Rz. 162

Nach Übernahme eines neuen Mandats muss ein Rechtsanwalt sich unverzüglich, d.h. innerhalb einer angemessenen – i.d.R. nach Tagen zu bemessenden – Frist, mit dem Gegenstand des Auftrags vertraut machen und ihn darauf überprüfen, ob und ggf. welche Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Rechte des Auftraggebers erforderlich sind.[691] Hierzu zählt auch die Feststellung und anschließende Überwachung von Verjährungsfristen.[692] Dabei muss der Rechtsanwalt im Interesse seines Mandanten den sichersten Weg wählen (vgl. Rdn 113–128).[693] Wenn unklar ist, wann der Anspruch des Auftraggebers verjährt, muss der Rechtsanwalt in Erwägung ziehen, dass sich das zur Entscheidung berufene Gericht der seinem Mandanten ungünstigeren Beurteilung anschließt.[694] Grds. wird vom Rechtsanwalt erwartet, dass er die infrage kommenden Verjährungsvorschriften kennt (zu den vom Rechtsanwalt erwarteten Rechtskenntnissen siehe Rdn 52 ff.). Der BGH hat hervorgehoben, dass die Fristenkontrolle zu dem ureigenen Aufgabenbereich des Rechtsanwalts gehört.[695] Fehler bei der Fristenkontrolle, die angestellte Rechtsanwälte oder nichtjuristische Mitarbeiter des beauftragten Rechtsanwalts zu vertreten haben, sind diesem haftungsrechtlich gem. § 278 BGB zuzurechnen (vgl. Rdn 408 ff., § 1 Rdn 305–314).

Entsprechendes gilt für Ausschlussfristen[696] (vgl. Rdn 178).

Besteht die Pflichtwidrigkeit des Rechtsberaters darin, dass der gebotene Rechtsbehelf gegen einen Bescheid unterblieben ist, entsteht der Schaden des Mandanten mit Ablauf der Rechtsbehelfsfrist, also erst in dem Augenblick, in dem er nicht mehr durch einen Rechtsbehelf die Abänderung des gegen ihn ergangenen Bescheids erwirken kann. Endet die Rechtsbehelfsfrist zum 31. Dezember, so darf der Rechtsberater diesen Tag durch die Einlegung eines Rechtsbehelfs noch voll ausnutzen, weil die Frist erst mit dem Ablauf dieses Tages endet. Der gegen den Berater gerichtete Ersatzanspruch wird unter diesen Umständen gem. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB erst am 1. Januar begründet[697] (vgl. § 7 Rdn 59).

[691] RGZ 115, 185, 187; BGH, VersR 1965, 763 f.; BGH, NJW 1994, 2822, 2823.
[692] Vgl. Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer, Rn 2292; Vollkommer/Greger/Heinemann, § 28 Rn 128 ff., 131 ff.
[693] BGH, NJW 1994, 2822, 2823.
[695] BGH, NJW 1992, 820.

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