Rz. 234

Die rechtlichen Grundlagen für die Behandlung von Fremdgeldern befinden sich in § 4 BORA, § 43 BRAO und §§ 2 Abs. 2 Satz 2, 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 GwG (Geldwäschegesetz).

1. Vom Grundsatz her muss Fremdgeld unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Verzögern, weitergeleitet werden.
2. Ist dies nicht möglich, so muss das Fremdgeld vom Geschäftskonto ausgelagert und auf ein Anderkonto gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 BORA weitergeleitet werden. Bei kleineren Beträgen und einer Verwahrungsdauer von unter einem Monat kann dies durchaus ein Sammelanderkonto sein.
3. Ab einem Monat Verwahrung und/oder einem Betrag von 15.000,00 EUR muss der Fremdgeldbetrag auf ein Einzelanderkonto hinterlegt werden.
4. Bei einem Bargeldfluss ab 15.000,00 EUR muss zudem das Geldwäschegesetz beachtet werden. Dies sieht bei einem Betrag ab 15.000,00 EUR eine Identifi­zierungspflicht – auch gegenüber dem Mandanten – vor. Die Daten des Empfängers bzw. des Einzahlers müssen dokumentiert werden bzw. eine Kopie des ­Ausweispapieres aufbewahrt werden. Die Aufbewahrungspflicht für diese Dokumentation beträgt fünf Jahre. Lehnt der Einzahler die Identifizierung ab, darf der RA das Geld nicht annehmen. Er verstößt damit nicht gegen seine Pflichten aus dem Mandatsverhältnis, da er mit Annahme des Geldes ohne Identifizierung des Einzahlers gegen ein Gesetz verstoßen würde. Es würde hier nur eine bargeldlose Zahlung infrage kommen, da in diesem Fall die Bank die Identifizierung vornehmen wird. Auch eine Auszahlung eines Fremdgeldbetrags ab 15.000,00 EUR bedarf der Identifizierung – selbst wenn sie an den Mandanten erfolgt. Bei einer Ablehnung darf kein Geld in bar ausgezahlt werden. Bei einer Überweisung wird die Identifizierung durch die Bank durchgeführt.
 

Rz. 235

 

Praxistipp:

Mit dem Gesetz zur Umsetzung der vierten Geldwäscherichtlinie wurde das GwG erneut mit Wirkung zum 26.6.2017 verschärft.

Es ist zunächst für die Kanzlei eine Risikoanalyse (§ 5 GwG) durchzuführen und zwar unter Berücksichtigung folgenden Faktoren:

Struktur der Kanzlei/Größe
Geschäftsbereiche national/international
Mandats- und Mandantenstruktur national/international
Persönliche Kontakte durch Dritte
Treuhänderische Tätigkeit
Zugehörigkeit zu besonderen Risikogruppen

Nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 GwG ist diese Risikoanalyse zu dokumentieren, regelmäßig zu überprüfen und ggf. anzupassen.

Hat die Analyse z.B. in Hinblick auf den Mandantenstamm ergeben, dass nur ein geringes Risiko der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung besteht, so kann der Umfang der zu ergreifenden Sorgfaltspflichten und Sicherungsmaßnahmen gem. § 14 GwG risikoorientiert reduziert werden.

Wurde jedoch ein erhöhtes Risiko festgestellt, sind zu den nachstehend genannten allgemeinen Sorgfaltspflichten verstärkte risikoangemessene Maßnahmen zu ergreifen:

Identifizierung: Vor Transaktion des Geldes (Ein- oder Auszahlung) ist die Identität des Mandanten anhand eines amtlichen Ausweispapieres festzustellen, bei juristischen Personen hat die Identifizierung z.B. anhand eines Handelsregisterauszuges zu erfolgen. Der gesetzliche Vertreter der juristischen Firma hat sich daneben durch seine Ausweispapiere zu identifizieren. Tritt der Mandant nicht in der Person, sondern durch einen Dritten auf, ist dieser zusätzlich zu identifizieren. Ist der Mandant nicht selbst der wirtschaftlich Berechtigte, so ist neben dem Mandaten der tatsächlich wirtschaftlich Berechtigte (§ 3 GwG) zu identifizieren. Dies gilt übrigens auch für "bekannte" Mandanten, die zuvor noch nicht identifiziert worden sind.
Die Art und der Zweck der Geschäftsbeziehung (z.B. Betreuung eines Grundstückskaufes, Gründung einer GmbH etc.) müssen zweifelsfrei erkennbar sein bzw. müssen im Zweifel aufgeklärt werden.
Wie bisher auch ist zu prüfen, ob der Mandant bzw. der wirtschaftlich Berechtigte eine "politisch exponierte Person" im Sinne des § 1 Abs. 12–14 GwG ist.
Kontinuierliche Überwachung: Die Geschäftsbeziehung ist nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 GwG kontinuierlich zu überwachen.

Diese allgemeinen Sorgfaltspflichten sind nicht nur vor Geldtransaktionen von 15.000 EUR oder mehr zu beachten, sondern auch stets bei Verdachtsmomenten in Zusammenhang mit einer Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung.

Sowohl die Risikoanalyse als auch die Umsetzung der allgemeinen Sorgfaltspflichten sind nach § 8 GwG zu dokumentieren und für die Dauer von fünf Jahren aufzubewahren.

Verdachtsmeldungen müssen ab dem 1.1.2018 grundsätzlich in elektronischer Form an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit = FIU) erfolgen. Auf der Website der FIU unter www. FIU.bund.de wurde das Meldeprotal "goAML" eingerichtet, das jedoch zunächst eine Anmeldung voraussetzt.

Die Pflicht zur Abgabe einer Verdachtsmeldung ist jedoch für Rechtsanwälte nach § 43 Abs. 2 GwG eingeschränkt, insoweit dass keine Verpflichtung besteht, wenn sich der meldepflichtige Sachverhalt auf Informationen bezieht, die der RA im Rahmen des der Schweigepflicht unt...

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