Rz. 631
Vermeiden von Zeit-/Leistungsdruck, insbesondere von Unterbesetzung, ist eine Kernaufgabe beim Verhüten psychischer Gefährdungen.[1498] Als organisatorische Maßnahme geeignet sind Besetzungsregeln oder andere Entlastungsformen des Personals.[1499] Im Gegensatz dazu scheint die Entscheidung des Arbeitgebers zu stehen, mit einer bestimmten Zahl von Beschäftigten die im Betrieb anfallenden Arbeiten zu erledigen. Angesichts dessen wurde in den vergangenen Jahren wiederholt darauf hingewiesen, dass über § 87Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 3 ArbSchG nicht die grundsätzliche Wertung des BetrVG außer Kraft gesetzt werden könne, wonach die Personalplanung nicht der Mitbestimmung des Betriebsrates unterliege.[1500]
Das Bundesarbeitsgericht ist dieser Argumentation entgegengetreten, weil § 92 BetrVG einerseits und § 87 BetrVG andererseits unterschiedlichen Angelegenheiten zuzuordnen seien. Zwischen beiden Angelegenheiten bestünden keine Wechselwirkungen, sie stünden selbstständig nebeneinander.[1501] Daher sei es aus systematischen Gründen nicht ausgeschlossen, dass Maßnahmen des Gesundheitsschutzes ggf. den Personaleinsatzplan des Arbeitgebers berührten.
Unter welchen Voraussetzungen eine Einigungsstelle auf Grundlage einer Gefährdungsbeurteilung Besetzungsregeln beschließen kann, können, ist nicht bestimmt.[1502] Ob gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse Besetzungsregeln verlangen oder aber ob mildere Mittel zur Verfügung stehen, festgestellte Belastungen zu minimieren, wird auszuloten sein.
Das LAG Hamburg hat durch Beschluss vom 16.7.2020 die Anfechtung des Spruches einer Einigungsstelle zurückgewiesen, die aufgrund festgestellter Gefährdungen durch personelle Unterbesetzung Besetzungsregeln für das Verhältnis Arzt/Patienten festgelegt hatte.[1503]
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