Leitsatz

Der EuGH hat keine grundsätzlichen Bedenken an einer Doppelbesteuerung ererbten Vermögens in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten der EU. Sind die Anknüpfungspunkte für die Entstehung einer Erbschaftsteuer in den Mitgliedstaaten nicht harmonisiert, kann nach den jeweiligen nationalen Vorschriften in mehreren Mitgliedstaaten eine Erbschaftsteuer entstehen.

 

Sachverhalt

Die deutsche Klägerin war Erbin einer in Deutschland lebenden Person, deren Vermögen hauptsächlich aus Kapitalvermögen bestand. Dieses Kapitalvermögen war zum Teil in Deutschland und zum Teil in Spanien bei Kreditinstituten angelegt. Auf das in Spanien investierte Vermögen wurde von der spanischen Finanzverwaltung eine Erbschaftsteuer erhoben, da das spanische Recht nicht an den Sitz des Gläubigers (Erbe), sondern an den Sitz des Schuldners (des Kreditinstituts) anknüpft.

Wichtig: Nach deutschem Erbschaftsteuerrecht kommt es hingegen nicht auf den Sitz des Schuldners an. Die Frage des Umfangs der Steuerpflicht nach § 2 ErbStG richtet sich ausschließlich nach der Ansässigkeit des Erblassers/Schenkers bzw. des Erwerbers.

In Deutschland unterwarf die deutsche Finanzverwaltung das gesamte - sowohl in Spanien wie in Deutschland - investierte Vermögen der Erbschaftsteuer, da es sich um einen Erwerb von Todes wegen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG handelte, für die auch nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG die unbeschränkte persönliche Steuerpflicht für das gesamte Vermögen gegeben war. Eine Anrechnung der in Spanien bezahlten Erbschaftsteuer auf die deutsche Erbschaftsteuer nahm das Finanzamt nicht vor, war aber im Einspruchsverfahren bereit, die in Spanien gezahlte Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 ErbStG bei der Berechnung der deutschen Erbschaftsteuer (bei der Berechnung des steuerpflichtigen Erwerbs) abzuziehen.

Die Klägerin begehrte hingegen die Anrechnung der in Spanien entrichteten Erbschaftsteuer auf die in Deutschland zu entrichtende Erbschaftsteuer. Das FG München (Urteil v. 6.7.2005, 4 K 32090/03, Haufe-Index 1411097 hat die gegen die Nichtanrechnung gerichtete Klage als unbegründet zurückgewiesen mit der Begründung, es handle sich bei dem in Spanien investierten Vermögen nicht um Auslandsvermögen i. S. des § 21 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG und somit könnte eine Anrechnung nicht in Betracht kommen.

Wichtig: Auslandsvermögen, für das nach § 21 ErbStG eine ausländische Erbschaftsteuer in Deutschland anzurechnen wäre, liegt bei einem zum Todeszeitpunkt im Inland lebenden Erblasser nur vor, wenn es sich um Vermögensgegenstände handelt, die in § 121 BewG aufgeführt sind und auf einen anderen Staat entfallen. Bei Kreditinstituten angelegte Gelder gehören nicht zu dem in § 121 BewG aufgeführten Vermögensteilen, so dass die in Spanien angelegten Gelder keine Auslandsvermögen nach deutschem Recht darstellen.

Der BFH setze das darauf eingeleitete Revisionsverfahren aus und rief den EuGH an, um zu klären, ob die Nichtanrechnung der spanischen Erbschaftsteuer gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt (vgl. BFH, Beschluss v. 16.1.2008, II R 45/05). Dem EuGH wurden die folgenden Fragen vorgelegt:

  1. Erlauben die Regelungen des Art. 73d Abs. 1 Buchst. a und Abs. 3 EG-Vertrag (jetzt Art. 58 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 3 EG), die Anrechnung spanischer Erbschaftsteuer auf die deutsche Erbschaftsteuer auch noch bei Erbfällen des Jahres 1999 gemäß § 21 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ErbStG i. V. m. § 121 BewG (gegenständliche Beschränkung) auszuschließen?
  2. Ist Art. 73b Abs. 1 EG-Vertrag (jetzt Art. 56 Abs. 1 EG) dahin auszulegen, dass die Erbschaftsteuer, die ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union beim Erwerb von Kapitalforderungen eines zuletzt in Deutschland wohnenden Erblassers gegen Kreditinstitute in jenem Mitgliedstaat durch einen ebenfalls in Deutschland wohnenden Erben erhebt, auf die deutsche Erbschaftsteuer angerechnet werden muss?
  3. Kommt für die Entscheidung, welcher der beteiligten Staaten die Doppelbelastung zu vermeiden hat, der Sachgerechtigkeit der verschiedenen Anknüpfungspunkte in den nationalen Steuerrechtsordnungen Bedeutung zu und ist - sollte dies der Fall sein - die Anknüpfung an den Wohnsitz des Gläubigers sachnäher als die Anknüpfung an den Sitz des Schuldners?
 

Entscheidung

Der EuGH sah in seinem Urteil v. 12.2.2009 mit der teilweise doppelten Besteuerung keinen Verstoß gegen Normen des Gemeinschaftsrechts, so dass im Revisionsverfahren vor dem BFH der Klage der Erbin nicht abgeholfen werden wird. Er bestätigte allerdings in seinem Urteil, dass es sich bei dem zu klärenden Sachverhalt um eine Frage des Kapitalverkehrs i. S. des Art. 56 Abs. 1 EG handelt, da es sich bei der Erhebung von Erbschaftsteuer in Spanien und in Deutschland keinesfalls um einen rein innerstaatlichen Sachverhalt handeln würde.

Der EuGH stellt in seiner Entscheidung fest, dass die in Spanien und Deutschland anzuwendenden Rechtsvorschriften nach der jeweiligen nationalen Bestimmung zu einer Besteuerung sowohl in dem einen, wie auc...

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