Rz. 136

Soweit der Anwalt mehrere Auftraggeber wegen verschiedener Gegenstände vertritt, und die Addition der Werte wegen der Begrenzung auf die Wertstufe von über 50.000,00 EUR nicht mehr zum Tragen kommt, also wenn der Gesamtwert (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG) mehr als 55.000,00 EUR beträgt, ist nach der Rechtsprechung insoweit Nr. 1008 VV RVG analog anzuwenden.[26] Soweit sich dann der nach 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG hinzuzurechnende Mehrwert nicht mehr auswirkt, will die Rechtsprechung dies in analoger Anwendung der Nr. 1008 VV RVG durch eine Anhebung des Gebührensatzes ausgleichen.

 

Rz. 137

Durch die Neufassung des § 49 RVG dürfte sich daran nichts geändert haben.

 

Rz. 138

 

Beispiel:

Der Anwalt vertritt zwei Kläger, die jeweils Schmerzendgeldansprüche aus einem Unfall i.H.v. 40.000,00 EUR geltend machen. Beiden Klägern wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Anwalts bewilligt.

Jeder Schmerzensgeldanspruch ist ein eigener Gegenstand. Der Gegenstandswert beläuft sich somit auf 80.000,00 EUR (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG).

 

Rz. 139

Infolge der faktischen Begrenzung der Gebührentabelle nach § 49 RVG auf die vergleichbare Gebührenstufe des § 13 RVG von "bis 55.000,00 EUR" wird der darüber hinausgehende Wert nicht mehr berücksichtigt. Insoweit wendet die Rechtsprechung Nr. 1008 VV analog an. Vorzugehen ist dabei wie folgt:

 

Rz. 140

Die Gebührentabelle des § 49 RVG reicht nur bis zur vergleichbaren Wertstufe des § 13 RVG von "bis zu 55.000,00 EUR". Dies bedeutet, dass die weiteren (80.000,00 EUR – 55.000,00 EUR =) 25.000,00 EUR streitwertmäßig von der Tabelle des § 49 RVG nicht mehr erfasst werden. Daher erhält der Anwalt aus diesem Gegenstandswert analog Nr. 1008 VV eine um 0,3 erhöhte 1,6-Verfahrensgebühr. Aus dem restlichen Wert (55.000,00 EUR – 25.000,00 EUR = 30.000,00 EUR) entsteht nur die einfache 1,3-Verfahrensgebühr. Entsprechend § 15 Abs. 3 RVG ist allerdings die Höhe der Gebühr zu begrenzen auf eine um 0,3 erhöhte 1,6-Verfahrensgebühr aus dem Gesamtwert. Zu rechnen ist nach den Beträgen des § 49 RVG wie folgt:

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV, § 49 RVG (Wert 25.000,00 EUR) 662,40 EUR  
2. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 49 RVG (Wert 30.000,00 EUR) 588,90 EUR  
  gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,6 aus über 80.000,00 EUR, § 49 RVG   1.054,40 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG (Wert: 80.000,00 EUR)   790,80 EUR
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.865,20 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   354,39 EUR
  Gesamt   2.219,59 EUR
 

Rz. 141

Nach a.A. ist eine gesonderte "Erhöhungsgebühr" aus dem Mehrwert auszuweisen. Dies würde dann zu einer zusätzlichen "0,3-Erhöhungsgebühr" nach Nr. 1008 VV führen und damit zu folgender Berechnung:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 49 RVG (Wert 80.000,00 EUR)   856,70 EUR
2. 0,3-Erhöhungsgebühr, Nr. 1008 VV, § 49 RVG (Wert 25.000,00 EUR)   124,20 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG (Wert 80.000,00 EUR)   790,80 EUR
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.791,70 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   340,42 EUR
  Gesamt   2.132,12 EUR
[26] BGH VersR 1981, 1031 = BGHZ 81, 40 = Rpfleger 1981, 437 = AnwBl 1981, 402 = MDR 1981, 1004 = NJW 1981, 2757 = RuS 1981, 245 = JurBüro 1981, 1657; OLG Hamm AGS 2003, 200 m. Anm. N. Schneider (noch zu § 6 BRAGO); VGH Baden-Württemberg AGS 2009, 501 und 547 = JurBüro 2009, 490 = DÖV 2009, 688.

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