eine Minderung auch bei unerheblichen Mängeln möglich ist, § 638 Abs. 1 S. 2 BGB.

 

Rz. 37

Rechtstechnisch handelt es sich bei der Minderung um ein einseitiges Gestaltungsrecht des Bestellers. Bei Ausübung dieses Gestaltungsrechts wird die Vergütung des Unternehmers herabgesetzt. Praktisch wird die Minderung häufig dann gewählt, wenn eine Mangelbeseitigung unmöglich ist oder wenn die Nacherfüllung für den Besteller unzumutbar ist (etwa Abweichungen in der Wohnfläche, Ausführung einer anderen als der geschuldeten Betonqualität oder vergleichbare Fälle).[52] Eine Minderung kann ausgeschlossen sein bei geringfügigen, kaum wahrnehmbaren Mängeln.[53] Lange Jahre wurde der Betrag der Minderung dabei in Einklang mit einer Rechtsprechung des BGH aus den siebziger Jahren[54] mit den zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten gleichgesetzt. Diesen Ansatz hat der BGH nunmehr[55] ausdrücklich aufgegeben. Er verweist nunmehr darauf, dass die Minderung z.B. auf Grundlage des Vergütungsanteils bestimmt werden könne, der auf den mangelhaft ausgeführten Teil der Gesamtleistung entfällt; zudem kommt je nach Sachlage auch eine weitergehende Minderung für einen merkantilen Minderwert in Betracht[56] (vgl. im Übrigen auch Rdn 104 f.). Die Höhe der Minderung kann gemäß § 287 ZPO geschätzt werden.

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