Rz. 349

Vom Abschluss des Arbeitsvertrags und der Arbeitsaufnahme ist der Begriff der "Einstellung" zu differenzieren.

 

Rz. 350

Die Einstellung ist ein betriebsverfassungsrechtlicher Begriff und meint die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Unternehmens bzw. die Zuweisung eines Arbeitsbereichs innerhalb des Betriebs. Die Einstellung meint also nur die tatsächliche Beschäftigung im Betrieb, d.h. die Arbeitsaufnahme an einem bestimmten Arbeitsplatz, nicht jedoch den Abschluss des Arbeitsvertrages.[880]

 

Rz. 351

Eine Einstellung liegt vor, wenn Personen (nicht nur Arbeitnehmer) in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Auf das Rechtsverhältnis, in dem diese Personen zum Betriebsinhaber stehen, kommt es nicht an, so dass § 99 BetrVG auch bei der Einstellung von Nicht-Arbeitnehmern (etwa: freie Mitarbeiter, Leiharbeitnehmer) greift.[881]

 

Rz. 352

Die Einstellung führt in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern zu einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Dieser hat jeder Einstellung zuzustimmen, § 99 BetrVG.

[880] BAG 27.7.1993 – 1 ABR 7/93 AP Nr. 6 zu § 620 BGB. ErfK/Kursaver, § 99 BetrVG Rn 4 m.w.N.
[881] BAG 23.6.2010 – 7 ABR 1/09, NZA 2010, 1302; Fitting u.a., § 99 BetrVG Rn 33.

(1) Einstellung aufgrund Arbeitsvertrags

 

Rz. 353

Jede Beschäftigung eines Arbeitnehmers im Betrieb ist grundsätzlich eine mitbestimmungspflichtige Einstellung im Sinne des § 99 BetrVG.[882] Das BAG stellt zwar auch bei der Einstellung aufgrund eines Arbeitsvertrages ausschließlich auf die tatsächliche Beschäftigung im Betrieb und nicht auf den Abschluss des Arbeitsvertrages ab; allerdings soll der Betriebsrat dort, wo die Beschäftigung im Betrieb aufgrund eines Arbeitsvertrages erfolgt, bereits vor Abschluss des Arbeitsvertrages zu beteiligen und seine Zustimmung zu der geplanten Beschäftigung einzuholen sein.[883] Damit wird im Interesse des Arbeitgebers vermieden, dass die Beschäftigung des Arbeitnehmers trotz eines formell wirksamen Arbeitsvertrages an der fehlenden Zustimmung des Betriebsrats Rat scheitert.

[882] ErfK/Kania, § 99 BetrVG Rn 5.
[883] BAG 28.4.1992 – 1 ABR 73/91. BB 1992, 1852.

(2) Einstellung ohne Arbeitsvertrag

 

Rz. 354

Eine mitbestimmungspflichtige Einstellung kann auch dort vorliegen, wo der Arbeitsvertrag unwirksam ist oder ein solcher gar nicht existiert. Auch die Eingliederung von Nichtarbeitnehmern in die betriebliche Tätigkeit wird erfasst, da das kollektive Interesse der Belegschaft unabhängig davon berührt wird, auf welcher vertraglichen Grundlage die in die betriebliche Arbeit eingeschalteten Personen tätig werden.[884] Entscheidend ist allein, ob "Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen".[885]

[885] BAG 20.4.1993 – 1 ABR 59/92. AP Nr. 106 zu § 99 BetrVG; BAG 27.7.1993 – 1 ABR 7/93. AP Nr. 3 zu § 93 BetrVG; ErfK/Kania, § 99 BetrVG Rn 5 (zur Darstellung der Rechtsprechungsentwicklung).

(3) Fehlende Zustimmung des Betriebsrats

 

Rz. 355

Die fehlende Zustimmung des Betriebsrats ist für die Wirksamkeit des der Beschäftigung zugrunde liegenden Arbeitsvertrages ohne Bedeutung und führt grundsätzlich auch nicht zur Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages, sondern lediglich zu einem gegenüber dem Betriebsrat bestehenden Verbot, den Arbeitnehmer im Betrieb zu beschäftigen.[886] Der Arbeitnehmer ist daher, auch wenn die Zustimmung des Betriebsrats fehlt, dem Arbeitgeber gegenüber verpflichtet, die versprochene Arbeitsleistung zu erbringen.[887]

 

Rz. 356

Eine ohne Zustimmung des Betriebsrats vollzogene Einstellung muss der Arbeitgeber rückgängig machen (aufheben); dies kann der Betriebsrat gemäß § 101 BetrVG gerichtlich geltend machen. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung zur Einstellung, hat der Arbeitgeber jedoch die Möglichkeit, den Arbeitnehmer nach Anhörung des Betriebsrates bis zur arbeitsgerichtlichen Ersetzung von dessen Zustimmung vorläufig einzustellen, § 100 BetrVG. Wird sein Zustimmungsersetzungsantrag rechtskräftig zurückgewiesen, muss er gemäß § 100 Abs. 3 BetrVG binnen zwei Wochen die personelle Maßnahme aufheben.

 

Rz. 357

Bei der aufzuhebenden Maßnahme handelt es sich um die Einstellung und nicht um den Abschluss des Arbeitsvertrages. Der Arbeitsvertrag endet also nicht automatisch; die der Beschäftigung zugrunde liegende arbeitsrechtliche Vereinbarung wird durch die gerichtliche Entscheidung in ihrer Wirksamkeit nicht berührt, sofern der Arbeitsvertrag nicht unter der auflösenden Bedingung der betriebsverfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Einstellung gestanden hat.[888] Die Kündigung des Arbeitsvertrages wegen der fehlenden Zustimmung des Betriebsrats unter...

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