Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortbestehen des Ausbildungsunterhaltsanspruchs während der Ausbildungsunterbrechung wegen Schwangerschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Unterbrechung der Ausbildung durch eine Schwangerschaft hat für sich allein keinen Verlust des Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt zur Folge.

2. Zur Konkurrenz des Ausbildungsunterhaltsanspruchs mit dem Anspruch der Mutter aus § 1615 l BGB.

 

Normenkette

BGB § 1610 Abs. 2, § 1615 l

 

Verfahrensgang

AG St. Goar (Beschluss vom 05.08.2003; Aktenzeichen 5 F 102/03)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird unter Abänderung des Beschlusses des AG St. Goar vom 5.8.2003 der Beklagten unter Beiordnung von Rechtsanwalt …, Koblenz, Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung ab Antragstellung bewilligt.

 

Gründe

Die in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Beschwerde der Beklagten hat in der Sache Erfolg.

Entgegen der Auffassung des AG bietet die beabsichtigte Rechtsverteidigung der bedürftigen Beklagten hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).

Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand hat die Beklagte gegen den Kläger nach wie vor einen Anspruch auf Zahlung von Ausbildungsunterhalt. Entgegen der Auffassung des AG hat die Beklagte ihre Ausbildung nicht ab-, sondern nur unterbrochen. Dies folgt nunmehr zweifelsfrei aus der vorgelegten Bestätigung vom 1.10.2003, wonach die Beklagte ab dem 1.9.2003 ihre Ausbildung an der Evangelischen Fachschule für Sozialwesen – Bildungsgang für Erzieher – wieder aufgenommen hat.

Die zwischenzeitliche Unterbrechung der Ausbildung führt nur dann zu einem Verlust des Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt, wenn die Ausbildungsverzögerung auf einem schuldhaften Verhalten der Berechtigten beruht. Denn ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt kann für die Berufsausbildungszeit (z.B. Schulzeit) nur insgesamt angenommen werden oder nicht (vgl. BGH v. 27.9.1989 – IVb ZR 83/88, FamRZ 1990, 149 [150]; OLG Hamm FamRZ 2000, 904 [905]). Hat der Unterhaltsberechtigte die zeitliche Verzögerung nicht zu vertreten, so steht ihm auch in der Zeit, in der er z.B. krankheitsbedingt an der Ausbildung nicht teilnehmen kann, ein Ausbildungsunterhaltsanspruch zu. Die schwangerschaftsbedingte Unterbrechung hat die Beklagte nicht zu vertreten, wobei offen bleiben kann, ob die Schwangerschaft auf einem Kinderwunsch der Berechtigten beruht oder nicht. Denn die Schwangerschaft und die Geburt eines Kindes begründen kein schuldhaftes bzw. vorwerfbares Verhalten der Unterhaltsberechtigten dem Unterhaltsverpflichteten ggü. Mithin schuldet der Kläger der Beklagten nach wie vor Ausbildungsunterhalt. Die Höhe des Ausbildungsunterhalts beträgt bei einem nicht zu Hause wohnenden Berechtigten nach der Düsseldorfer Tabelle regelmäßig 600 Euro.

Der Anspruch der berechtigten Beklagten dem Kläger ggü. ist auch nicht durch eine anderweitig vorgehende Unterhaltsverpflichtung des nichtehelichen Kindesvaters untergegangen. Es kann dahinstehen, ob der Kindesvater für die Zeit, nach dem 24.7.2003 nach § 1615 l Abs. 2 S. 2 BGB der Beklagten ggü. unterhaltsverpflichtet ist oder nicht. Denn der Kindesvater ist jedenfalls nicht in einem Umfang leistungsfähig, der zu einer Minderung des durch Teil-Anerkenntnisurteil titulierten Unterhaltsanspruchs führen würde.

Ausweislich der vorgelegten Entgeltabrechnung für Juni 2003 erzielt der Kindesvater ein monatliches Bruttoeinkommen i.H.v. 1.821,38 Euro (1.793,51 Euro Monatslohn, 1,28 Euro Kontoführungsgebühren, 26,59 Euro WVL-AG Anteil). Daraus errechnet sich unter Zugrundelegung der Steuerklasse II und eines Kinderfreibetrages von 0,5 ein monatliches Nettoeinkommen von 1.303,82 Euro ab Juni 2003. Unter Berücksichtigung des ausgezahlten Urlaubsgeldes und eines dem Kindesvater zustehenden Weihnachtsgeldes in Höhe eines Monatslohnes errechnet sich ein durchschnittlicher Monatslohn für das Jahr 2003 i.H.v. 1.366,26 Euro. Abzusetzen sind 68,31 Euro für berufsbedingte Aufwendungen. Auch wenn die Parteien das Kind gemeinsam betreuen, so ist doch zumindest ein Betrag i.H.v. 192 Euro Kindesunterhalt von dem Einkommen des nichtehelichen Vaters in Abzug zu bringen, da zumindest in Höhe des Regelunterhalts abzgl. des hälftigen anrechenbaren Kindergeldes finanzielle Leistungen für das Kind erbracht werden müssen. Mithin verbleibt ein Betrag von 1.105,94 Euro. Der angemessene Selbstbehalt ggü. der Mutter eines nichtehelichen Kindes beträgt nach Anm. D Ziff. 2 der Düsseldorfer Tabelle mindestens monatlich 1.000 Euro. Der Beklagten stünde daher lediglich ein Unterhaltsanspruch i.H.v. 106 Euro ggü. dem Kindesvater zu. Bei einem Ausbildungsunterhalt von 600 Euro beträgt der verbleibende Betrag somit 494 Euro. Dieser Betrag liegt über dem vom Kläger anerkannten Betrag.

Dahingestellt bleiben kann ferner, ob für den Zeitraum von 6 Wochen vor der Entbindung der Unterhaltsanspruch in der titulierten Höhe von 368 Euro besteht, da eine etwaige geringere Unterhaltsverpflichtung des Klägers der Beklagten ggü. jedenfalls nicht zu einer gebührenrechtlich ...

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