Betriebsratswahl 2022: Wählerliste, Wahlrecht, Wahlordnung

Alle Wahlberechtigten sind von dem Wahlvorstand gemäß § 2 Abs.1 der Wahlordnung (WO) zum BetrVG für jede Betriebsratswahl in einer Liste aufzustellen. Nur den in dieser Wählerliste aufgeführten Arbeitnehmenden steht das aktive sowie passive Wahlrecht zu.

Der Arbeitgeber liefert die Arbeitnehmerdaten an den Wahlvorstand. Aus diesen Daten stellt der Wahlvorstand die Wählerliste auf - getrennt nach Geschlechtern. Zudem sind darin die Wahlberechtigten mit Familiennamen, Vornamen und Geburtsdatum in alphabetischer Reihenfolge aufzuführen. Nach der jüngsten Änderung der Wahlordnung sind alle nur aktiv, aber nicht passiv Wahlberechtigten in der Wählerliste gesondert zu kennzeichnen (zum Beispiel Leiharbeitnehmer).

Wählerliste: Wahlvorstand erstellt Übersicht

Gemäß § 2 Abs.2 WO ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Wahlvorstand alle für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen, insbesondere die Verzeichnisse der Arbeitnehmenden, zur Verfügung zu stellen. Das gilt auch für die Feststellung der leitenden Angestellten.

Nach Aufstellung der Wählerlisten hat der Wahlvorstand diese - ohne die Geburtstagsdaten der Arbeitnehmenden - sowie eine Kopie der Wahlordnung BetrVG 2001 vom Tag der Einteilung der Wahl bis zum Abschluss der Stimmabgabe an geeigneter Stelle im Betrieb zur Einsichtnahme auszulegen.

Hinweis: Alternativ kann die Auslegung der Wählerliste durch das Intranet erfolgen. Dafür muss jedoch zwingend sichergestellt werden, dass jeder Arbeitnehmende von seinem Arbeitsplatz Zugang zu den elektronischen Unterlagen hat (Vorsicht bei z. B. angestellten Gebäudereinigern). Zudem muss der Wahlvorstand die Wählerliste laufend aktualisieren und Vorkehrungen dafür treffen, dass nur er Veränderungen vornehmen kann.

Aktives Wahlrecht: Wer darf wählen?

Das aktive Wahlrecht, also die Wahlberechtigung, haben gemäß § 7 BetrVG alle Arbeitnehmenden des Betriebs, die am Tag der Wahl das 16. Lebensjahr vollendet haben. Das Wahlalter wurde durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz abgesenkt. Zu den Arbeitnehmenden zählen auch Auszubildende, Teilzeitmitarbeitende, befristet eingestellte Arbeitnehmende, Minijobber und Werkstudenten.

  • Gekündigte Mitarbeitende: Sie sind noch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist wahlberechtigt. Wird eine Kündigungsschutzklage erhoben, besteht die Wahlberechtigung darüber hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens fort.
  • Künftige Mitarbeitende: Die Wahlberechtigung liegt jedoch nicht vor, wenn bereits zum Zeitpunkt der Wahl ein Arbeitsvertrag für eine nach der Wahl beginnende Beschäftigung vorliegt.
  • Leiharbeitnehmer: Zeitarbeiter sind gemäß § 7 S. 2 BetrVG wahlberechtigt, wenn sie voraussichtlich länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden. Das Wahlrecht steht dem Leiharbeitnehmer jedoch erst mit Beginn der Beschäftigung zu.
  • Fremdpersonal: Personal, das im Rahmen eines Werk- oder Dienstvertrages im Betrieb tätig ist, ist nicht wahlberechtigt. 
  • Praktikanten: Sind in der Regel wahlberechtigt, sofern eine Vertragsbeziehung (ein Praktikantenvertrag) besteht. Ausgenommen sind Schülerpraktikanten.
  • Leitende Angestellte: Diese Mitarbeitenden sind nicht wahlberechtigt (§ 5 Abs. 3 BetrVG).

Ob Arbeitnehmende als leitende Angestellte zu klassifizieren sind, bereitet in der Praxis oft Schwierigkeiten und muss im Einzelfall geprüft werden. Für die Praxis geht es bei der Annahme eines leitenden Angestellten um eine reine Risikoabwägung. Wenn die Schwellenwerte für Freistellungen oder die Gremiumsgröße erreicht werden können, wird nicht selten vom Betriebsrat ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren geführt.

Hinweis: Wird während der Betriebsratswahl gleichzeitig der Sprecherausschuss gewählt, haben beide Gremien sich darüber zu unterrichten, wer als leitender Angestellter zugeordnet wird (§ 18a BetrVG). Wird keine Einigung gefunden, entscheidet ein (im Zweifel geloster) Vermittler.

  • Heimarbeiter: Da auch in Heimarbeit Beschäftigte Arbeitnehmende des Betriebs sind, sind diese wahlberechtigt. Eine Zuordnung erfolgt jedoch grundsätzlich nur zu dem Betrieb, in dem der Heimarbeiter hauptsächlich beschäftigt war. Achtung: Heimarbeit ist kein Homeoffice! (Lesen Sie dazu: Der Heimarbeiter – Chancen und Risiken einer vernachlässigten Beschäftigungsform).
  • Teilzeitmitarbeitende: Sie können anders als Heimarbeiter auch mehreren Betrieben zugeordnet werden.
  • Ins Ausland entsandte Mitarbeitende: Bei diesen ist entscheidend, ob diese weiterhin im Entsendebetrieb eingegliedert bleiben.
  • Arbeitnehmende, deren Arbeitsverhältnis ruht (Mutterschutz, Elternzeit), die krank oder beurlaubt sind, sind weiterhin wahlberechtigt.

Ist ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmende wieder in den Betrieb zurückkehrt (Freistellungsphase der Altersteilzeit), ist dieser nicht wahlberechtigt. Dies ist mit guten Argumenten auch für die unwiderrufliche Freistellung anzunehmen, wenn keine Kündigungsschutzklage eingelegt wurde.

Passives Wahlrecht: Wer darf gewählt werden?

Demgegenüber sind passiv wahlberechtigt, also wählbar, alle aktiven Wahlberechtigten, die dem Betrieb am Wahltag sechs Monate angehören und das 18. Lebensjahr vollendet haben (§ 8 Abs. 1 S. 1 BetrVG). Der Gesetzgeber hat hierbei von einer Absenkung des Mindestalters abgesehen. Fehlt die Wahlberechtigung, ist der Arbeitnehmende auch nicht wählbar. Besteht der Betrieb erst weniger als sechs Monaten, dann sind alle aktiv Wahlberechtigten wählbar, die das 18. Lebensjahr am Wahltag vollendet haben. Entsprechend sind auch alle zuvor genannten wahlberechtigten Gruppen wahlberechtigt. Umgekehrt gilt, dass leitende Angestellte auch kein passives Wahlrecht haben.

Gekündigte Mitarbeitende sind auch nach Ablauf der Kündigungsschutzfrist noch wählbar, sofern sie eine Kündigungsschutzklage erhoben habe. Das Betriebsratsamt können sie jedoch - im Falle der Wahl - bis zur (rechtskräftigen) Entscheidung über die Kündigungsschutzklage nicht ausüben. Hierbei werden sie durch das zuständige Ersatzmitglied vertreten.

Hinweis: Eine grobe Pflichtverletzung in der vorangegangenen Amtszeit rechtfertigt nicht die Ablehnung der Wählbarkeit eines Bewerbers. Auch kann ein Betriebsratsmitglied nach der Neuwahl des Betriebsrats nicht wegen einer in der abgelaufenen Amtszeit begangenen groben Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten nach § 23 Abs. 1 BetrVG aus dem neu gewählten Betriebsrat ausgeschlossen werden (BAG v. 27. Juli 2016, 7 ABR 14/15).

Berichtigung der Wählerliste

Bislang dürfen Berichtigungen der Wählerliste nach § 4 Abs. 2 S. 2 WO nur bis zu dem Tag vor dem Beginn der Stimmabgabe erfolgen. Die jüngste Änderung der Wahlordnung sieht jedoch vor, dass etwaige Korrekturen noch bis zum Abschluss der Stimmabgabe am Wahltag vorgenommen werden können.

Schlagworte zum Thema:  Betriebsrat, Betriebsverfassungsgesetz