Unternehmenskultur

Job-Crafting: Selbstgestaltung für mehr Arbeitsfreude


Job-Crafting: Selbstgestaltung für mehr Arbeitsfreude

Studien und Umfragen der letzten Jahre belegen einen Rückgang der Arbeitszufriedenheit unter Beschäftigten. Doch was können Arbeitnehmer bei Arbeitsfrust tun? Eine Kündigung birgt Risiken, da ein Wechsel nicht garantiert zu mehr Zufriedenheit führt. Arbeitspsychologen empfehlen daher „Job-Crafting“, ein Konzept zur proaktiven Selbstgestaltung der eigenen Arbeitsbedingungen. Woher stammt diese Methode, und wie funktioniert sie?

Laut diversen Studien ist die Arbeitszufriedenheit von Deutschlands Arbeitnehmern in den vergangenen Jahren je nach Umfrage teils deutlich gesunken. Dies mag auch an der Coronazeit und ihren Folgen gelegen haben. Sicher ist aber, dass die Freude an der Arbeit unter deutschen Beschäftigten in der Vergangenheit schon einmal größer war.

Neues Optimierungskonzept

Aber was sind die Exit-Strategien? Eine Kündigung? Oder gar eine „innere Kündigung“? Arbeitswissenschaftler und Arbeitspsychologen verweisen auf ein relativ neues Konzept, das Job-Crafting – der proaktiven (Um-) Gestaltung der Arbeitsbedingungen im Unternehmen durch den Beschäftigten selbst. Mit ihm erhöhe der Beschäftigte die Chance, dass die Arbeit wieder Freude macht.

Herkunft und Definition

Die Methode des Job-Crafting entstand an der amerikanischen Yale Universität und wurde von seinen wichtigsten Urhebern, den Organisationspsychologen Jane Dutton und Amy Wrzesniewski ursprünglich als „Cognitive Crafting“ bezeichnet. Die Idee dahinter: Beschäftigte sollten sich bei der Arbeitsunzufriedenheit weniger passiv verhalten und schon gar nicht innerlich kündigen. Vielmehr sollten sie das Heft selbst in die Hand nehmen, „unternehmerisch denken“ und die Gestaltung der Arbeit durch eigenes Handeln optimieren. Hierzu bedarf es aber auch einer Veränderung der Wahrnehmung der eigenen Rolle im Unternehmen, weshalb das Job-Crafting auch ein Lernprozess für den Beschäftigte ist – daher auch die ursprüngliche Bezeichnung als Cognitive Crafting. Das Motto soll lauten: Ich setze mich als Beschäftigter aktiv für meine Freude und meinen Erfolg im Beruf ein.

Rolle des Unternehmens

Das ursprüngliche Konzept ging noch etwas naiv davon aus, dass es lediglich der Initiative eines Beschäftigten bedürfe, um Arbeitsaufgaben und Arbeitsumfeld positiver zu gestalten. Die Yale-Forscherinnen und vor allem später die Anhänger des Konzepts in Wissenschaft und Unternehmensberatung erkannten aber die Limitationen einer solchen Annahme. Sie modifizierten es insofern, als dass sie auch die Verantwortung und das Entgegenkommen des Unternehmens bzw. der Unternehmensleitung in den Blick nahmen.

Zwei Crafting-Methoden

Die Arbeitspsychologie unterscheidet zwischen zwei Crafting-Methoden: dem Annäherungs- bzw. Aufgaben-Crafting und dem Vermeidungs-Crafting. Das sind die wichtigsten Merkmale der beiden Methoden:

  • Annäherungs- oder Aufgaben-Crafting: Hierbei suchen sich die Beschäftigten neue Aufgabenfelder oder sogar ganz neue Jobs im Unternehmen, von denen sie sich eine größere berufliche Erfüllung erwarten – weil diese Tätigkeit mehr ihren eigenen Kompetenzen und Stärken entspricht, diese herausfordernder ist oder weil sie ihnen einfach mehr Spaß macht. Der einfachste Weg hierbei: Zum Vorgesetzten gehen und fragen.
  • Vermeidungs-Crafting: Während das Annäherungs-Crafting eine längerfristige Veränderung bringt bzw. bringen soll, ist das Vermeidungs-Crafting eher eine kurzfristige „Aufschiebe-Taktik“. Denn bei dieser Art des Crafting werden die nicht besonders geschätzten Jobs und Tätigkeiten einfach an Kollegen delegiert, später gemacht oder wenn möglich ganz eliminiert. Das klingt eigentlich nicht danach, als ob dadurch eine Verbesserung der eigenen Situation tatsächlich erreicht werden kann – insbesondere dann, wenn sich Mitarbeiter beim Vorgesetzten beschweren, dass sie den Job des Kollegen aufgedrückt bekamen. Der Sinn dieser Taktik aus Sicht der Arbeitspsychologie ist daher auch nur, dass der betroffene Beschäftigte durch den zeitlichen Aufschub und der Freude an den vorgezogenen Arbeitsprojekten wieder so viel Erfüllung im Job sieht, dass er danach auch besser mit den aufgeschobenen Arbeiten zurechtkommt.

Balance zwischen beiden Polen

Letztendlich entscheidet der Arbeitgeber allein darüber, wann welche Aufgabe wie gemacht wird. Und in Zeiten mit hohem Arbeitsvolumen oder gar in betrieblichen Krisenzeiten gelten in den meisten Unternehmen allein die Unternehmensziele und -strategien und nicht die Selbstverwirklichungsabsichten eines einzelnen Beschäftigten. Dennoch sollte es grundlegend Ziel einer guten und gesundheitsorientierten Unternehmensführung sein, Strukturen und generell ein Betriebsklima zu schaffen, die eine Annäherung beider Positionen möglich machen. Oder wie die „Initiative Gesundheit und Arbeit“ der gesetzlichen Unfallversicherungen es auf ihrer Webseite formuliert: „Individuellen Stärken und Vorstellungen stehen die Ziele auf Team- und Unternehmensebene gegenüber. Aufgabe des Unternehmens, der Führungskräfte oder der Präventionsberatung ist es, eine Balance zwischen diesen beiden Polen zu finden.“


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