Rz. 95

Die Befristung zur Erprobung ist anerkannt.[248] Ihr steht nicht entgegen, dass ein TV die Probezeit in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis vorsieht.[249] Obgleich der Arbeitgeber grds. die Absicht haben muss, den Arbeitnehmer bei Bewährung unbefristet zu beschäftigen, ist er frei in der Entscheidung, im Anschluss an die befristete Erprobung einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu schließen.[250] Wenn der Arbeitnehmer allerdings Indizien für den Weiterbeschäftigungswillen des Arbeitgebers darlegen und beweisen kann, kann ausnahmsweise die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung bestehen[251] oder aber der Arbeitgeber schadensersatzpflichtig werden.[252]

 

Rz. 96

Die Befristung setzt die Erforderlichkeit der Erprobung voraus, weil der Arbeitnehmer die Tätigkeit bei dem Arbeitgeber noch nicht ausgeübt hat.[253] Lag etwa bereits eine sachgrundlose Befristung gem. § 14 Abs. 2 TzBfG hinsichtlich der gleichen Aufgaben vor, kommt eine weitere Erprobung nicht in Betracht.[254] Nicht einheitlich beurteilt wird die Frage, ob der Sachgrund der Erprobung nach Abschluss eines Ausbildungsverhältnisses zulässig ist.[255]

 

Rz. 97

 

Praxishinweis

War der Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber innerhalb der letzten drei Jahre nicht beschäftigt (vgl. Rdn 144), so sollte regelmäßig die sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG vorgezogen werden, weil sie die "Erprobung" bis zu zwei Jahren ermöglicht. Der Hinweis auf die Erprobung und damit auf § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 TzBfG sollte dann allerdings unterbleiben.

 

Rz. 98

Entgegen früherer Rspr.[256] ist die Angabe des Erprobungszwecks im Vertrag nicht erforderlich.[257] Jedoch muss darauf geachtet werden, dass die Befristung deutlich wird. Denn anderenfalls liegt ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit vorgeschalteter Probezeit vor, das nicht automatisch mit der Probezeit endet.[258]

 

Rz. 99

Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass ein Formulararbeitsvertrag nicht die Befristungsdauer insgesamt hervorhebt (z.B. ein Jahr), ohne die gleichzeitige Befristung zur Erprobung bis zur Dauer von sechs Monaten gleichermaßen hervorzuheben; denn dann ist die Befristung zur Erprobung nach § 305c Abs. 1 BGB überraschend.[259]

 

Rz. 100

Hinsichtlich der zulässigen Dauer der befristeten Erprobung gilt der Maßstab der §§ 1 Abs. 1 KSchG, 622 Abs. 3 BGB und damit regelmäßig ein Zeitraum von sechs Monaten.[260] Früher galt, dass kürzere,[261] seltener längere[262] oder sogar erneute Erprobungen[263] in Betracht kommen können und anwendbare TV die als ausreichend angesehene Erprobungszeit bestimmen.[264] Im unbefristeten Arbeitsverhältnis soll dem BAG zufolge die Angemessenheit der Dauer der Probezeit nicht von der Tätigkeit abhängen, sondern ein sechsmonatiger Erprobungszeitraum generell angemessen sein.[265] Dies dürfte auf die Befristung zur Erprobung zu übertragen sein, soweit es sich um eine Ersterprobung handelt. Verlängerungen der Erprobungszeit über sechs Monate hinaus sind dagegen nach wie vor nur ausnahmsweise gerechtfertigt.[266]

 

Rz. 101

 

Praxishinweis

Unter eingeschränkten Voraussetzungen kommt die Verlängerung des Erprobungszeitraums durch Aufhebungsvertrag auch über die Dauer von sechs Monaten in Betracht.[267] Anstelle der wegen § 1 KSchG nicht auf ihre Sozialwidrigkeit zu prüfenden Kündigung innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses schließen die Parteien einen unbedingten Aufhebungsvertrag mit bedingter Wiedereinstellungszusage für den Fall der Bewährung des Arbeitnehmers in der folgenden Zeit. Vorsicht ist geboten: Die mangelnde Eignung bei Abschluss des Aufhebungsvertrags muss objektiv bestehen; die bloße Verbesserungsmöglichkeit reicht i.d.R. nicht. Auch muss sich die Dauer der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter dem Aufhebungsvertrag an der Kündigungsfrist orientieren, da es sich sonst um die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses handelt, die eines Sachgrundes bedarf (vgl. hierzu § 1c Rdn 320 f.)

[248] BAG GS 12.10.1960 – GS 1/59, AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag = NJW 1961, 798; BAG 31.8.1994 – 7 AZR 983/93, AP Nr. 163 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag.
[249] BAG 4.7.2001 – 2 AZR 88/00, NZA 2002, 288 (Ls.); BAG 31.8.1994 – 7 AZR 983/93, AP Nr. 163 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAG 12.2.1981 – 2 AZR 1108/78, AP Nr. 1 zu § 5 BAT = DB 1981, 2498.
[250] BAG 12.9.1996 – 7 AZR 64/96, AP Nr. 183 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag = NZA 1997, 378; BAG 16.3.1989 – 2 AZR 325/88, AP Nr. 8 zu § 1 BeschFG 1985 = NZA 1989, 719; Meinel/Heyn/Herms, § 14 TzBfG Rn 186.
[251] BAG 16.3.1989 – 2 AZR 325/88, AP Nr. 8 zu § 1 BeschFG 1985 = NZA 1989, 719; EuGH 4.10.2001 – C-438/99, NZA 2001, 1243; BAG 26.4.1995 – 7 AZR 936/94, AP Nr. 4 zu § 91 AFG = NZA 1996, 87; BAG 26.8.1998 – 7 AZR 450/97, AP Nr. 202 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag = NZA 1999, 149; BAG 20.1.1999 – 7AZR 715/97, AP Nr. 21 zu BeschFG 1985 § 1 = NZA 1999, 671; Annuß/Thüsing/Maschmann, § 14 TzBfG Rn 51; Meinel/Heyn/Herms, § 14 TzBfG Rn 186.

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