Rz. 284

Am Zeitpunkt der Auftragserteilung bemisst sich auch Die Frage, welches Recht für die Bestimmung der Vergütung maßgeblich ist. Die diesbezüglichen Fragen beantworten sich aus § 60 RVG.

Für die Vergütung ist nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG das bisherige Recht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist.

 

Beispiel

Wird im September 2021 der unbedingte Auftrag zur Einziehung einer Forderung erteilt, so gilt für die vorgerichtliche Forderungseinziehung, dass bis zum 30.9.2021 geltende Gebührenrecht auch dann, wenn den Schuldner die Erstmahnung des Rechtsanwaltes oder Inkassodienstleisters erst im Oktober 2021 erreicht oder gar erst im Jahre 2022 oder 2023 eine gütliche Einigung erzielt wird. Wird in Fortsetzung dieses Auftrages im März 2022 das gerichtliche Mahnverfahren eingeleitet, so gilt hierfür dass ab dem 1.10.2021 geltende Gebührenrecht, was sich insbesondere bei der Einigungsgebühr auswirkt. Hinsichtlich des gerichtlichen Mahnverfahrens wurde nämlich im September 2021 nur ein – durch die erfolglose vorgerichtliche Einziehung – bedingter Auftrag erteilt.

 

Rz. 285

Bei der Erbringung von Inkassodienstleistungen kommt es nicht selten zu der Situation, dass bei Dauerschuldverhältnissen mehrfache Forderungsübergaben stattfinden. In diesem Fall ist § 60 Abs. 2 RVG zu beachten. Sind Gebühren nach dem zusammengerechneten Wert mehrerer Gegenstände zu bemessen, gilt danach für die gesamte Vergütung das bisherige Recht auch dann, wenn dies nach § 60 Abs. 1 RVG nur für einen der Gegenstände gelten würde.

 

Beispiel

Wird im September 2021 der unbedingte Auftrag zur Einziehung einer Forderung von 300 EUR rückständiger Miete für August 2021 und im Oktober 2021 der unbedingte Auftrag für die Einziehung weiterer 300 EUR rückständiger Miete für September 2021 erteilt, würde nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG für die erste Forderung das alte und die zweite Forderung das neue Gebührenrecht gelten. § 60 Abs. 2 RVG erklärt nun für beide Forderungen das alte Recht anwendbar.

Während sich diese Regelung zum 1.1.2021 durch die Gebührenerhöhungen des KostRÄG 2021 für den Rechtsdienstleister negativ ausgewirkt hat, wirkt es sich bei der jetzigen Gebührenabsenkung positiv aus.

Eine dritte Konstellation, die es vor dem Hintergrund des Übergangsrechtes zu betrachten gilt, ergibt sich aus § 13f RDG. Beauftragt der Gläubiger einer Forderung mit deren Einziehung sowohl einen Inkassodienstleister als auch einen Rechtsanwalt, so kann er die ihm dadurch entstehenden Kosten nur bis zu der Höhe als Schaden ersetzt verlangen, wie sie entstanden wären, wenn er nur einen Rechtsanwalt beauftragt hätte. Wurde der erste Rechtsdienstleister vor dem 1.10.2021, der zweite Rechtsdienstleister aber erst nach dem 30.9.2021 beauftragt, stellt sich die Frage, wo die Grenze zu verorten ist, d.h. ob die Vergütung eines Rechtsdienstleisters vor oder nach dem 1.10.2021 die Grenze bildet. Richtigerweise ist auf die Grenze vor dem 1.10.2021 abzustellen, weil es ja darauf ankommt, welche Kosten entstanden wären, wenn der Gläubiger "von Anfang an", d.h. vor dem 1.10.2021 nur einen Rechtsdienstleister beauftragt hätte. Das kann im Übergang zu Verwerfungen führen, wenn man Gebührensatz und absolute Kosten vergleicht. Abzustellen ist bei dem Vergleich stets auf die absoluten Kosten

 

Beispiel

Der Inkassodienstleister wurde im Mai 2021 mit dem Einzug einer Forderung in Höhe von 50 EUR beauftragt und hat eine 0,9-Geschäftsgebühr in Höhe von 44,10 EUR geltend gemacht. Der Rechtsanwalt wird nunmehr im Oktober 2021 beauftragt und erhält eine Vergütung in Höhe einer 0,5-Geschäftsgebühr aus 30 EUR nach § 13 Abs. 2 RVG i.V.m. Nr. 2300 Abs. 2 VV RVG in Höhe von 15 EUR.

Die Tätigkeit war nach alter wie neuer Betrachtung durchschnittlich. Bei der fiktiven Berechnung nach altem Recht kommt man zu einer nach § 13f S. 1 RDG maßgeblichen Obergrenze einer 1,3-Geschäftsgebühr in Höhe von 63,70 EUR. Mehr kann der Gläubiger vom Schuldner nicht erstattet verlangen.

Rechnet man in Beträgen, kann der Gläubiger die Vergütung des Rechtsanwaltes und des Inkassodienstleisters in voller Höhe ersetzt verlangen, denn der Gesamtbetrag übersteigt mit 59,10 EUR (44,10 EUR + 15 EUR) nicht die fiktiv berechnete Grenze von 63,70 EUR. Anders würde dies aussehen, wenn man die Gebührensätze betrachtet. Hier führt die 0,9-Geschäftsgebühr des Inkassodienstleisters zuzüglich der 0,5-Geschäftsgebühr des Rechtsanwaltes zu einer die 1,3-Schwellengebühr überschreitenden 1,4-Geschäftsgebühr, ohne dass die Voraussetzungen für das Überschreiten vorliegen. Die Differenz zwischen absoluten Kosten und summierten Gebührensätzen ergibt sich aus § 13 Abs. 2 RVG, d.h. der für den Rechtsanwalt anwendbaren Kleinforderungsregelung. Da § 13f RDG auf "die Kosten" und nicht auf die Gebührensätze abstellt, ist aber allein die absolute Grenze in Euro maßgeblich.

Dadurch, dass zwischen altem und neuen Recht nicht nur die Deckelungsvorschrift des § 13f RDG...

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