Leitsatz (amtlich)

Die Verhängung von Ordnungsmitteln gegen den Umgangsberechtigten wegen bloßer Kontaktaufnahmen kann als Verstoß gegen die Umgangsregelung nur dann gem. § 89 FamFG geahndet werden, wenn die Untersagung von Kontaktaufnahmen sich aus dem Tenor der Umgangsregelung zweifelsfrei ergibt und der Hinweis gem. § 89 Abs. 2 FamFG eindeutig darauf bezogen ist.

 

Verfahrensgang

AG Kassel (Beschluss vom 29.06.2016)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Kassel vom 29.06.2016, Nichtabhilfeentscheidung vom 14.10.2016, abgeändert.

Der Antrag der Antragstellerin auf Verhängung von Ordnungsmitteln gegen den Antragsgegner wegen Verstößen gegen die Umgangsregelung vom 13.11.2014 am ... 2015 und am ... 07.2015 wird zurückgewiesen.

Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Aus der im Jahr 2006 geschlossenen und mittlerweile geschiedenen Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners sind die Kinder X, geboren am ... 2006, Y, geboren am ... 2007, und Z, geboren am ... 2009 hervorgegangen. Seit Trennung der Kindeseltern im Jahr 2012 wurde in mehreren gerichtlichen Verfahren versucht, den Umgang des Kindesvaters mit den Kindern in einer dem Kindeswohl entsprechenden Weise zu regeln.

In einem im Jahr 2014 vor dem AG geführten Sorgerechtsverfahren der Beteiligten, das mit einer Sorgerechtsübertragung auf die Kindesmutter endete, wurde ein psychologisches Sachverständigengutachten auch zu einer am Kindeswohl orientierten Ausgestaltung der Umgangskontakte bzw. zur Erforderlichkeit eines vorübergehenden Umgangsausschlusses eingeholt. Hintergrund war, dass der Kindesvater bei bisherigen unbegleiteten Umgängen die Kinder unreflektiert in das Streitgeschehen der Eltern einbezogen hatte. In dem Gutachten wird festgestellt, dass die Erziehungsfähigkeit des Vaters deutlichen Einschränkungen unterliege, die vor allem die Fähigkeit zur angemessenen Beziehungsgestaltung, das Einfühlungsvermögen in die kindlichen Loyalitätskonflikte und die Bindungstoleranz betreffen. Es wurde die Empfehlung ausgesprochen, den Umgang der Kinder mit ihrem Vater bis auf weiteres in begleiteter Form einmal monatlich in Wohnortnähe der Kinder stattfinden zu lassen.

Im Verfahren Az.: 524 F 2214/14 ZV1 hat das AG Kassel daraufhin mit Beschluss vom 13.11.2014 den Umgang dergestalt geregelt, dass der Kindesvater jeweils am ersten Freitag eines jeden Monats im Zeitraum zwischen 15:00 Uhr und 18:00 Uhr zum Umgang mit den Kindern im ... Familienberatungszentrum in Begleitung der bestellten Umgangspflegerin berechtigt und verpflichtet wurde. Die Umgangspflegerin wurde ermächtigt - nach vorheriger Mitteilung an die Eltern - eine andere Örtlichkeit des Umgangs zu bestimmen und einen angeordneten Umgangskontakt abzubrechen, wenn mit dessen Fortführung nach ihrer Einschätzung eine Gefährdung des Kindeswohls verbunden ist. Dem Kindesvater wurde während der Umgangskontakte mit den Kindern jede negative Äußerungen über die Kindesmutter untersagt und ihm wurde zur Vermeidung einer Enttäuschung der Kinder aufgegeben, der Umgangspflegerin eine Woche im Voraus telefonisch mitzuteilen, ob er seiner Verpflichtung zur Wahrnehmung des Umgangs nachkommt, andernfalls sollte der Umgang entfallen. Der Beschluss enthält den Hinweis, dass bei Zuwiderhandlung gegen die sich aus den Anordnungen ergebenden Verpflichtungen Ordnungsgeld bis zur Höhe von 25.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann oder die Festsetzung eines Ordnungsgeldes keine Aussicht auf Erfolg verspricht, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten festgesetzt werden kann.

Die gegen die mit den genannten Einschränkungen verbundene Umgangsregelung gerichtete Beschwerde des Kindesvaters blieb erfolglos.

Es fanden auf der Grundlage der Umgangsregelung vom 13.11.2014 dann lediglich zwei Umgangskontakte im Juni und im Juli 2015 statt, im Übrigen meldete sich der Kindesvater nicht wie im Beschluss geregelt bzw. erst so spät bei der Umgangspflegerin, dass die Kontakte nicht stattfinden konnten. Mittlerweile hat das AG mit Beschluss vom 03.02.2016 in Abänderung der Entscheidung vom 13.11.2014 den persönlichen Umgang des Kindesvaters mit den drei Kindern bis zum 31.12.2018 ausgesetzt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Kindesvaters hat der Senat mit Entscheidung vom 23.05.2016 zurückgewiesen.

Die Kindesmutter erwirkte gegen den Kindesvater im Zeitraum 2013 bis 2015 wegen wiederholten Nachstellens durch diesen (Verteilung von Flugblättern und Plakaten, Einstellung von Einträgen in Internetforen und sozialen Netzwerken mit diffamierenden Äußerungen über die Kindesmutter) mehrere einstweilige Anordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz.

Im dem dieser sofortigen Beschwerde zugrunde liegenden Verfahren hat die Kindesmutter die Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen den Kindesvater beantragt, weil dieser den zum damaligen Zeitpunkt ...

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