Burnout-Vorsorge: Das psychische „Ausbrennen“ verhindern
Burnout wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als ein Syndrom bezeichnet, das aus chronischem Stress am Arbeitsplatz hervorgeht, der noch nicht erfolgreich bewältigt wurde. Laut der Definition der WHO drückt sich Burnout durch ein Gefühl der Erschöpfung, reduzierter professioneller Effizienz und erhöhter mentaler Distanz zum Beruf aus. Wie sehr Burnout bzw. psychische Belastungen ein Problem für die Beschäftigten als auch die Unternehmen geworden ist, zeigen die aktuellen Zahlen: Mit 276 Fehltagen je 100 Versicherte lag 2021 dieser Wert um 41 Prozent über dem von vor zehn Jahren. Ein psychischer Krankschreibungsfall dauerte 2021 durchschnittlich 39,2 Tage. Auch dieser Wert ist so hoch wie nie zuvor.
Gesetzliche Neuorientierung
Wie alle Aspekte der psychischen Gesundheit wurde das Thema Burnout lange Zeit selbst in der Arbeitsschutzgesetzgebung ignoriert oder nur oberflächlich abgehandelt. Das änderte sich erst 2013 mit der Novellierung des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG). Durch das rasante Ansteigen psychischer Erkrankungen und psychisch bedingter Arbeitsunfähigkeitstage sah sich der Gesetzgeber gezwungen, zu handeln und Arbeitnehmer und Arbeitgeber für die Thematik zu sensibilisieren. Seitdem obliegt dem Arbeitgeber eine umfassende präventive Handlungspflicht. Er muss konkrete Schutzmaßnahmen umsetzen, wobei er kontinuierlich den aktuellen arbeitswissenschaftlichen Forschungsstand zu berücksichtigen muss.
Gefährdungsbeurteilung und -unterweisung
Zentrales Instrument ist auch bei psychischen Gefährdungen und Belastungen aller Art die Gefährdungsbeurteilung. Auslöser für eine Gefährdungsbeurteilung könnten neue gesetzliche Anforderungen sein, aber auch aktuelle Probleme im Betrieb wie beispielsweise Mobbingvorfälle oder aber Beschwerden einzelner Mitarbeiter.
Leider gestaltet sich die Durchführung einer psychischen Gefährdungsbeurteilung für die Mehrzahl der Unternehmen ohne Hilfe von externen Beratern sehr schwierig. Denn zum einen fehlt es noch immer selbst vielen Betriebsärzten und Fachkräften für Sicherheit an Kompetenz hierfür, zum anderen gibt es im Gegensatz zu anderen Problemfeldern des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes keine konkreten Kriterien oder gar Grenzwerte, mit denen die Gefährdungen und Belastungen objektiv messbar wären.
In jedem Fall hat der Arbeitgeber den Betriebs- oder Personalrat einzubinden, der bei der Planung und Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung durch das ArbSchG einen weiten Handlungsspielraum zugesprochen bekommt. Auch bei der Bestimmung der Schutzmaßnahmen als Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung kann der Betriebsrat mitbestimmen, welche Maßnahmen umgesetzt werden und welche nicht. Diese weitreichende Mitbestimmung kommt auch zum Tragen, wenn das Unternehmen einen fachkundigen Dienstleister bzw. Experten für die Durchführung beauftragt.
Die Unterweisung ist das zweite zentrale Mittel des Arbeitgebers zur Burnout-Vorsorge. Allerdings basieren die Inhalte dieser Unterweisung größtenteils auf den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilung. Damit ist deren Effizienz und Erfolg ganz unmittelbar mit einer professionellen und kompetenten Gefährdungsbeurteilung verknüpft.
Möglichkeiten für den Beschäftigten
Um Burnout innerbetrieblich präventiv zu bekämpfen, stehen dem Arbeitnehmer insbesondere zwei Instrumente zur Verfügung. Das ist zum einen ebenfalls die Gefährdungsbeurteilung. Direkt haben die Mitarbeitenden zwar keinen Einfluss auf deren Planung und Ziele, dafür aber indirekt über den Betriebs- oder Personalrat, der bei der Planung die Anliegen und Interessen der Beschäftigten einfließen lassen kann.
Direkt kann der Beschäftigte aber mittels einer sogenannten Belastungsanzeige sein Unternehmen über psychische (Über-) Belastungen im Arbeitsumfeld in Kenntnis setzen. Diese sollte er spätestens dann einreichen, wenn er sich die psychischen Belastungen auch körperlich bemerkbar machen – auch wenn man zu einem solch späten Zeitpunkt schon nicht mehr von Prävention sprechen kann, sondern lediglich von Bekämpfung oder Reduzierung der entstandenen Belastungen.
Zu einer solchen Anzeige ist der Beschäftigte laut ArbSchG sogar im Rahmen der Informationspflicht verpflichtet; unterlässt er sie, kann das im Rahmen eines potenziellen späteren Schadenersatzprozesses sogar negative Folgen für ihn haben. Ob ein Arbeitnehmer allerdings bereit ist, durch eine Anzeige seinem Arbeitgeber die eigene Belastungsgrenze „offen zu legen“, ist eine andere Frage. Schließlich hat außerbetrieblich der Beschäftigte auch die Möglichkeit, bei einer zuständigen Aufsichtsbehörde Beschwerde einzulegen. Dies kann er aber erst tun, wenn innerbetrieblich bereits alle Möglichkeiten ausgelotet wurden.
Vertrauensperson und Fortbildungen
Wie die oben genannten Möglichkeiten der Burnout-Prävention zeigen, ist eine effektive Vorsorge psychischer Gefährdungen und Belastungen in den meisten Betrieben noch immer schwer zu realisieren. Dies hat zu einem Großteil mit den fehlenden Kompetenzen und Kenntnissen der hauptverantwortlichen Akteure im betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz zu tun, dem Arbeitgeber, dem Betriebsarzt, der Fachkraft für Arbeitssicherheit und den Sicherheitsbeauftragten.
Diese Defizite können durch Schulungen und Fortbildungen aber kompensiert werden und zumindest bei den Betriebsärzten und den Fachkräften für Arbeitssicherheit hat inzwischen auch ein Umdenken stattgefunden, die Probleme Burnout und psychische Belastungen werden generell mittlerweile viel ernster genommen.
Eine andere personelle Maßnahme, die eine wirksame Verbesserung der Situation in den Betrieben bewirken könnte, ist die Einsetzung einer Vertrauensperson, die zwischen Unternehmensführung und Beschäftigten vermittelt. Durch ihre Moderatorenrolle wären mit Sicherheit viele betroffene Arbeitnehmer schon zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt bereit, ihre Belastungen und psychischen Probleme dem Arbeitgeber anzuzeigen. Durch die frühere Offenlegung von Problemfeldern im Betrieb könnten Gefährdungsbeurteilungen viel frühzeitiger angedacht und geplant sowie entsprechende Gegenmaßnahmen umgesetzt werden. Allerdings ist die Benennung einer Vertrauensperson keine gesetzliche Verpflichtung für den Arbeitgeber.
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