Arbeitsbedingungen in der Paketbranche haben sich weiter verschlechtert
Die Arbeitsbedingungen in der Paketverteilung und -zustellung sind für deren Beschäftigten mit immer höheren Belastungen verbunden. Ein Grund hierfür ist die ständig steigende Paketflut durch den Onlinehandel. Dieser bricht alle Rekorde und ist von den Beschäftigten kaum noch zu bewältigen. Besonders kritisch ist regelmäßig die Vorweihnachtszeit, in der an manchen Tagen mehr als 11 Millionen Pakete bearbeitet werden müssen.
Ver.di-Umfrage
Wie aber empfinden die Beschäftigten in der Branche selbst dieses hohe Arbeitsvolumen? Wie sind ihre Arbeitsbedingungen sowie ihre gesundheitlichen und finanziellen Zukunftsperspektiven? Dies hat eine Ende November 2025 veröffentlichte Umfrage der Gewerkschaft ver.di mit dem Titel „Gute Arbeit bei Paketdiensten?“ zu den Arbeitsbedingungen in der Kurier-, Express- und Paketbranche (KEP) herausgefunden. An der Umfrage nahmen 2.900 Beschäftigte teil – davon 1.900 bei der Deutschen Post AG (DHL). Das Ergebnis der Umfrage: Viele der Befragten fühlten sich gehetzt und berichteten, dass sie regelmäßig an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit stoßen. Ein weiteres Indiz für schwierige Arbeitsbedingungen ist der DGB-Index Gute Arbeit, welcher die Arbeitsqualität aus Sicht der Beschäftigten misst. Die Befragung ergab einen Indexwert von 40, welcher in den Bereich „schlechte Arbeit“ fällt.
Ergebnisse auf einen Blick
Die wichtigsten Ergebnisse der Befragung waren:
- Zunehmendes Arbeitsvolumen: 89 % der Befragten meinten, sie mussten in den vergangenen 12 Monaten „in sehr hohem“ oder „hohem Maße“ mehr arbeiten als zuvor.
- Gesamtbelastung: Viele Befragte gaben an, gehetzt zu sein, Pausen ausfallen zu lassen und regelmäßig an die Grenzen ihrer Belastbarkeit zu kommen.
- Arbeitsqualität: 79 % mussten Abstriche bei der Qualität machen, um das Pensum zu schaffen.
- Körperliche Beanspruchung: 93 % der Zusteller arbeiteten oft oder sehr häufig körperlich schwer, 92 % der Zusteller gingen davon aus, dass ihr Körper vor der Rente schlappmacht.
- Gehalt und Rente: 62 % erwarteten, dass ihre gesetzliche Rente nicht ausreichen wird. Nur 1 % glaubt, später „sehr gut“ von der gesetzlichen Rente leben zu können. Bei den großen Unternehmen lag das monatliche Gehalt bei 2.500 bis 3.000 Euro brutto, bei den Subunternehmern 2.000 bis 2.500 Euro brutto.
Überstunden-Explosion
Das Arbeitsvolumen und die Arbeitszeiten waren neben der physischen Belastung durch das Gewicht der Pakete besonders kritische Punkte der Umfrage. 89 % der rund 1.900 Befragten gaben an, in den vergangenen zwölf Monaten deutlich mehr Arbeit in derselben Zeit erledigen zu müssen – und zwar „im sehr hohen Maße“ oder „im hohen Maße“. Beschäftigte ohne Mitbestimmung in ihren Betrieben arbeiteten im Median 50 Stunden pro Woche, tarifgebundene Beschäftigte dagegen 38,5 Stunden - im Durchschnitt also rund 11,5 Stunden mehr pro Woche als Beschäftigte mit Tarifvertrag. Auch bei tariflosen Beschäftigten waren 40 Wochenstunden für eine Vollzeitstelle die Norm. Die Differenz ergab sich also daraus, dass die tariflose Beschäftigtengruppe im Median zehn Überstunden pro Woche leistete.
Bestätigung durch Kontrollen/Studien
Die Umfrage der Gewerkschaft wird durch die Erkenntnisse anderer Organisationen bestätigt. Zwischen Mai und August 2025 prüfte so beispielsweise das Arbeitsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen 57 Subunternehmen der Branche: Bei mehr als der Hälfte war der Arbeitsschutz mangelhaft, bei einem Drittel verbesserungsbedürftig. Von 225 befragten Zustellern gab jeder Fünfte an, mehr als zehn Stunden täglich zu arbeiten – damit also ein klarer Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz. In dieselbe Stoßrichtung ging auch eine Erhebung der AOK Rheinland/Hamburg aus dem Jahr 2024: Täglich melden sich im Erhebungszeitraum 8 von 100 Paketzustellern krank, obwohl das Durchschnittsalter von Paketboten in Deutschland bei gerade einmal bei rund 38 Jahren liegt. Drei Viertel der Krankmeldungen betrafen dabei Muskel-Skelett-Erkrankungen.
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