Rz. 483

Auch bei Verhinderung eines angeordneten Umgangs ist die Vollstreckung gem. §§ 88 ff. FamFG mit der Folge der Verhängung eines Ordnungsgeldes möglich.

Dies bedeutet gleichzeitig, dass nur gerichtliche Entscheidungen vollstreckbar sind. Im Verbundverfahren ist dies der Fall.

 

Hinweis

Vereinbarungen der Parteien sind nur vollstreckbar, wenn sie vom Gericht "genehmigt" werden.[613] Dies erfolgt durch Beschluss, der im Übrigen die Anfechtbarkeit (befristete Beschwerde, § 621e ZPO) ermöglicht.

 

Rz. 484

Die Vollstreckung eines Umgangstitels nach § 89 Abs. 1 FamFG durch Festsetzung eines Ordnungsmittels gegen den betreuenden Elternteil setzt eine hinreichend bestimmte und konkrete Regelung des Umgangsrechts voraus. Dafür ist eine genaue und erschöpfende Bestimmung über Art, Ort und Zeit des Umgangs erforderlich.

Nicht erforderlich sind nach Auffassung des BGH hingegen detailliert bezeichnete Verpflichtungen des betreuenden Elternteils, etwa zum Bereithalten und Abholen des Kindes.[614] Damit hat der BGH mit der Entscheidung vom 1.2.2012 die Anforderungen an die Bestimmtheit von Umgangsregelungen erheblich gesenkt.

Nach der zuvor überwiegenden Auffassung[615] musste eine vollstreckbare Umgangsregelung neben den Umgangszeiten auch aussprechen, dass der Umgangselternteil verpflichtet ist, das Kind abzuholen und zurückzubringen und dass der betreuende Elternteil das Kind zu den festgelegten Zeiten an seiner Wohnung zu übergeben habe.

Dagegen hatten es einige Oberlandesgerichte ausreichen lassen, wenn die Verpflichtung des Umgangselternteils geregelt war, das Kind an der Wohnung des betreuenden Elternteils abzuholen, weil sich daraus zwingend die Pflicht des betreuenden Elternteils ergebe, das Kind an der Wohnung zu übergeben.[616]

 

Rz. 485

Ein Ordnungsgeld ist für den Fall des Verstoßes gegen die Umgangsrechtsregelung seit Einführung des FamFG nicht mehr zunächst anzudrohen.[617] Da der Beschluss bereits einen entsprechenden Hinweis enthält, § 89 Abs. 2 FamFG, ist unmittelbar Ordnungsgeld festzusetzen.[618]

In der Regel wird eingewendet werden, dass ein schuldhafter Verstoß nicht vorliegt (z.B. Kind war erkrankt, war spielen und nicht aufzufinden etc.). Der Einwand, man könne ein Kind nicht gegen dessen Willen an den Umgangsberechtigten herausgeben, wird danach zu beurteilen sein, wie sich die konkrete Situation darstellt. Bleibt als einzige Alternative, "mit Brachialgewalt ein schreiendes Kind" heraus zu zwingen, wird die Verhängung eines Zwangsgeldes ausscheiden.[619] Dies verbietet bereits § 90 Abs. 2 FamFG.[620]

 

Rz. 486

Auch wenn die Ordnungsgeldfestsetzung grundsätzlich eine schuldhafte, d.h. vorsätzliche oder fahrlässige Zuwiderhandlung oder Unterlassung erfordert, liegt doch eine Unterlassung bereits dann vor, wenn der Obhutselternteil mehrfach den Umgang mit dem gemeinsamen Kind ohne triftigen Grund nicht gewährt hat.[621]

Die Verhängung eines Ordnungsgeldes bzw. die Haftanordnung nach vorheriger Androhung ist Beugemittel, keine Strafe. Die Maßnahme kann daher bei jeder einzelnen Zuwiderhandlung wiederholt werden.[622]

 

Rz. 487

Für den Vollzug der Haft gelten im Übrigen die Vorschriften der §§ 901, 904906, 909 Abs. 1 u. 2, 910, 913 ZPO entsprechend. Die Beschwerde gegen die Ordnungshaft hat keine aufschiebende Wirkung.

Wenn gegen die Ordnungshaft eingewendet wird, dadurch sei zu dessen Schaden auch das Kind betroffen, so greift dies nicht weit genug. Die dagegen gerichtete Auffassung, das habe nicht das Gericht, sondern der betroffene Elternteil zu vertreten,[623] führt allerdings auch nicht weiter. Schließlich kann es nicht um Schuldzuweisungen, sondern allein um das Kindeswohl gehen. Es wird aber langfristig dem Kindeswohl dienen, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln diejenigen Verhaltensweisen von Erwachsenen zugunsten ihrer Kinder durchzusetzen, die für sein seelisches Wohl unerlässlich sind.

[613] OLG Köln FamRZ 1998, 961; OLG Hamm FamRZ 1999, 1095; AG Saarbrücken FamRZ 2003, 1200.
[614] BGH FamRZ 2012, 533 m. Anm. Hammer, S. 535.
[615] OLG Bamberg FamRZ 1995, 428; OLG Koblenz FamRZ 2007, 1682; OLG Saarbrücken FamRZ 2007, 2095; Palandt/Diederichsen BGB, 71. Aufl., 2012, § 1684 Rn 52.
[616] OLG Frankfurt FamRZ 1996, 876; OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 1698; noch weitergehend Johannsen/Henrich/Büte, Familienrecht, 5. Aufl., 2010, § 89 Rn 4; allg. kritisch zum Bestimmtheitserfordernis Spangenberg/Spangenberg, FamRZ 2011, 1704.
[617] OLG Brandenburg FamRZ 2001, 36 f., 37; OLG Rostock FamRZ 2002, 967; die Androhung ist nach h.M. mit der einfachen Beschwerde anfechtbar, vgl. OLG Stuttgart FamRZ 1999 S. 1094; Schnitzler/Rakete-Dombek, § 15 Rn 128; a.A. OLG Karlsruhe FamRZ 1996, 1226 (unanfechtbar).
[618] So auch OLG Brandenburg FamRZ 2007, 230.
[619] BezG Frankfurt/Oder FamRZ 1994, 58; OLG Brandenburg FamRZ 1996, 1092.
[621] OLG Brandenburg FamRZ 2007, 230.
[622] OLG Nürnberg FuR 1997, 307.
[623] So Spangenberg, FamRZ 2007, 13 ff., 15.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge