Rz. 153

Sollte es im Bereich der Erbschaftsteuern zu einer Doppelbelastung mit deutscher und ausländischer Erbschaftsteuer kommen, regelt § 21 ErbStG die Voraussetzungen, unter welchen eine Anrechnung der ausländischen auf die deutsche Erbschaftsteuer in Betracht kommt. Nach § 21 ErbStG kann eine Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer unter den nachfolgend erläuterten, engen Voraussetzungen erfolgen. Die Bedeutung der Vorschrift wird in Zukunft etwas geringer werden, da zahlreiche Staaten[166] von der Erhebung einer Erbschaftsteuer absehen oder in Zukunft absehen wollen.

[166] Etwa Schweden, Portugal, Österreich.

1. Unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht

 

Rz. 154

Zunächst muss für eine Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer in Deutschland unbeschränkte Steuerpflicht des betreffenden Steuerpflichtigen bestehen; erweitert unbeschränkte Steuerpflicht reicht aus (§ 21 Abs. 1 S 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Bei beschränkter Steuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) oder erweitert beschränkter Steuerpflicht (§ 4 AStG) ist die Anrechnung ausländischer Erbschaft- oder Schenkungsteuer dagegen ausgeschlossen.

 

Rz. 155

War der Erblasser zum Zeitpunkt des Todes Inländer, ist der Umfang des für eine Anrechnung beachtlichen Auslandsvermögens begrenzt, da nur unter § 121 BewG fallende Wirtschaftsgüter Berücksichtigung finden. War der Erblasser dagegen zur Zeit seines Ablebens kein Inländer, gelten alle Wirtschaftsgüter mit Ausnahme der unter § 121 BewG fallenden als der Anrechnung zugängliches Auslandsvermögen (§ 21 Abs. 2 ErbStG). Hierunter würde beispielsweise auch eine (nicht durch inländischen Grundbesitz gesicherte) Kapitalforderung gegen einen inländischen Schuldner fallen.[167]

[167] Hörger/Stephan/Pohl, Unternehmens- und Vermögensnachfolge, S. 144.

2. Fehlen eines DBA

 

Rz. 156

Es darf kein DBA auf dem Gebiet der Erbschaft- oder Schenkungsteuern mit dem betreffenden Staat abgeschlossen worden sein. Die Vorschrift ist jedoch nicht so zu verstehen, als sei bei Vorliegen eines DBA die Anrechnung stets ausgeschlossen. Dieser Schluss ist nur richtig, wenn das DBA die Doppelbesteuerung durch Anwendung der Freistellungsmethode verhindert. Kommt dagegen die Anrechnungsmethode zum Zug, ist in diesen Konstellationen § 21 ErbStG anzuwenden, wie sich aus § 21 Abs. 4 ErbStG ergibt.

3. Entsprechensklausel

 

Rz. 157

§ 21 Abs. 1 S. 1 ErbStG verlangt für die Anrechnung, dass die ausländische Steuer der deutschen Erbschaftsteuer entspricht, sog. Entsprechensklausel. Insbesondere bei Nachlasssteuern, also Steuern, die am gesamten Nachlass und nicht wie die deutsche Erbanfallsteuer am Erwerb des Einzelnen anknüpfen, ist fraglich, ob die Entsprechung gewahrt ist. Der BFH[168] hat hierzu ausgeführt, dass sich eine allzu restriktive Auslegung von § 21 ErbStG verbietet. Der Entsprechensklausel ist Genüge getan, sobald die ausländische Steuer den Übergang des Nachlasses besteuert.

 

Rz. 158

Daneben ergeben sich bei sog. capital gains taxes in diesem Zusammenhang Probleme. Diese Wertzuwachssteuern werden in einigen Staaten neben oder anstatt einer Erbschaft- oder Schenkungsteuer erhoben.

Unterschiedlich ist dabei auch die Eingliederung der capital gains taxes in das ausländische Steuerrecht. Es gibt Formen einer sog. isolierten Wertzuwachssteuer (z.B. "Plus Valia" für Grundbesitz in Spanien), aber auch in das ausländische Einkommensteuerrecht eingebettete Wertzuwachssteuern (etwa die südafrikanische capital gains tax). Isoliert erhobene Wertzuwachssteuern, wie beispielsweise die INVIM in Italien,[169] sind anrechenbar.

 

Rz. 159

Das FG Rheinland-Pfalz[170] hat in einer Entscheidung aus 1999 bei einer Schenkung die Anrechenbarkeit der ausländischen Steuer verneint, da die beim Veräußerer entstehende Steuerbelastung im Ausland vom Erwerber nur als Gegenleistung entsprechend den Grundsätzen der gemischten Schenkung übernommen werden könne. Eine Diskussion der Entsprechensklausel war nach der Auffassung des Gerichts nicht mehr erforderlich.

 

Rz. 160

Der BFH hat beispielsweise die kanadische capital gains tax im Erbfall als nicht zur Anrechnung tauglich erklärt, da der fiktive Veräußerungsgewinn als Einkommen bei der Einkommensteuer in Kanada erfasst werde und es sich daher nicht um eine der deutschen Erbschaftsteuer entsprechende Steuer handele.[171]

 

Rz. 161

Bestehen die Wirtschaftsgüter des Nachlasses zum Teil aus inländischem Vermögen und zum Teil aus ausländischem Vermögen i.S.v. § 121 BewG, wird die ausländische Steuer nach § 21 Abs. 1 S. 2 ErbStG nur zum Teil angerechnet. Aufzuteilen ist in dem Verhältnis des steuerpflichtigen Auslandsvermögens zu dem steuerpflichtigen Gesamtvermögen. Sind mehrere Staaten beteiligt, so ist nach § 21 Abs. 1 S. 3 ErbStG für jeden Staat gesondert zu berechnen, wie hoch der anrechenbare Teil ist.

[168] BFH v. 6.3.1990, BStBl II 1990, 786.
[170] Vom 16.9.1999, EFG 2000, 86 (rkr.) m. Anm. Daragan, ZErb 2000, 38.
[171] BFH, BStBl II 1995, 540; Wilde, Das kanadische Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, Rn 524 ff.; Jülicher, ZEV 1996, 295.

4. Zeitmoment

 

Rz. 162

Nach § 21 Abs. 1 S. 4 Er...

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