Entscheidungsstichwort (Thema)

Wegfall des Ehegattenerbrechts durch rechtshängigen Scheidungsantrag. Scheidungsstatut. Zurücknahme des Scheidungsantrags

 

Leitsatz (amtlich)

Das Eingreifen des § 1933 BGB setzt lediglich voraus, dass ein rechshängiger Scheidungsantrag zur Zeit des Erbfalls begründet ist. Die erst spätere Rücknahme des Scheidungsantrags, die nicht mehr auf dem eigenen Willen des Erblassers (hier: Tod des Erblassers) beruht, bleibt demgegenüber unerheblich (so auch OLG Frankfurt v. 11.7.1997 - 20 W 254/95, OLGReport Frankfurt 1997, 214 = NJW 1997, 3099).

 

Normenkette

BGB § 1933; EGBGB Art. 14 Abs. 1 Nrn. 2-3, Art. 17; ZPO §§ 185-186

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 17.01.2006; Aktenzeichen 2 T 493/04)

Stgt-Mühlhausen (Aktenzeichen AB 2002/222 Not.)

 

Tenor

1. Die weitere Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 17.1.2006 wird zurückgewiesen.

2. Die Beteiligte Ziff. 1 hat die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen und den Beteiligten Ziff. 2 und 3 deren außergerichtliche Kosten in diesem Rechtszug zu erstatten.

Gegenstandswert im Rechtsbeschwerdeverfahren: 50.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten im Erbscheinerteilungs- bzw. -vorbescheidsverfahren seit 1995 darüber, ob (gesetzliche) Erben des am 1.11.1994 verstorbenen Erblassers (nur) dessen Kinder aus erster Ehe - die Beteiligten Ziff. 2 und 3) geworden sind oder auch die Beteiligte Ziff. 1 als zweite Ehefrau des Erblassers, deren Ehe mit ihm bei seinem Ableben noch bestand. Der Erblasser hatte am 7.2.1994 beim AG - FamG - Bad Homburg die Scheidung seiner Ehe mit der Beteiligten Ziff. 1 mit der Begründung der Zerrüttung der Ehe bei zwischenzeitlich dreijährigem Getrenntleben beantragt und im Sommer 1994 die öffentliche Zustellung des Scheidungsantrags an die Beteiligte Ziff. 1 erwirkt (AZ: 9 F 64/94). Nach dem Ableben des Erblassers wurde der Scheidungsantrag von seinem Bevollmächtigten zurückgenommen.

Der Erblasser war deutscher Staatsangehöriger. Er hat in den letzten Jahren vor seinem Ableben überwiegend im Ausland gearbeitet. In Nigeria lernte er die in Russland geborene Beteiligte Ziff. 1 - eine ursprünglich sowjetische Staatsangehörige - kennen, die in erster Ehe mit einem Nigerianer verheiratet gewesen ist und Kinder in Nigeria hatte. In der Zeit seiner nachfolgenden beruflichen Tätigkeit in Paraguay hat der Erblasser am 5.1.1989 in Argentinien die dort an der Grenze zu Paraguay wohnhafte Beteiligte Ziff. 1 geheiratet. Im Anschluss an die Tätigkeit in Paraguay war der Erblasser jedenfalls seit 1990 bis etwa im Frühjahr 1994 in Spanien beruflich tätig, wo er auch eine Eigentumswohnung erworben hat. Eine weitere Eigentumswohnung in Bad Homburg war in dieser Zeit vermietet. Anlässlich von Aufenthalten des Erblassers in Deutschland wohnte dieser jedenfalls zeitweise in Bad Homburg bei seinem damals dort wohnhaften Bruder. Dort waren der Erblasser und bis Mai 1990 auch die Beteiligte Ziff. 1 polizeilich gemeldet.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das gesetzliche Erbrecht der Beteiligten Ziff. 1 als Ehefrau gem. § 1933 BGB ausgeschlossen ist, weil der Scheidungsantrag des Erblassers begründet war. Dabei ist insb. auch streitig, ob sich der Erblasser von der Beteiligten Ziff. 1 bereits im Jahr 1990 getrennt hat, so dass die Vermutung des Scheiterns der Ehe nach dreijährigem Getrenntleben gem. § 1566 Abs. 2 BGB eingreift.

1. Die Beteiligten Ziff. 2 und 3 haben die Erteilung eines Erbscheins - zunächst beim für zuständig gehaltenen AG/Nachlassgericht Bad Homburg - beantragt, der sie als gesetzliche Erben des Erblassers zu je ½ ausweisen sollte. Die Beteiligte Ziff. 1 hat ihrerseits später ebenfalls die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Ehefrau als Miterbin ausweisen soll.

a) Für die Beteiligten Ziff. 2 und 3 wurde als gesetzlichen Erben zu je ½ auf ihren im November 1994 gestellten Antrag vom Rechtspfleger des AG Bad Homburg - Nachlassgericht - am 8.2.1995 ein Erbschein erteilt. Auf der Grundlage dieses Erbscheins wurde die Beteiligte Ziff. 2 im Grundbuch der Wohnung des Erblassers in Bad Homburg als neue Alleineigentümerin eingetragen, nachdem sich die Beteiligten Ziff. 2 und 3 im Innenverhältnis entsprechend geeinigt hatten. Die Eigentumswohnung in Spanien wurde von den Beteiligten Ziff. 2 und 3 veräußert.

Auf Rechtsmittel der Beteiligten Ziff. 1 hat der Richter des AG Bad Homburg mit Beschluss vom 16.4.1996 den Erbschein vom 8.2.1995 als unrichtig eingezogen und mit weiterem Beschluss vom 29.5.1996 für kraftlos erklärt, weil der Erbschein trotz Aufforderung nicht zurückgegeben worden war.

Die Beteiligte Ziff. 1 hat im Wege der einstweiligen Verfügung auch die Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch der früher dem Erblasser gehörenden Eigentumswohnung in Bad Homburg erreicht.

b) Auf die eingelegte Beschwerde der Beteiligten Ziff. 2 und 3, die der Richter des AG als Antrag auf Neuerteilung eines Erbscheins für diese Antragsteller zu je ½ aus...

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