Rz. 43

Eine Ausbildungsverzögerung durch eine Schwangerschaft und der anschließenden Kindesbetreuung beseitigt den Unterhaltsanspruch nicht.[56] Für den Zeitraum der unterhaltsrechtlich geschützten Betreuung des (Enkel-)Kindes nimmt der BGH Bezug auf die Regelungen der §§ 1570 BGB, § 1615l BGB (dazu siehe § 16 Rdn 8). Die daraus abgeleitete gesetzgeberische Grundentscheidung wirkt sich mittelbar auch auf das Unterhaltsrechtsverhältnis zwischen dem unterhaltsberechtigten volljährigen Kind und seinen unterhaltspflichtigen Eltern aus. Für die Zeit bis zum 3. Geburtstag des (Enkel-)Kindes ist daher der Unterhaltsanspruch gegeben. Umgekehrt bedeutet dies, dass nach Ablauf dieses Zeitraumes beim unterhaltsberechtigten Kind grundsätzlich eine volle Erwerbsobliegenheit anzunehmen ist. Wird für diesen Zeitraum dennoch weiter Ausbildungsunterhalt verlangt, muss das volljährige Kind die gleichen besonderen Umstände vortragen, die im Rahmen der §§ 1570 BGB, § 1615l BGB von dem betreuenden Elternteil verlangt werden.[57]

Ob anders zu entscheiden ist, wenn die Unterhaltsberechtigte mehrere Kinder betreut, lässt der BGH ausdrücklich offen.[58]

 

Rz. 44

Nicht beanstandet hat der BGH, dass das OLG der Unterhaltsberechtigten eine Übergangszeit zugestanden hat, nachdem diese nicht sofort nach Vollendung des 3. Lebensjahres ihres Kindes mit ihrem Studium begonnen hat, sondern erst einige Monate später.

 

Rz. 45

 

Praxistipp:

Während der Schwangerschaft des Kindes und der Zeit der Kindesbetreuung besteht kein Ausbildungsanspruch, sofern keine Ausbildung betrieben wird.
Vorrangig haftet der Kindesvater aus § 1615l BGB. Auch im Rahmen des § 1615l BGB gelten Erwerbsobliegenheiten für den Unterhaltspflichtigen.
[56] BGH FamRZ 2011, 1560 mit Anm. Norpoth = NJW 2011, 2884 mit Anm. Born; Anm. Viefhues, FF 2011, 412; vgl. auch OLG Koblenz FamRZ 2004, 1892.
[57] Es gelten hier die zu §§ 1570 Abs. 1, 1615l BGB entwickelten Grundsätze; vgl. BGH v. 29.6.2011 – XII ZR 127/09, FamRZ 2011, 1209 mit Anm. Viefhues; BGH v. 15.6.2011 – XII ZR 94/09, NJW 2011, 2646 mit Anm. Mletzko; BGH v. 18.3.2009 – XII ZR 74/08, FamRZ 2009, 770 mit krit. Anm. Borth, FamRZ 2009, 960; BGH v. 24.6.2009 – XII ZR 161/08, FamRZ 2009, 1477; BGH v. 6.5.2009 – XII ZR 114/08, NJW 2009, 1956 = FamRZ 2009, 1124 = ZFE 2009, 271 = FF 2009, 313; BGH FamRZ 2006, 1362, 1364.
[58] BGH FamRZ 2011, 1560 mit Anm. Norpoth = NJW 2011, 2884 mit Anm. Born; Viefhues, FF 2011, 412.

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