Rz. 7

Ist der Erblasser während eines Scheidungsverfahrens verstorben, ist der Ehegatte von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, wenn der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hat. Dies gilt allerdings nur, wenn die rechtlichen Voraussetzungen für eine Scheidung vorliegen.

Der Erblasser muss vor seinem Tod die Scheidung beantragt haben. Die Rechtshängigkeit der Scheidung tritt durch Zustellung des Scheidungsantrags an den Antragsgegner ein. Die Zustellung muss vor dem Erbfall erfolgt sein.[7]

Die Zustimmung des Erblassers zur Scheidung setzt voraus, dass das Scheidungsverfahren vom länger lebenden Ehegatten eingeleitet und der Antrag dem Erblasser zugestellt worden ist. Die Zustimmung ist Prozesshandlung und kann gem. § 134 FamFG zur Niederschrift der Geschäftsstelle, in der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift des Gerichts (jeweils ohne Anwaltszwang, § 114 Abs. 4 Nr. 3 FamFG) oder per Schriftsatz (des bevollmächtigten Rechtsanwalts) an das Gericht erfolgen.[8] Bei anderen als den vorgenannten Einverständniserklärungen treten die Rechtsfolgen des § 1933 BGB nicht ein.[9]

 

Rz. 8

Endet das Scheidungsverfahren vor dem Erbfall ohne Scheidungsurteil, greift § 1933 BGB nicht ein. Es spielt hierbei keine Rolle, ob eine Antragsrücknahme erfolgt ist oder der Antrag rechtskräftig abgewiesen wurde.[10] Wird ein Scheidungsantrag zurückgenommen, hat dies die Beseitigung der Wirkungen des § 1933 BGB zur Folge. Der Rechtsstreit wird dann als nicht anhängig angesehen.[11] Wird der Scheidungsantrag allerdings erst nach dem Erbfall zurückgenommen, hat dies keine Auswirkungen mehr auf die Anwendbarkeit des § 1933 BGB.[12] In einer Entscheidung des OLG Stuttgart[13] wurde festgestellt, dass das Eingreifen des § 1933 BGB lediglich voraussetzt, dass ein rechtshängiger Scheidungsantrag zur Zeit des Erbfalls begründet ist. Die erst spätere Rücknahme des Scheidungsantrags, die nicht mehr auf dem eigenen Willen des Erblassers beruht, bleibt demgegenüber unerheblich. In dem zu entscheidenden Fall hat der Erblasser die Zustellung des Scheidungsantrags an seine Ehefrau erwirkt und ist danach verstorben. Der Scheidungsantrag wurde durch seinen Bevollmächtigten nach dem Tod des Erblassers zurückgenommen.[14]

 

Rz. 9

Ferner ist es für den Ausschluss des Ehegattenerbrechts notwendig, dass zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen der Scheidung der Ehe gegeben waren. Es gilt also zu klären, ob der Scheidungsantrag erfolgreich gewesen wäre, wobei die allgemeinen Beweisregeln heranzuziehen sind. Derjenige, der sich auf den Wegfall des gesetzlichen Erbrechts beruft, muss dies auch beweisen.[15] Allerdings obliegt es dem überlebenden Ehegatten, der sich auf eine zur Zeit des Erbfalls vorhandene Versöhnungsbereitschaft beider Ehegatten beruft, die diese Annahme rechtfertigenden Umstände konkret darzulegen. Dies folgt aus den Grundsätzen der sogenannten sekundären Darlegungslast.[16]

Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten bzw. das Recht auf den Voraus ist auch dann ausgeschlossen, wenn der Erblasser berechtigt war, die Aufhebung der Ehe zu beantragen und den Antrag auch gestellt hat.

[7] BGHZ 111, 329 = NJW 1990, 2382, 2383; BayObLGZ 1990, 20 = FamSRZ 1990, 666.
[8] OLG Köln NJW 2013, 2831.
[9] BGHZ 128, 125.
[10] MüKo/Leipold, § 1933 Rn 15.
[11] BGH FamRZ 1974, 648, 649; OLG Frankfurt ZEV 1997, 426.
[12] OLG Frankfurt ZEV 1997, 426; LG Tübingen BWNotZ 1986, 22.
[15] OLG Bremen FamRZ 1986, 833.

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