Rz. 81
Für den Unterhaltsanspruch des volljährigen Kindes sind beide Elternteile zum Barunterhalt verpflichtet (sog. beiderseitige Barunterhaltspflicht), sofern beide Elternteile über Einkommen verfügen.[111]
Rz. 82
Praxistipp:
Zum schlüssigen Antrag gehört auch die Darlegung, welcher Haftungsanteil auf den in Anspruch genommenen Elternteil entfällt.[112]
Rz. 83
Bei anteiliger Barunterhaltspflicht beider Eltern haften diese als gleichnahe Verwandte gleichrangig, jedoch nicht als Gesamtschuldner. Vielmehr sind sie Teilschuldner und haften nur für den auf sie entfallenden Teil des Unterhalts.
Rz. 84
Praxistipp:
▪ | Die materiellrechtliche Situation ist völlig klar, auch wenn dies z.B. in Seminarveranstaltungen nicht selten erstaunte Nachfragen, Verwunderung oder gar Widerspruch auslöst. Jeder Elternteil ist seinem volljährigen Kind gegenüber grundsätzlich zur vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet. |
▪ | Die lediglich anteilige Haftung ändert daran nichts. Aus- und Fortbildungswünsche des Elternteils müssen grundsätzlich zurückstehen, solange die Unterhaltspflicht besteht.[113] |
▪ | Eine Ausnahme kann sich lediglich dann ergeben, wenn dieser Elternteil nicht aus besonderen Gründen – z.B. wegen der Betreuung noch minderjähriger Geschwisterkinder – an einer solchen vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert ist.[114] |
▪ | Auch wenn das volljährige Kind noch im Haushalt eines Elternteils lebt, wird dieser Elternteil dadurch nicht von dieser vollschichtigen Erwerbsobliegenheit entbunden. Denn einem volljährigen Kind gegenüber werden aus unterhaltsrechtlicher Sicht keine Betreuungsleistungen mehr erbracht.[115] Daher führt auch die faktische Betreuung des volljährigen Kindes durch einen Elternteil nicht zu einer Freistellung von seiner anteiligen Unterhaltspflicht. |
Rz. 85
Auch wenn das volljährige Kind noch im Haushalt eines Elternteils lebt, wird dieser Elternteil dadurch nicht von dieser vollschichtigen Erwerbsobliegenheit entbunden. Denn einem volljährigen Kind gegenüber werden aus unterhaltsrechtlicher Sicht keine Betreuungsleistungen mehr erbracht.[116] Daher führt auch die faktische Betreuung des volljährigen Kindes durch einen Elternteil nicht zu einer Freistellung von seiner anteiligen Unterhaltspflicht.
Rz. 86
Bei der Berechnung dieses Anteils ist wie folgt vorzugehen:
▪ | Bei Studierende, die nicht im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, ist ein fester Bedarfssatz in der Düsseldorfer Tabelle vorgesehen (derzeit 735 EUR), der auch einen Anteil für Wohnkosten enthält. Dieser Bedarfssatz kann auch für ein Kind mit eigenem Hausstand eingesetzt werden. |
▪ | Ansonsten ist der Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes ist nach dem zusammengerechneten bereinigten Einkommen beider Eltern festzustellen. Vorrangige Unterhaltspflichten[117] und anzuerkennende Schulden sind abzuziehen. |
▪ | Auf diesen Bedarf des volljährigen Kindes ist eigenes bereinigtes Einkommen des Kindes bedarfsmindernd voll anzurechnen, also auch eine Ausbildungsvergütung.[118] |
▪ | Auch das Kindergeld wird bei volljährigen Kindern in voller Höhe auf den Bedarf angerechnet (§ 1612b Abs. 1 Nr. 2 BGB). |
▪ | Für den verbliebenden Restbetrag haften die Eltern anteilig.[119] |
▪ | In Einzelfällen kann eine wertende Verschiebung der Haftungsquote angemessen sein, so z.B., wenn das volljährige behinderte Kind weiterhin von einem Elternteil betreut und gepflegt werden muss.[120] Das Ausmaß der Verschiebung ist abhängig vom Umfang der tatsächlich erforderlichen und zu erbringenden Betreuungsleistungen. |
I. Berechnungsbeispiele
1. Student mit eigenem Haushalt (Werte 2021)
Rz. 87
Rechenbeispiel:
Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes (Student mit eigenem Haushalt) | 860,00 EUR |
Abzgl. volles Kindergeld | - 219,00 EUR |
verbleibender ungedeckter Bedarf des Kindes | 641,00 EUR |
Berechnung der Haftungsverteilung | |
bereinigtes Nettoeinkommen des Vaters | 2.700,00 EUR |
Selbstbehalt gegenüber Volljährigen (Wert 2015) | 1.300,00 EUR |
anzurechnen beim Vater | 1.400,00 EUR |
bereinigtes Nettoeinkommen der Mutter | 1.350,00 EUR |
Selbstbehalt gegenüber Volljährigen | 1.300,00 EUR |
anzurechn... |
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