Rz. 35

Als Haftungskorrektiv wird in der Rechtsprechung die so genannte Lehre vom Rechtswidrigkeitszusammenhang bzw. die Lehre vom Schutzzweck der Norm verwendet. Beide besagen im Ergebnis dasselbe.

 

Rz. 36

Danach können nur die adäquat kausal verursachten Schäden ersetzt werden, in denen sich genau die Gefahr verwirklicht hat, vor der die jeweilige Verhaltensnorm schützen soll.

 

Rz. 37

Bei dem entstandenen Schaden muss sich das Risiko verwirklicht haben, vor dem die Haftungsnorm schützen will. Es ist also eine wertende Betrachtung anzustellen, ob der Schaden der Pflichtwidrigkeit zugeordnet werden kann.

 

Beispiel

Die Vorschriften über die Benutzung der rechten Fahrbahn dienen lediglich der reibungslosen Abwicklung des Gegen- und Überholverkehrs, nicht aber dem Schutz eines die Straße querenden Verkehrsteilnehmers (Schutzbereichstheorie – BGH VersR 1964, 1069; 1975, 37).

 

Rz. 38

Ebenso wird in folgenden Fällen eine Verletzung des Schutzzwecks der Norm verneint:

Anlässlich einer polizeilichen Unfallaufnahme schilderte der objektiv alleinschuldige Schädiger den Unfall so, als ob der schuldlos Geschädigte ihn verursacht hätte. Der Geschädigte erlitt wegen der falschen Schadensschilderung des Schädigers einen Schlaganfall. Der BGH verneint einen haftungsrechtlichen Zusammenhang zwischen Verkehrsverstoß des Schädigers und den Schäden des Geschädigten, die dieser infolge des Schlaganfalls erlitten hatte. Der erlittene Schlaganfall werde durch den Schutzzweck der Norm (Verkehrsverstoß) nicht mehr berührt (BGH VersR 1989, 923).
Der Schutzzweck der verletzten Norm (Verbot der Verletzung des Körpers und der Gesundheit) ist nicht mehr als berührt anzusehen, wenn bei einem alkoholkranken unfallbedingt ins Krankenhaus eingelieferten Geschädigten wegen des im Krankenhaus bestehenden Alkoholverbots erhöhte Heilbehandlungskosten und vermehrter Verdienstausfall entstehen (OLG Braunschweig VersR 1996, 715).
Halteverbote im Rahmen von Baustellen schützen nicht das Vermögen eines Bauunternehmers oder eines von diesem beauftragten weiteren Unternehmers (BGH zfs 2004, 111).

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