Ehrenamtliche Mitarbeitende: Arbeitsrechtliche Einschätzung

Am 5. Dezember ist der Internationale Tag des Ehrenamtes. Auch Personalverantwortlichen stellt sich in der Praxis häufiger als angenommen die Frage, ob Mitarbeitende ehrenamtlich tätig oder als Arbeitnehmende einzustufen sind. Wie lassen sich arbeitsrechtliche Fehleinschätzungen vermeiden?

Ob als Schiedsrichter auf dem Fußballfeld oder als Schöffe am Gericht: Es gibt viele Bereiche des Lebens, in denen Menschen in Deutschland in ihrer Freizeit ehrenamtlich tätig sind. Klassische Ehrenämter sind solche im Rettungswesen, bei der Feuerwehr oder in Vereinen, zuweilen gibt es auch gut dotierte Ehrenämter in politischen oder quasi-politischen Organisationen. 

Mit dem Internationalen Tag des Ehrenamtes am 5. Dezember wird weltweit das freiwillige Engagement aller Ehrenämtler für die Gesellschaft gewürdigt. Doch in manchen Fällen ist die Unterscheidung, ob es sich um einen Job oder ein Ehrenamt handelt, gar nicht so einfach.

Ehrenamt oder Job: Rechtliche Beurteilung oft schwierig 

Üblicherweise versteht man unter "ehrenamtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen“ die Mitarbeitenden einer Organisation, die nicht gegen Entgelt, sondern meist aus altruistischen Motiven tätig sind. Eine gesetzliche Definition des Begriffs "ehrenamtlicher Mitarbeiter" existiert nicht. In der Praxis gibt es daher einige Abgrenzungsschwierigkeiten.

Insbesondere in gemeinnützigen Vereinen, karitativen Institutionen oder sonstigen Non-Profit Unternehmen gehört die rechtliche Beurteilung, ob ein Mitarbeiter ehrenamtlich tätig oder schon Arbeitnehmer ist, quasi zum Tagesgeschäft. Aber auch Personalverantwortliche in Unternehmen können schnell mit dem Begriff Ehrenamt konfrontiert werden: Beispielsweise in dem Fall, dass ein Unternehmen Flüchtlinge als Auszubildende eingestellt hat und sich eine engagierte ehemalige Mitarbeiterin bereit erklärt, diesen als "Coach" bei Sprachschwierigkeiten und Arbeitsvorgängen zu helfen. Oder in dem Fall, dass in einem privat betriebenen Seniorenheim Helfer beschäftigt werden, die nachmittags mit den Senioren Freizeitbeschäftigungen durchführen.

Risikofaktor Ehrenamt: Arbeitsrechtliche Fehleinschätzungen vermeiden

In beiden Fällen geht der Arbeitgeber nicht von einem Arbeitsverhältnis aus, sondern von der Beschäftigung "ehrenamtlicher Mitarbeiter". Deshalb erfolgt keine Anmeldung in der Sozialversicherung und bezahlt wird nur eine "pauschale Aufwandsentschädigung".

Damit verbunden sind Risiken, die bei Fehlbeurteilungen lauern. Trotz eines relativ geringen arbeitsrechtlichen Klagerisikos können arbeitsrechtliche Fehlbeurteilungen insbesondere in Bezug auf das sozialversicherungsrechtliche Beitragsrecht oder Mindestlohnprüfungen teuer werden.

BAG: Ehrenamt aus karitativen Gründen und ohne Entgelt

Das Arbeitsverhältnis ist auf einen Austausch gegenseitiger Leistungen ausgerichtet. Die ehrenamtliche Tätigkeit ist dagegen regelmäßig als Auftragsverhältnis ausgestaltet. Das bedeutet, dass der Ehrenamtler sich einseitig zur einer ehrenamtlichen Tätigkeit verpflichtet. Der Arbeitgeber ist zu keiner Gegenleistung verpflichtet.

Nach der BAG-Rechtsprechung ist ein Ehrenamt nicht als Arbeitsverhältnis zu betrachten, wenn es "ohne Entgelt" und ohne Erwerbsabsicht durchgeführt wird, also aus rein karitativen Beweggründen. Dies muss immer im konkreten Einzelfall überprüft werden. Insbesondere wenn an einen ehrenamtlichen Mitarbeitenden eine Aufwandsentschädigung gezahlt wird, kann dies nach Auffassung der Gerichte ein Anhaltspunkt für die Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften sein. Unspezifizierter pauschaler Auslagenersatz, der nicht durch konkrete Auslagen belegt ist, wird vor Gericht aber üblicherweise als "unschädlich" definiert, solange er sich im Rahmen der steuerlichen Ehrenamtsfreibeträge bewegt.

Verwirrung durch Mindestlohn

An Ehrenamtliche ist kein Mindestlohn zu zahlen. Mit der Aussage in § 22 Abs.3 Mindestlohngesetz (MiLoG), dass die Vergütung von ehrenamtlich Tätigen nicht im MiLoG geregelt wird, hat die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ehrenamtsbegriffs einen weiteren Unsicherheitsfaktor erlangt. Da das Gesetz nur für Arbeitnehmende gilt, ist die Formulierung gesetzestechnisch eigentlich unnötig und sorgt nur für Verwirrung. Sie suggeriert, dass Zahlungen an Ehrenamtliche als Arbeitslohn eingeordnet werden, die aber unter dem Mindestlohn liegen dürfen. Echte ehrenamtliche Mitarbeitende erhalten aber keinen Arbeitslohn, sondern Zuwendungen.  

Wie lassen sich Risiken durch Ehrenamtliche vermeiden?

In der Praxis wäre es wünschenswert, sich schon in einem Vorverfahren beim Eingehen eines ehrenamtlichen Mitarbeiterverhältnisses rechtlich absichern zu können, dass kein Arbeitsverhältnis vorliegt. In unserer Rechtsordnung kann dies aber erst bei einem Streit vor dem Arbeitsgericht geklärt werden.

Bei der Beurteilung des Ehrenamts greifen Arbeitsgerichte und Betriebsprüfer der Sozialversicherung zumeist auf die steuerlichen Grundsätze zum Ehrenamt zurück. Wenn also die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26, 26a, 26b Einkommenssteuergesetz vorliegen, werden diese Beiträge sowohl von Arbeitsgerichten, Sozialversicherungsbehörden und Zollbehörden nicht als Arbeitsentgelt gewertet. Wer sichergehen will, dass seine Einschätzung über den Ehrenamtsbegriff von der Sozialversicherung akzeptiert wird, sollte es in einem Statusfeststellungsverfahren oder durch eine Anfrage bei der Einzugsstelle klären.


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Schlagworte zum Thema:  Ehrenamt, Mindestlohn, Arbeitnehmer, Arbeitsrecht