A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Planung und Gestaltung der Unternehmensnachfolge bildet eine äußerst vielschichtige Aufgabe, die sich nicht allein auf rechtliche und steuerrechtliche Gesichtspunkte reduzieren lässt. Betriebswirtschaftliche Aspekte sowie die familiäre Situation und das persönliche Verhältnis der Beteiligten sind für das Gelingen der Nachfolge von entscheidender Bedeutung. An einer handwerklich mangelhaften Umsetzung des Unternehmensnachfolgekonzepts kann die Nachfolge zwar scheitern. Juristischer und steuerrechtlicher Scharfsinn allein sind jedoch nicht in der Lage, ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept und dessen konsequente Umsetzung durch die Beteiligten zu ersetzen.

Vor diesem Hintergrund reicht der zivil- und steuerrechtliche Sachverstand in vielen Fällen nicht aus, die an einer beabsichtigten Unternehmensnachfolge beteiligten Personen sachgerecht und hinlänglich zu unterstützen. Oftmals besteht ein überaus vielfältiger Beratungsbedarf, z.B. hinsichtlich der langfristigen strategischen Ausrichtung des Unternehmens und der Familie (siehe § 22), bezüglich Finanzierungsfragen etc.

 

Rz. 2

Gleichgültig, welcher Profession und welchem Berufsstand der zunächst angesprochene Berater angehört, alle möglicherweise relevant werdenden Fragestellungen kann er alleine im Regelfall nicht abdecken. Daher bildet die Unternehmensnachfolge eines der klassischen Beratungsfelder für eine interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die Ausgestaltung dieser Zusammenarbeit stellt die Beteiligten, insbesondere die sog. Berufsträger (Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer), die entsprechenden Berufsordnungen und weitergehenden Regularien unterliegen, vor besondere Herausforderungen, die möglichst noch vor der Auftragsannahme einer angemessen Lösung zugeführt werden sollten.

 

Rz. 3

Klärungsbedürftig ist insoweit zunächst, welcher Berater für welchen Mandanten tätig werden soll und welchen Umfang der jeweilige Auftrag und damit auch die jeweilige Verantwortung haben sollen. Eine Zusammenarbeit der unterschiedlichen Berater ist natürlich nur dann sinnvoll möglich, wenn auch gegenseitig Informationen ausgetauscht werden dürfen. Gerade die Berufsträger unterliegen insoweit verschiedenen Restriktionen, so dass diesbezügliche Vereinbarungen mit dem Mandanten ggf. auch mit den übrigen Beratern, zwingend erforderlich sind. Auch die Frage der Haftung, insbesondere einer möglichen Mithaftung für Fehler anderer Berater, bedarf einer angemessenen Regelung. Und last but not least muss auch über die Vergütung gesprochen werden.

 

Rz. 4

Schließlich stellt sich die Frage, wer in dem "Konzert der Spezialisten" die Rolle des Dirigenten übernehmen soll, also den Nachfolgeprozess managt.

Die nachfolgenden Ausführungen sollen dazu dienen, die soeben angesprochenen Aspekte schlaglichtartig zu beleuchten und einige – gerade für die angesprochenen Berufsträger – wesentliche rechtliche Gesichtspunkte ins Bewusstsein zu rufen. Im Interesse einer Beschränkung des Umfangs dieser Ausführungen wurde ganz bewusst auf den Anspruch der Vollständigkeit verzichtet. Es geht hier ausdrücklich nicht darum, alle in Betracht kommenden Facetten und Details anzusprechen; der Fokus liegt viel mehr darauf, ganz grundsätzlich das Problembewusstsein zu schärfen.

Soweit auf berufsrechtliche Vorschriften Bezug genommen wird, geschieht dies in der Regel aus der Sicht des Rechtsanwalts, der hier allerdings stellvertretend auch für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie Notare, die im Ergebnis ähnlichen Restriktionen unterliegen, herausgegriffen ist.

B. Auftraggeber

I. Grundsatz: Nur ein einziger Mandant

 

Rz. 5

Bereits die exakte Bestimmung des Auftraggebers kann in vielen Fällen die erste Herausforderung im Rahmen bzw. im Vorfeld der Annahme eines Unternehmensnachfolge-Mandats darstellen. Denn oft erfolgt die Ansprache des Beraters gar nicht durch den bzw. die (einzige) unmittelbar Betroffene. Wenigsten ebenso häufig erscheinen zum Erstgespräche Senior und Junior gemeinsam und wünschen eine (gemeinsame) umfassende Beratung in Bezug auf die beabsichtigte Betriebsübergabe. Gerade in dieser Situation stellt sich die Frage, ob der Berater, insbesondere der Rechtsanwalt, der Steuerberater oder der Wirtschaftsprüfer diesem Wunsch überhaupt entsprechen kann (geschweige denn sollte). Ein gleichzeitiges Tätigwerden sowohl für den Übergeber als auch für den (potenziellen) Übernehmer birgt in jedem Fall das Risiko, Diener zweier Herren zu sein und widerstreitende Interessen i.S.v. § 3 BORA[1] zu vertreten bzw. einen Parteiverrat nach § 356 StGB zu begehen. Dies ist selbstverständlich mit den Grundpflichten des Rechtsanwalts nach § 43a Abs. 4 BRAO unvereinbar.[2]

 

Rz. 6

Nach § 356 StGB und § 43a Abs. 4 BRAO bzw. § 6 BOStB liegt dieselbe Rechtssache vor, wenn derselbe historische Vorgang ("Lebenssachverhalt") betroffen ist.[3] Der Berater handelt aber dann nicht pflichtwidrig, vertritt auch nicht widerstreitende Interessen, wenn er die betroffenen Mandanten zuvor entsprechend aufgeklärt hat und diese bestätigen, gleichgerichtete Interessen zu verfolgen (o...

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