Rz. 291

Auch die Beratung in einem Scheidungsverfahren ist regressträchtig. Der Anwalt hat grds. den im jeweiligen Falle für den Mandanten sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist.[221]

Suchen Eheleute gemeinsam einen Rechtsanwalt auf, um sich in ihrer Scheidungsangelegenheit beraten zu lassen, hat der Anwalt vor Beginn der Beratung auf die gebühren- und vertretungsrechtlichen Folgen einer solchen Beratung hinzuweisen.[222] Eine gemeinsame Vertretung mit dem Ziel einer einvernehmlichen Scheidung ist nicht per se ausgeschlossen und im Grundsatz möglich. Allerdings darf der Anwalt jedenfalls dann, wenn die gemeinsame Beratung der Eheleute nicht zu der beabsichtigten Scheidungsfolgenvereinbarung (siehe Rdn 287 ff.) führt und es trotz anfänglicher Übereinstimmungen während der anwaltlichen Beratung zu einem Interessenwiderstreit kommt, für keinen der beiden Ehepartner mehr tätig werden.[223] Wegen des Verbotes widerstreitender Interessen nach § 43a Abs. 4 BRAO wird der auf die Regelung der Scheidungsfolgen gerichtete anwaltliche Geschäftsbesorgungsvertrag nichtig gem. § 43 Abs. 4 BRAO i.V.m. § 134 BGB mit der Folge, dass dem Anwalt kein Vergütungsanspruch zusteht.
Zu einem Regress des Anwalts kann es auch wegen eines vor Inkrafttreten des Versorgungsausgleichsgesetzes nicht gestellten Scheidungsantrags kommen. So haftet der Anwalt für den Schaden, der sich daraus ergibt, dass sich das neue Recht als ungünstiger erweist. Entscheidend ist, wie die Dinge abgelaufen wären, wenn er die versäumte Handlung pflichtgemäß vorgenommen hätte. Es kommt also darauf an, wie das dem Regress zugrunde liegende Verfahren bei pflichtgemäßem Verhalten des Anwalts verlaufen und ausgegangen wäre.[224]
Der Anwalt muss außerdem, bevor er eine Ehescheidungsklage für seinen Mandanten betreibt, prüfen, ob überhaupt eine wirksame Ehe geschlossen wurde. Den Grundsatz, dass Ehen in Deutschland nur unter Mitwirkung eines Standesbeamten wirksam geschlossen werden können, muss jeder Rechtsanwalt beachten, der einen Mandanten in einer eherechtlichen Auseinandersetzung berät. Auch wird die Haftung des Anwalts nicht dadurch ausgeschlossen, dass auch das Familiengericht das Vorliegen einer Nichtehe hätte erkennen und deswegen die Scheidungsklage hätte abweisen müssen.[225]
[221] LG Düsseldorf, Urt. v. 20.1.2015 – 6 O 541/13 = BeckRS 2015, 01864 m. Verw. auf BGH, Urt. v. 1.3.2007 – IX ZR 261/03 = NJW 2007, 2485 = DB 2007, 1401.

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